Fassung des Werkes stammt. Die Erzählung ist wesentlich Heiligengeschichte. Die Kritik vermutet, daß sie das erst im Verlauf der Zeit geworden ist und daß dabei dem ursprünglichen Erzählungsinhalt eine große Zahl legendenhafter Zutaten beigefügt worden ist. Gutschmid hat versucht, das Werk in seine Bestandteile zu zerlegen und das Legendarische und Geschichtliche voneinander zu scheiden 17 Man wird ohne Zweifel einen großen Teil des Werkes für geschichtlich ansehen müssen, während ein anderer Teil nur als Spiegelbild des späteren volkstümlichen Bewußtseins über jene Vorgänge gelten zu können scheint. Die Frage nach dem Verfasser des Buches ist neuester Zeit von Sarghissean dahin beantwortet worden, daß er Koriun, den Bischof der Iberer als Verfasser des Buches erklärt 18. Dabei bleibt die Möglichkeit offen, daß das Werk noch nach seiner Zeit mit Zutaten bereichert worden ist. Ein zweites Geschichtswerk aus dem fünften Jahrhundert ist die Geschichte der Armenier von Faustus von Byzanz 19, einer im übrigen ganz unbekannten Persönlichkeit. Dieses Werk behandelt die armenische Geschichte von 344 bis 392. Die theologische Herkunft des Werkes spiegelt sich in der breiten Berücksichtigung der Kirchengeschichte des Landes und der Parteinahme für die national-kirchliche Richtung und den Führerberuf der Familie Gregors des Erleuchters. Die Darstellung verharrt im allgemeinen auf dem Boden des Tatsächlichen, ist objektiv und offen ohne Schonung für die Fehler in der Nation. Ob das Werk ursprünglich griechisch geschrieben war und dann ins Armenische übersetzt wurde, läßt sich nicht sicher feststellen. Die Sprache zeigt so originelles Gefüge, daß eher an eine armenische Bearbeitung eines etwaigen griechischen Originals zu denken wäre. Für die armenische Volks- und Kirchengeschichte ist es für den beschriebenen Zeitraum fast die einzige Quelle. An Faustus schließt inhaltlich die Geschichte der Armenier von Lazar von Pharp an20, der die Schicksale es Landes von 388 bis 485 beschreibt. Das Werk umfaßt den großen Zeitraum der kirchlichen Reorganisation mit der Zeit der Freiheitskriege gegen Persien. Sein Werk erscheint als „Zeugnis geraden Sinnes und selbständiger Auffassung“, ein würdiger Abschluß der Leistungen des goldenen Zeitalters. Ein Dokument zur Zeitgeschichte der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts ist der Brief Lazars an Wahan, der dem Geschichtswerk beigedruckt ist. Zu einem Ausschnitt der von Lazar behandelten Epoche lieferte der Amatunierbischof Εlische, eine Paralleldarstellung in seiner „Geschichte des wardanischen Krieges 21.“ Dieses Werk ist in 8 Büchern eine auf unmittelbarer Anschauung beruhende Beschreibung des heldenhaften Glaubenskrieges, den die Armenier in den Jahren 449—451 unter Wardan dem Mamikunier als Feldherrn gegen die Glaubensverfolgung Jesdegerds geführt haben. Der Verfasser zeigt gute Wahrnehmung, plastische Gestaltungskraft, dichterische Begeisterung, festen christlichen Glauben. Nach dem Krieg, an dem er als Bischof persönlich teilgenommen hatte, zog sich der Verfasser in das Einsiedlerleben zurück. Gleichzeitig mit ihm schrieb * Koriun* eine „Erzählung vom Leben und Tod Mesrops“22. Kurz und gedrängt, voll Verehrung, ernst und teilnahmsvoll, ohne sich hervorzudrängen, manchmal schwer verständlich, schreibt er, was er größtenteils als Augenzeuge zum Ruhme seines Lehrers der Nachwelt überliefern will. Am umfänglichsten hat sich Moses von Choren23 die Aufgabe des armenischen Geschichtschreibers gestellt. Seine Geschichte Armeniens geht auf die ersten Anfange des Volkes zurück. Das erste Buch erzählt die „Geschichte“ von den Uranfängen bis auf Arschak. Das zweite behandelt die Zeit der Arsaziden bis zum Tode des Tiridates und des heiligen Gregors des Erleuchters. Das dritte Buch ist der Geschichte bis zum Tode Sahaks und Mesrops gewidmet. Da das Werk den Fürsten Sahak aus dem Hause der Bagratunier gewidmet ist und diesen als Lebenden anredet, muß es, vorausgesetzt, daß keine Fiktion obwaltet, vor dem Jahre 482 geschrieben sein; denn dieser Fürst fiel in diesem Jahre auf dem Schlachtfeld. Andererseits schien das Werk abhängig von einer Schrift über das Leben des heiligen Silvester, die im 7. Jahrhundert ins Armenische übersetzt worden ist, und von der Kirchengeschichte des Sokrates, der im Anfang des 6. Jahrhunderts ins Armenische übersetzt wurde. Auch führt es den Terminus Armenia IV, der von Justinian 536 geschaffen worden ist. Aus diesem Grund neigte man längere Zeit zur Annahme, daß das Werk erst in erheblich späterer Zeit verfaßt worden sei, vielleicht erst im 9. Jahrhundert, wo ein Sprößling des Hauses der Bagratiden zur Herrschaft über Armenien gelangt war und Interesse hatte, daß seine Dynastie im Schimmer geschichtlichen Glanzes und Ruhmes erscheine. Die extreme kritische Auffassung hat seither einer nüchternen Beurteilung Platz gemacht. Die Berufung auf die Abhängigkeit von Sokrates und der vita Silvestri gilt als hinfällig. Nur der Terminus Armenia IV bereitet noch Anstoß. Doch könnte dieser wohl eine Interpolation späterer Hand darstellen. Es ist schwer, ein Geschichtswerk, das bis auf Sahak geführt wird und, vom großen geschichtlichen Sinn seines Verfassers beseelt, bis in die Uranfänge der Geschichte hinaufsteigt, in weit spätere Zeit als das 5. Jahrhundert zu verlegen. