Nele Handwerker

Multiple Sklerose? Keine Angst!


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konnte, wenn ich wollte. Darin wurde ein neues Medikament zur Behandlung der Multiplen Sklerose getestet. Dafür müsste ich mich jeden Tag spritzen. Zwei von drei Gruppen erhielten ein Medikament in jeweils verschieden hoher Dosierung, die dritte nur ein Placebo-Präparat. Die Wahrscheinlichkeit lag also bei 1:3, dass ich mich völlig umsonst spritzen würde. Und ich hasste Spritzen. Außerdem würde ich regelmäßige Termine im Krankenhaus wahrnehmen müssen, um meinen Gesundheitsstand zu dokumentieren. Ich würde mich jeden Tag mit dem Gedanken beschäftigen müssen, MS zu haben.

      Ich stellte keine Fragen während des Gesprächs. Es war in dem Moment einfach alles zu viel für mich. Da ich mich vor einem Jahr nicht ausführlich informiert hatte, spukten Vermutungen in meinem Kopf herum. Ich wollte nicht im Rollstuhl sitzen. Ich wollte Squash spielen, Schwimmen, Radfahren und Snowboarden. Ich wollte unabhängig sein und ohne Einschränkungen egal welcher Art leben.

      Wieder zuhause kamen die Fragen: Warum ich? Was hatte ich falsch gemacht? Was nützte es mir, mich gesund zu ernähren, wenn es doch nichts half? Nicht zu rauchen, keine Drogen zu nehmen und wenig Alkohol zu trinken?

      Ich suchte im Internet nach Beiträgen zum Thema Multiple Sklerose. Alles, was ich fand, machte mir Angst. Außerdem konnte ich die Beiträge oft nicht einordnen. Und so befragte ich lieber die Ärzte in meiner Familie.

      Mein Onkel riet mir von der Studienteilnahme ab. Er meinte, ich sollte mich nicht als Versuchskaninchen hergeben und dem Psychostress aussetzen, den so ein tägliches Spritzen bedeutete. Außerdem würde die Ungewissheit mich nur zusätzlich belasten, vielleicht gar nicht das echte Medikament zu bekommen.

      Meine Tante erzählte mir von mehreren Freunden und Bekannten, die die Diagnose vor vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten erhalten hatten. In sehr großen, mehrjährigen Abständen hatten sie einen Schub und wurden dann mit Cortison behandelt, aber sonst beeinflusste die MS kaum deren Leben. Und sie waren nicht in ihren Bewegungen beeinträchtigt oder anderweitig eingeschränkt. Das beruhigte mich und ich konnte wieder klarer denken.

      Die Studienteilnahme lehnte ich ab. Über Therapiemöglichkeiten informierte ich mich nicht weiter. Ich wollte das Thema am liebsten weit von mir schieben. Keine Bücher. Keine Recherche im Internet. Keine Selbsthilfegruppe.

       Angst vor der Zukunft

      Die Angst lastete in den ersten Tagen schwer auf mir. Sie umschloss meinen Kopf wie eine Schraubzwinge und kippte von oben dunkle Gedanken hinein. Wenn ich an meine Zukunft dachte, mit Familie, Haus, Hund, Garten und einem Job, der mir Freude bereitete, lachte sie höhnisch und übermalte die schönen Bilder mit schwarzer Farbe. Die neuen Bilder zeigten mich allein im Rollstuhl in einer Einraumwohnung, wie ich die Wand anstarrte. Einen Job hatte ich in diesem Szenario nicht und wenn meine Eltern zu Besuch kamen, schauten sie mich mitleidig an, wussten mir aber auch nicht zu helfen.

      Doch das ließ ich nicht zu. Das war ich nicht. Ich würde kämpfen und kein Stück meiner Freiheit freiwillig hergeben.

      Mein Freund nahm die Diagnose hin und stellte keine Fragen. Er war mit seinem Job beschäftigt. Ich sah wieder gut, also verstand er nicht, warum ich mich sorgte. Ihm war die lachende und tanzende Nele viel lieber, die in schicken Outfits auf Party erschien.

      Zum Glück war ich nicht allein. Ich hatte liebe Menschen um mich, die mir Mut zusprachen, meinen Hund, der mir Kraft gab, und Bücher, die mich trösteten und mir halfen. Die Aufgabe, die vor mir stand, war groß und würde mich wohl bis zu meinem Lebensende begleiten.

      Ich wusste nicht, welche Symptome sich zeigen und wie sie mich einschränken würden. Daher musste ich flexibel bleiben und die Angst weit genug wegschieben, damit sie mich nicht belasten würde. Dennoch wollte ich sie in Sichtweite behalten, damit ich stets motiviert blieb, so gesund wie möglich zu leben.

      Bei den Menschen in meiner Nähe musste ich lernen zu unterscheiden. Es gab die, die die Wahrheit aushielten und es gab die anderen, denen ich besser die heile Welt vorspielte.

      All die Menschen um mich herum, die mich schützen wollten, dafür aber fortwährend Bedenken äußerten wegen meiner MS, fütterten versehentlich auch die Angst und verliehen ihr mehr Kraft.

      Deshalb errichtete ich einen Schutzwall um mich herum. Ich ließ nicht mehr alle am Verlauf meiner Krankheit teilhaben. Nur wer mir Mut zusprach, blieb innerhalb des Walls. Die anderen erhielten Zutrittsverbot.

      Denn ich brauchte meine Kraft und wollte der Angst keine zusätzlichen Helfer zur Seite stellen.

      Ich ahnte schon damals, dass die Angst immer wieder neue Methoden ausprobieren würde, um mich zu beherrschen. Und es würde schwache Momente geben, in denen ich hinter meinen eigenen Erwartungen zurückblieb.

      Diese im Verborgenen lauernde Angst überrumpelte mich in den kommenden Jahren immer wieder. Solange ich stark war, hatte sie keine Chance. Aber manchmal war ich schwach.

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