Muni. Für ihn war alles ein Spiel, aber es war ein ganz böses Spiel.«
»Und du bist so verwirrt, daß du deiner Mutter zutraust, sie würde mit einem jungen Arzt anbandeln«, scherzte Monika nun.
»Wenn du so von einem Mann angetan bist, muß es mich doch nachdenklich stimmen.«
»Ich habe auch dazugelernt, Maxi. Ich lasse mich nicht mehr von Äußerlichkeiten bestechen. Ray hat wohl gemeint, er könnte mich wieder um den Finger wickeln, wenn er vor mir stünde und seinen Schmus anbringt. Das war einmal, und ich schäme mich dafür genug.«
»Du brauchst dich doch nicht zu schämen, Muni.«
»Doch, weil ich nicht glauben konnte, daß alles so war, wie du erzähltest. Ich dachte, du wärest überempfindlich. Da ich so erzogen wurde, daß man nicht einfach aus einer Ehe ausbricht, habe ich leider geschwankt.«
»Es war doch gar nicht einfach für mich, Muni, ich habe mit mir gerungen und wollte es lange selbst nicht glauben. Aber im Hinblick auf James’ Tod hat er die Maske bald ganz fallenlassen, allerdings nichtahnend, daß er nicht der Alleinerbe war. Er wollte alles für sich allein haben, natürlich auch Patrick. Aber James hat es wohl geahnt, vielleicht hatte er im Angesicht des Todes auch den sechsten Sinn. Es muß für Ray eine schreckliche Ernüchterung gewesen sein, als das Testament verlesen wurde. Ich sah sein Gesicht. Sein Blick war plötzlich so voller Haß auf mich gerichtet, daß ich keinen Zweifel mehr hegen konnte an seinen Gefühlen für mich. Er hat mich nur geheiratet, um seinen Vater versöhnlich zu stimmen. Ich habe doch erst nachher erfahren, wieviel Kummer ihm Ray bereitet hat, was er schon als Teenager alles verbrochen hat. Es wurde vertuscht, weil James auf seinen guten Namen bedacht war. Wäre Nick am Leben geblieben, wäre sowieso alles anders gekommen, aber dann hätte Nick einen schlimmen Feind im Nacken gehabt. Ich kann jetzt nur aufatmen, daß Patrick ohne Angst aufwachsen kann.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Daß Ray tot ist. Er hat gleichgültig reagiert, weil er ihn ja nie kannte und auch nie etwas von ihm bekam, was an ihn erinnert. Er meint, daß wir sehr gut ohne einen Dad auskommen.«
»Du solltest dich nicht zu sehr darauf versteifen, Maxi. Es gibt auch wertvolle Männer. Dr. Werling und Dr. Graef sind gute Beispiele. Dr. Norden ist mit seiner Fee jetzt schon fast zwanzig Jahre glücklich. Es tut mir leid, daß du so tief enttäuscht wurdest, und daran fühle ich mich auch mitschuldig, weil ich mich so für Ray begeistert hatte.«
»Du warst da nicht allein, er hat alle getäuscht, vorübergehend sogar seinen Vater, der auch meinte, er hätte sich positiv verändert. Aber was sollte ich jetzt noch hadern, es ist vorbei, und ich fühle mich befreit.«
»Es ist gut, daß du so denken kannst, meine Kleine.«
Sie hatten schon lange nicht so offen miteinander gesprochen, eigentlich noch nie über intime Empfindungen. Plötzlich erschien Maxi die Ältere mehr wie eine Freundin, die auch nicht ohne Fehler war.
Ob sie nicht Angst hätte allein im Haus, fragte Monika, vom vielen Reden müde.
»Wovor sollte ich jetzt noch Angst haben, Muni? Ich werde es mir gemütlich machen, im Hotel könnte ich das nicht.«
»Aber es wird nichts zu essen da sein. Geh zu Paco, da ist es jetzt recht gut.«
»Ich werde schon nicht verhungern, Muni. Jetzt wünsche ich dir einen guten, erholsamen Schlaf.«
»Ich dir auch, Maxi. Ich bin froh, daß wir reden konnten.«
Maxi gab ihr einen innigen Kuß, auch das hatte sie lange nicht getan. Es war immer so gewesen, als stünde Ray trennend zwischen ihnen, aber jetzt war auch sein Schatten gewichen.
Sie traf Dr. Werling auf dem Gang. Er unterhielt sich gerade mit einem Besucher, der sich aber jetzt verabschiedete.
»Darf ich fragen, ob Sie jetzt beruhigt sind?« fragte er zögernd.