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb der Verfasser den bedeutsamen Ereignissen der späteren Zeit kein Interesse sollte abgewonnen haben. Schwer ist es auch, anzunehmen, daß der Verfasser im 9. Jahrhundert dieses Werk Moses von Choren hatte unterschieben können, nachdem es bisher trotz seines volkstümlichen Inhaltes ganz unbekannt geblieben war. Da Moses die alte Geschichte vielfach auf Grund der im armenischen Volk lebenden Sagen geschrieben hat, ist es wiederum schwer, das Werk in die spätere Zeit zu versetzen; denn durch das Christentum sind die heidnischen Erinnerungen des Volkes unterdrückt worden, und dies ist so vollständig geschehen, daß nur ganz dürftige Reste heidnischer Sagen und Anschauungen uns in ihrer älteren Form erhalten sind. Daher hatte im 9. Jahrhundert ein Geschichtschreiber kaum noch Erinnerungen der heidnischen Vorzeit in dem Maße zur Verfügung gehabt als sie in Moses von Choren widerklingen. Man kann daher den Worten Finks 24 die Berechtigung nicht abstreiten, mit denen er sein Eintreten für eine frühere Abfassung der Geschichte des Moses von Choren abschließt: „Bedenkt man, wozu im vorliegenden Falle die Annahme einer Fälschung führt, so muß auch diese Konsequenz stutzig machen. Ein Fälscher, der lang entschwundene Tage wieder lebendig werden läßt, sich ausklügelnd und dichtend in die Vergangenheit versetzt, daß keiner seines Betrugs gewahr wird, der von allen seine Zeit bewegenden Fragen abzusehen vermag, als wenn er blutleer und seelenlos den Ereignissen seines Jahrhunderts gegenübergestanden, der aber in den Tagen der Vergangenheit lebt, daß ihm auch das Herz erzittert, wie einem, der dem Sturm noch nahegestanden, ein Fälscher, mit allen Einzelheiten des Lebens der Vorzeit vertraut, nur nicht darüber unterrichtet, daß der Name „Viertes Armenien“ von einem Kaiser geprägt ist, sollte ein solcher Fälscher nicht in das Reich der Märchen gehören? So ist es vielleicht doch geraten, der Überlieferung bis auf weiteres noch Vertrauen zu schenken und die mit ihr unvereinbaren Bestandteile des Werkes für spätere Zutaten zu halten, die bei einem so außerordentlich verbreiteten Buche leichter als bei jedem anderen eingeschmuggelt werden konnten.“
Zur geschichtlichen Literatur des fünften Jahrhunderts ist in gewissem Sinn der Brief Abrahams, Bischofs der Mamikunier an Watschagan, König der Albanier 25, der über das Konzil von Ephesus berichtet, zu rechnen. Dem 7. Jahrhundert gehört das Werk des Bischofs * Sebeos, Geschichte des Heraklius an, das sich über die Zeit von 459 bis 661 ergeht und einleitend eine armenische Königsliste parallel der des Moses aus Marabas mitteilt. Er schreibt kurz und anschaulich, großenteils aus eigenem Miterleben 26. Gleichzeitig schrieb Moses von Kalankatukh* in Uti die Geschichte der Albanier mit zahlreichen Nachrichten über die Hunnen und Chazaren, großenteils von älteren erhaltenen Quellen, aber im 2. Teil doch mit vielen originalen Einzelberichten 27. Eine Chronik des Ananias von Schirak gehört ebenfalls der Geschichtschreibung dieses Jahrhunderts an. Aus dem 8. Jahrhundert ist Leontius zu erwähnen, der die Eroberung Armeniens durch die Araber bis 788 beschreibt 28.
Als theologisches Werk im engeren Sinn ist die Katechese zu nennen, die bei Agathangelus in die Erzählung eingefügt ist und Gregor d. Erl. zur Bekehrung und Belehrung des Volkes in den Mund gelegt wird. Allein diese Katechese gehört mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zu den ursprünglichen Teilen des Buches. Ein Werk von theologischem Scharfsinn, sprachlicher Vortrefflichkeit und zweifelloser Echtheit ist die Schrift Ezniks: „Wider die Irrlehren“. Näheres über sie bietet die Einführung zur Übersetzung (s. unten). Inhaltlich dogmatischen Charakters sind die Gregor dem Erl. gewöhnlich zugeeigneten Reden der Sammlung * Hatschachapatum* 29 oder Teppiche, die aber Mesrop mit guten Gründen zugeschrieben werden. Ferner gehören in diese Gruppe die Abhandlungen, die Elische dem Amatunierbischof zugeschrieben werden: Über das Gebet: Vater unser, und die Mahnungen oder Ratschläge