folgten. Aber es bestätigte, dass der erste Eindruck nicht getrogen hatte und diese Geschichte von so viel mehr handelte als der Produktion kleiner Waschwürfelchen.
Schließlich verdient der »grüne Faden«, der sich durch die Historie dieses Unternehmens und seines Gründers zieht, entsprechende Beachtung. Denn diese kleine österreichische Firma implementierte ökologische Verantwortung und Nachhaltigkeit bereits zu einer Zeit in ihr Tun, als diese Begriffe im Wirtschaftsleben noch keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielten. Und es spricht für die Aufrichtigkeit Dygrubers, dass er diesen Punkt nicht nachträglich »begrünt«, um besser dazustehen, sondern offen zugibt, dass auch das ein Lernprozess war, der vieler Jahre und Erkenntnisgewinne bedurfte.
Jedenfalls war plötzlich aus meiner professionellen Neugierde eine sehr spezielle geworden, weil sich hier in Summe eine spannende Geschichte über die Wechselwirkung Mensch, Wirtschaft und Ökologie aufgetan hatte. Mit all ihren Verlockungen und Fallen, aber vor allem auch mit der Idee eines Weges zum symbiotischen Gelingen. Denn diese Geschichte zeigt, dass es kein Widerspruch sein muss, als Firmenlenker menschlich zu agieren, ein Unternehmen mit achtsamem Blick auf die Natur und ihre Ressourcen zu führen und kommerziellen Erfolg zu haben. Und zwar nicht trotzdem, sondern deswegen.
Es handelt sich hier gleichermaßen um die letztendlich erfolgreiche Geschichte eines in vielerlei Hinsicht erstaunlichen Unternehmens wie um die persönliche Entwicklungsgeschichte eines faszinierenden Menschen, der sich ein Ziel gesetzt und sich damit auf eine wechselvolle Berg- und Talfahrt eingelassen hat, die an manchen Punkten auch hätte schiefgehen können. Josef Dygruber spricht in großer Offenheit über alle Stationen, die unternehmerischen wie die persönlichen, und das macht dieses Buch nicht nur für Wirtschaftsaffine spannend, sondern auch zu einer auf mehreren Ebenen interessanten Entwicklungsgeschichte eines Menschen, der auszog, um mit seinem Tun Spuren zu hinterlassen.
Bleibt noch, Danke zu sagen. Vor allem Josef Dygruber, der so konsequent der Versuchung widerstand, Dinge in der Rückschau zu verklären, und der damit die Arbeit an diesem Buch auch für den Autor zu einer spannenden Forschungsreise in bis dahin unbekannte Gefilde gestaltete. Hanni und Sepp Dygruber danke ich dafür, dass sie das eine oder andere Fensterchen zu Kindheit und Jugend ihres »Buben« geöffnet haben, obwohl sie in der Regel nicht viele Worte machen. Marietta Dygruber dafür, dass sie einen Blick auf den Ehemann und Vater ihrer beiden Kinder Laura und Josef gestattete. Und schließlich dem ehemaligen Chef von Miele Österreich, Peter Graski, für interessante Einblicke in das Innenleben des Geschäftspartners, der schließlich zum engen Freund wurde.
Abschließend danke ich auch Anna-Magdalena Samardzic und Gerlinde Tiefenbrunner von Benevento Publishing für die gleichermaßen angenehme wie professionelle Zusammenarbeit.
Wolfgang Maria Gran
St. Pölten, im November 2020
NICHTS IST CLARO – ALLES CLARO
Gerade erst hatte der kleine Außenseiter im Ring ein wenig zu tänzeln begonnen; sich nicht respektlos, aber doch ganz schön frech in den Kampf eingebracht; erste leichte Körpertreffer bei den Gegnern gelandet, auch wenn diese eher als lästig, denn als schmerzhaft empfunden wurden. Aber es reichte immerhin, um zu bemerken, dass es da plötzlich jemanden gab, der zuvor nicht da gewesen war.
Und dann kam, für die ausgefuchsten Profis im Ring vorhersehbar, für den frechen Jungen aber wie aus dem Nichts, diese Gerade. Exakt auf die Kinnspitze. Die Sterne, nach denen er gegriffen hatte, tanzten nun vor seinen Augen, ehe es tiefschwarz wurde und der harte Aufprall auf den Brettern erfolgte. Ein Aufprall, der einerseits so richtig schmerzhaft war, der andererseits aber auch naive Träume aus dem brummenden Schädel beutelte und den ungetrübten Blick auf eine knallharte Realität frei machte.
