ausgeschüttet. Ab 1896 leistet sich Celtic mit Schatzmeister Duncan McKay und Spielobmann Willie Maley bezahlte Angestellte. Beide bekommen ein Jahresgehalt von 75 Pfund. Eine Bitte der Saint Vincent de Paul Society um eine Spende für den Poor Children’s Dinner Table wird dagegen abschlägig beschieden. Der „Glasgow Herald“ kommentiert scharf: Celtic sei der Klub, der die meisten Zuschauer in Schottland mobilisiere, habe aber nicht einen Penny dem Poor Children’s Dinner Table gespendet. Obwohl die Nachfrage nach freien Mahlzeiten stark gestiegen sei – in weniger als einem Jahr von 65.000 auf 97.000. Celtic verspricht vage, man werde wieder helfen, sobald man aus den roten Zahlen sei.
Kein anderer Klub in Schottland verstößt dermaßen massiv und entschlossen gegen das Amateurideal wie Celtic. Und kein anderer Klub agitiert so vehement für die Legalisierung des Professionalismus. Als Celtic sich 1891 vom frischgebackenen englischen Meister FC Everton Dan Doyle schnappt, versuchen die Liverpooler den prominenten Spieler mit Hilfe eines Wochengehalts von fünf Pfund und der Übernahme eines Pubs zur Rückkehr zu bewegen. Zu ihrer großen Überraschung lehnt Doyle ab. Es ginge ihm in Glasgow bestens. Die Zeitung „Scottish Referee“ fragt: „Wie kann es sein, dass ein Amateurklub wie Celtic ein sehr wohlhabendes und professionelles Team wie Everton überbietet?“
Celtics aggressive Rekrutierungspolitik stößt immer wieder auf Protest und Ablehnung – insbesondere bei Queen’s Park. Auch bei vielen anderen schottischen Klubs ist Celtic alles andere als beliebt.
Erste Pokale und neues Stadion
1891 gewinnt Celtic mit dem Glasgow Cup seine erste bedeutende Trophäe, und ein Jahr später holt es auch den schottischen Pokal, der zu dieser Zeit noch mehr zählt als die Meisterschaft. Im Halbfinale besiegt man Rangers mit 5:3. Im Finale geht es gegen Queen’s Park. Die Advokaten des Professionalismus treffen auf die Gralshüter des Amateurismus. Das Finale findet im Ibrox Park statt, dem Stadion der Rangers. 40.000 kommen, das Stadion ist völlig überfüllt. Da die Massen immer wieder von den Rängen aufs Spielfeld drängen, schlagen nach 20 Minuten die beiden Kapitäne dem Schiedsrichter vor, die Partie zum Freundschaftsspiel zu erklären. Das Finale wird vier Wochen später wiederholt, nun schauen nur noch 15.000 zu. Celtic gewinnt mit 5:1. Es ist Celtics erster Sieg über die Pioniere des schottischen Fußballs, und der Cup ist Celtics erste nationale Trophäe. Es ist ein Sieg von sozialer Bedeutung und ähnelt dem Erfolg des von einem Industriellen gesponserten Arbeiterteams Blackburn Olympic über die Fußball-Aristokraten aus Eton im englischen Pokalfinale 1883. Es ist ein Sieg über den Snobismus im Fußball.
Celtic ist längst ein Zuschauermagnet. Daher erhöht der Besitzer des gepachteten Stadiongeländes die Pacht, von 50 auf 450 Pfund pro Jahr. John H. McLaughlin: „Für einen irischen Klub war es nichts Besonderes, dass der Landlord gierig war.“ Aber Celtics Landlord hat daran gearbeitet, unter den gierigen Landlords einen Spitzenplatz zu erobern. „Im alten Land (gemeint ist Irland, Anmerk. d. A.) waren die Gentlemen damit zufrieden, wenn sie die Miete verdoppeln oder schlimmstenfalls verdreifachen konnten. Aber dieses helle Genie, das sich mit dem Besitz von Celtic Park brüstete, wollte die Miete verneunfachen.“
Der Klub beschließt deshalb 1892 einen Umzug. Man entscheidet sich für ein Gelände neben dem Friedhof an der Janefield Street im East-End-Stadtteil Parkhead. Ein Journalist beschreibt den Umzug mit „it’s like moving from graveyard to Paradise“. Fortan wird der neue Celtic Park auch „Paradise“ genannt. Erneut helfen viele Freiwillige beim Bau.
1893 verlässt Celtic-Gründer Walfrid Glasgow. Seine Vorgesetzten holen ihn für eine neue Aufgabe ins Londoner East End. Auch hier organisiert Walfrid Fußballspiele, um die Ernährung der Kinder der Armen in den Bezirken Bethnal Green und Bow zu finanzieren. Bruder Walfrid stirbt am 17. April 1915. Sein Grab befindet sich auf dem St-Michael-Friedhof in Dumfries.