»Das bin ich. Ich habe gehört, daß Sie meiner Mutter sehr geholfen haben.«
»Geholfen hat sie sich selbst mit ihrem starken Willen. Sie hat zum Glück eine sehr positive Einstellung zum Leben. Sie hat sich mehr um Sie und ihren Enkel gesorgt als um sich selbst.«
»Wir hatten schon eine schöne Zeit auf der Insel der Hoffnung, und Patrick will gar nicht wieder weg. Wann kann ich Muni mitnehmen, damit sie sich dort auch erholt?«
»Vielleicht schon Ende der Woche.«
»Dann will ich Sie jetzt auch nicht länger aufhalten. Wir werden uns ja noch öfter sehen«, sagte sie.
Sie hatte ihm gegenüber tatsächlich Hemmungen, aber wahrscheinlich lag es auch daran, daß sie schon lange jedem Mann ausgewichen war. Bei ihm mußte sie das Gefühl haben, daß er schon sehr viel über sie wußte.
Das war allerdings der Fall. Nicht nur, daß Monika sehr viel über sie erzählt hatte, er hatte sich auch über Gambill und Bess Melvin informiert. Das war ja auch
für Jenny Behnisch und Michael
Graef immer noch ein Thema, wenn sie auch erleichtert waren, daß es keine nachhaltigen Folgen für die Klinik hatte. Zum Glück war davon nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
Torsten Werling hatte den Tod seiner Frau und seiner Tochter noch immer nicht verkraftet, aber er vergaß darüber nicht andere, die auch böse vom Schicksal geschlagen worden waren.
Er hatte in Maxis Gesicht gelesen, welch schwere Zeit sie hatte bewältigen müssen, aber sie beklagte sich nicht. Sie trafen sich auch am nächsten Tag kurz in der Klinik und wechselten ein paar Worte, er setzte sich auch auf Monikas Bitte eine kurze Zeit zu ihnen.
Monika hatte erfahren, daß sie noch bis zur nächsten Woche in der Klinik bleiben mußte, da sie noch an starken Durchblutungsstörungen und Kreislaufbeschwerden litt, wenn sie für kurze Zeit das Bett verließ.
So lange wollte Maxi den kleinen Patrick doch nicht Annes Obhut überlassen, denn Dr. Cornelius mußte sich ja vor allem um seine Patienten kümmern.
»Mach dir nur keine Gedanken, Maxi, ich finde schon jemand, der mich zur Insel bringt«, sagte Monika mit einem Blitzen in den Augen, das Maxi eigentlich hätte stutzig machen müssen, wenn sie darauf geachtet hätte. »Es bringt ja nichts, wenn du die Zeit hier vertrödelst, amüsant ist es nicht gerade, und Patrick wird doch Sehnsucht nach dir haben.«
Das stimmte allerdings, denn der Junge war es nicht gewöhnt, so lange von seiner Mami getrennt zu sein.
Maxi machte noch einen Besuch bei den Nordens. Fee fragte sie, ob sie Pläne für die Zukunft hätte.
»Auf jeden Fall bleibe ich hier«, erklärte Maxi. »England wird mich nicht wiedersehen, und mit Muni werde ich schon gut auskommen. Wir brauchen uns ja nicht auf die Füße zu treten, das Haus ist groß genug. Wir haben schon beschlossen, daß ich mir eine separate Wohnung einrichte. Ich werde mir dann auch eine Beschäftigung suchen und mich weiterbilden. Ich muß doch noch viel dazulernen und möchte auch etwas Nützliches tun.«
»Es wird nicht einfach sein, das Richtige zu finden«, meinte Fee. »Patrick kommt bald zur Schule, da werden Sie sich auch engagieren müssen, vielleicht im Elternbeirat. Sie müssen immer denken, daß das Kind den Vorrang hat. Es ist das Beste, was man für seine Kinder tun kann, wenn man ganz an ihrem Leben teilnimmt und immer für sie da ist. Ich habe mal gemeint, ich könnte meinen Beruf nebenbei ausüben, aber es ist nicht so einfach, Maxi, wenn man nur mit halbem Herzen dabeisein kann. Es ist für die Mütter, die mitverdienen müssen, schwer genug, aber wenn man das Glück hat, finanziell unabhängig zu sein, sollte man für seine Kinder und die Familie leben.«
»Ich habe auch mal davon geträumt, eine große Familie zu haben«, sagte Maxi leise, aber mehr sagte sie dazu nicht.
*
Am Nachmittag machte sie einen langen Spaziergang, sah sich genau an, was sich in der Zeit, als sie in England war, verändert hatte, wie weit es Patrick zur Schule haben würde und wo die Sportanlagen waren. Sie fühlte sich schon wieder heimisch.
Sie