Genau so erging es an einem Februartag des Jahres 2008 dem jungen Salzburger Unternehmer Josef Dygruber, der sich, nach seinem Abgang als Verkaufsleiter in der Österreich-Filiale des damals noch nicht mit der englischen Firma Reckitt fusionierten deutschen Waschmittelkonzerns Benckiser, 13 Jahre zuvor mit der Marke claro selbstständig gemacht hatte. Während ein großer Teil der Konsumenten damals noch Geschirrspülpulver verwendete, setzte der zu diesem Zeitpunkt erst 27-Jährige auf die kurz zuvor auf den Markt gekommenen Tabs und sah darin seine Chance, mit einer eigenen Marke in den Ring zu steigen. Einen Ring, den er zwar schon ganz gut kannte, aber bis dato nur von der relativ sicheren Seite aus, von der aus er den Kampf der langjährigen Profis zwar erste Reihe fußfrei mitverfolgt hatte, aber nur als Mitglied des Betreuerstabes. Jetzt wollte er nicht mehr nur gute Ratschläge erteilen, sondern selbst mitfighten.
Diese Profis, das waren im deutschsprachigen Raum Dygrubers ehemaliger Arbeitgeber Reckitt Benckiser mit der Marke Finish, die damals hierzulande noch Calgonit hieß, und die Henkel AG mit der Marke Somat. Beide beschäftigen Zehntausende Mitarbeiter und erwirtschaften Umsätze im deutlich zweistelligen Milliardenbereich. Dem gegenüber stand claro, das nach den ersten 13 Betriebsjahren mit drei Dutzend Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 15,8 Millionen Euro generierte. Außerhalb des deutschen Sprachraums, wo Dygruber schon einige Jahre nach der Firmengründung ebenfalls erste Gehversuche wagte, kamen mit multinationalen Konzernen wie Procter & Gamble mit der Marke Fairy oder Unilever mit Sun Giganten als Mitbewerber dazu, deren Jahresumsätze sich aktuell im Bereich von 50 Milliarden Euro bewegen.
Da piepste also gewissermaßen eine Micky Maus rotzfrech eine Elefantenherde an.
Blaue Augen hatte sich Dygruber schon in den Anfangsjahren immer wieder einmal geholt, aber mit dem Niederschlag im Februar 2008 drohte ein schwerer K. o. Ausgeführt wurde dieser Treffer von der deutschen Stiftung Warentest, der 1964 in Berlin gegründeten gemeinnützigen Verbraucherorganisation, die Waren und Dienstleistungen aus allen möglichen Bereichen vergleichend unter die Lupe nimmt. Ihr Urteil kann ein Unternehmen in hellem Glanz erstrahlen lassen, aber auch in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Weit mehr als 6000 verschiedene Tests, vom Schokoriegel bis zur Sicherheit von Fußballstadien, machten die Prüfer dieser Stiftung von ihrer Gründung bis heute; in diesem Februar 2008 veröffentlichten sie ihren Testbericht über Geschirrspültabs.
Josef Dygruber und sein Chemiker und technischer Leiter Erich Fabianitsch, die das Unternehmen 1995 aus dem Boden gestampft hatten, waren mit ihren claro-Tabs erstmals dabei und eigentlich guter Dinge. In Österreich hatte man es bei den großen Handelshäusern nach etlichen Anläufen in die Regale geschafft, in Deutschland war kurz vor dem großen Testbericht ein spektakulärer Deal mit der Drogeriemarktkette dm gelungen. Außerdem hatte man als erster und bis zu diesem Zeitpunkt einziger Anbieter auf dem Markt die Tabs in wasserlöslicher Folie verpackt und damit aus ökologischer Sicht einen gewaltigen Pionierschritt getan.
Doch statt sich dafür bei Stiftung Warentest einen Ritterschlag abzuholen, schritten die Österreicher schnurstracks ihrer eigenen Hinrichtung entgegen. In der Regel werden die Headlines ja den strahlenden Siegern gewidmet, aber diesmal gehörte alle Aufmerksamkeit in fetten Lettern dem Newcomer: »Nichts ist Claro« lautete das vernichtende Urteil der Tester schon im Titel, und im Text kam es noch viel dicker. Da war von »Totalausfall« und »teurem Flop« die Rede, und wenn man bei so vielen schallenden Ohrfeigen überhaupt noch in der Lage ist, die schmerzlichste zu definieren, dann war das in diesem Moment wohl das Desaster mit der vermeintlichen Trumpfkarte, der wasserlöslichen Folie. Der Test der Lagerfähigkeit der Geschirrspültabletten fand nämlich bei hoher Temperatur und Luftfeuchtigkeit statt, und da hatte man bei claro die hygroskopischen Eigenschaften der neuen Folie für einen Test unter solchen Bedingungen nicht ausreichend bedacht. Jedenfalls blieben von den brandneuen, innovativen 7-in-1-Tabs, mit denen man die übermächtigen Konkurrenten vor sich hertreiben wollte, nur noch »1-in-1-Knödel« übrig, weil die Folie alle Feuchtigkeit gebunden und die Tabs in undefinierte Klumpen verwandelt hatte.
Und damit hieß es für die Österreicher: Nicht genügend. Setzen.
Da saßen sie nun völlig zerknirscht in der kleinen Firma in Mondsee, Josef Dygruber und sein Chemiker Erich Fabianitsch, und fühlten sich auch wie Schüler, die zwar brav gelernt hatten, aber trotzdem mit