Celtic vor Rangers
1893 wird auch in Schottland der Profifußball legalisiert – acht Jahre nachdem England als erstes Land der Welt den Beruf des Fußballspielers zugelassen hat. Auch hier ist Celtics John H. McLaughlin die treibende Kraft hinter dieser Neuerung, die der Klub entschlossen umsetzt. Insgesamt setzt sich in Europa der Professionalismus in den katholischen Regionen schneller durch als in den protestantischen. Zwar befinden sich unter den Pionieren des Fußballs auffallend viele Protestanten, aber bei der Professionalisierung haben katholische Klubs und Regionen anscheinend weniger Probleme.
In den ersten Jahren seiner Existenz ist Celtic den älteren Rangers klar überlegen. Bis zur Saison 1893/94 begegnen sich die Klubs zwölf Mal. Die Rangers gewinnen nur eines dieser Spiele: Im Finale des Glasgow Cup 1893 besiegen sie Celtic mit 3:1.
Celtics Vormarsch provoziert einen Ruf nach einer „protestantischen Antwort“. Rangers wird nun protestantischer. Zunächst ist Celtic stärker „ethnisch“ geprägt als der Lokalrivale, der sich anfangs nicht protestantischer gibt als andere Klubs in Schottland. Man lebt in einem „protestantischen“ Land – folglich bewegen sich viele Klubs in einem protestantischen Milieu. Aber mit Celtics Vormarsch beginnt die Suche nach einer explizit protestantischen/unionistischen Antwort auf die irisch-katholische Herausforderung. Rangers wird erst nun zum Bollwerk gegen den irisch-katholischen Einfluss im schottischen Fußball und darüber hinaus.
In der Saison 1893/94 gewinnt Celtic zwar die Meisterschaft, wird aber in der Liga von den Rangers im Ibrox Park mit 5:0 geschlagen. Am 17. Februar 1894 messen sich beide Teams im Pokalfinale. Im Hampden Park besiegen die Rangers erneut Celtic mit 3:1. Es ist Rangers’ erster Triumph im schottischen Pokal. Zu diesem Zeitpunkt ist Rangers der Klub mit dem größten Zuschauerzuspruch, auch weil viele der Anhänger der Glasgower Klubs Queen’s Park und Third Lanark sowie einiger weiterer aus dem ländlichen Umland zu Rangers konvertieren. Sie sehen den Klub als Bollwerk gegen den irisch-katholischen Einfluss im schottischen Fußball.
„Six publicans – only one glass“
1895 scheitert auf Celtics Jahreshauptversammlung ein Antrag, die Zahl der Protestanten im Team auf drei zu beschränken. Wäre der Antrag angenommen worden, wäre Celtic nie zu einer nationalen und internationalen Topadresse aufgestiegen. Als Team einer katholischen Minderheit konnte sich Celtic eine derartige Selbstbeschränkung nicht leisten. Insbesondere die Geschäftsleute in der Celtic-Führung, die längst im Klub das Sagen haben, widersetzen sich dem Antrag.
Am 25. Februar 1897 beschließt eine Mehrheit der Celtic-Mitglieder eine Umwandlung des Klubs in eine Limited Liability Company, vergleichbar einer deutschen GmbH. Celtic gehört zu den ersten Klubs in Großbritannien, die diesen Schritt vollziehen. Die von John Glass geleitete Versammlung findet in der St Mary’s Hall statt, also jenem Ort, wo Celtic zehn Jahre zuvor als „Charity-Klub“ gegründet wurde. Celtic heißt nun offiziell „The Celtic Football and Athletic Company Ltd“. Erster Boss des nun privaten Unternehmens wird John McLaughlin. Der Vorstand wird durch Michael Dunbar, John Glass, James Grant, James Kelly, John McKillop und John O’Hara komplettiert. Sechs der sieben Vorstandsmitglieder machen ihr Geld im Gastronomiegewerbe, nur John Glass nicht, der Bauunternehmer ist. Der Celtic-Vorstand gilt als „six publicans – only one glass“ („Sechs Gastwirte – aber nur ein Glas“).
Celtic gibt zunächst 5.000 Anteilsscheine zum Stückpreis von einem Pfund aus. Jedes der 201 Klubmitglieder bekommt einen An teilsschein. Der Rest bleibt in den Händen von 23 Leuten, von denen neun mit dem Beruf eines Gastwirts oder Bierbrauers aufgeführt werden.
Sieben der 23 sind Vorstandsmitglieder, die zunächst 1.400 Scheine in ihren Händen halten. Berücksichtigt man auch die Familienangehörigen der sieben Vorständler, halten sie allerdings deutlich mehr als „nur“ 1.400 Anteilsscheine. Ein Jahr später besitzen die Vorstandsmitglieder bereits 2.952 Anteilsscheine. Größter Aktionär ist mit 801 Anteilsscheinen James Grant, ein Gastwirt aus der irischen Grafschaft Antrim, der in Glasgows Stadtteil Gorbals einen Pub („Grant Arms“) besitzt. Ihm folgt der Anwalt Joseph Shaughnessy (651), einer der Gründer von Celtic und Aktivist der St Vincent de Paul Society. 1889 hatte Shaughnessy Michael Davitt als Celtic-Patron vorgeschlagen. Seine Kanzlei berät sowohl Celtic wie einige Gewerkschaften in juristischen Fragen.
Diese Besitzstruktur hat zur Folge, dass Celtic nun über Jahrzehnte von einigen Familien geführt wird