Daniel C. Mattson

Warum ich mich nicht als schwul bezeichne


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Selbstlose Freundschaft

       Versuchungen in der Freundschaft

       Das Geschenk der Einsamkeit

       Teil 5 Die wichtigsten Dinge

       Demut und Großmut

       Erinnerung an unser Geliebtsein

       Schluss

       Anmerkungen

       Vorwort zur deutschen Ausgabe von Gerhard Ludwig Kardinal Müller

      Zu Beginn möchte ich den Autor des Buches Warum ich mich nicht als schwul bezeichne (Why I Don’t Call Myself Gay) für seinen außerordentlichen Mut beglückwünschen. Denn es gehört Courage dazu, gegen die »pansexistische Internationale« die katholische Lehre vom Ursprung der Geschlechterdifferenz im Schöpferwillen Gottes zu vertreten. Wir werden sehen, dass Daniel Mattson einer radikal antichristlichen Anthropologie, die den Menschen auf sexuelle Lust reduziert, nicht nur widerspricht, sondern kenntnisreich und argumentativ deren Schwächen und verheerende Folgen aufzuzeigen vermag.

      Ich möchte dem Autor aber auch danken für die Hilfe, die er Personen mit einer same-sex attraction leistet. In der gesetzlichen Anerkennung der sexuellen Beziehung von Personen des gleichen Geschlechtes als Ehe sieht er nicht das Gelingen der Revolution der Homosexual Liberation – einem Kultbuch von John Murphy (1971) –, sondern gerade das Scheitern der wahren Befreiung dieser Personen. Denn ihnen wird die Wahrheit über sich selbst vorenthalten, die allein frei macht. Die katholische Lehre mit ihrer klaren Unterscheidung der unverletzlichen Personwürde des Menschen und des richtigen oder falschen Verhaltens (behaviour) ist die wahre Anwältin des Menschen – sowohl in seinem Versagen als auch in seinem Bemühen um das Gute.

      Das Buch beginnt biografisch und es behält die Perspektive persönlicher Betroffenheit bei auch in den folgenden Teilen, die den Leser in eine tiefe theologische und philosophische Reflexion hineinführen. Darin gibt es Parallelen zu den Bekenntnissen des hl. Augustinus, auf den er – bei einer erstaunlichen Kenntnis der Kirchenväter, des hl. Thomas von Aquin und anderer moraltheologischer und geistlicher Schriftsteller, ausdrücklich Bezug nimmt. Aber es hat nichts mit Selbstrechtfertigung zu tun oder einer Anklage anderer Menschen, der Gesellschaft oder gar der katholischen Kirche, die haftbar gemacht werden für die eigene Veranlagung und Situation.

      Der Autor wahrt bei aller Offenheit doch die Diskretion und die Grenzen der Schamhaftigkeit, die – bei ähnlichen Büchern des Coming-out – die Leser leicht in die Rolle eines Voyeurs drängen. Zur Würde des Menschen, der nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen ist, gehört auch nach dem Sündenfall die Wahrung des Respektes vor dem anderen, der nicht zum Objekt der eigenen ungeordneten Sinnlichkeit und Leidenschaft erniedrigt werden darf. Das erotische Anschauen der Nacktheit ist der Intimität der ehelichen Liebe vorbehalten (vgl. Gen 1,27 f.).

      Die Desintegration von Sexus und Eros wird durch die Erlösung überwunden. Besonders in der sakramentalen Ehe ist die innere Zuordnung von Sexus und Eros auf ihre Integration in der Agape geöffnet. Agape ist die Form von Liebe, die sich im Verschenken verwirklicht und darin auch ihren Ursprung in Gott offenbart, der die Liebe in seinem dreifaltigen Leben ist.

      Dass Menschen sexuell von Personen desselben Geschlechtes angezogen werden, ist keine persönliche Sünde. Erst die freie Einwilligung in ein Verhalten, das dem heiligen und Heil bringenden Willen Gottes widerspricht, führt zur Schuld. Da das Vorhandensein einer Desorientierung der seelischen und körperlichen Antriebe keine Schuld ist, die wir vor Gott und den Menschen auf uns laden, darf sie auch nicht zu Schuldkomplexen führen. Mithilfe der Gnade und gutem Willen vermag der Mensch, das Gute zu tun und das Böse zu meiden. Mit der Gnade Gottes ist die Keuschheit, d. h. die auf die Liebe hin geordnete Geschlechtlichkeit möglich sowohl in der Ehe als auch in Form der Enthaltsamkeit nicht verheirateter oder gottgeweihter Personen. Aber aufgrund der Erbsünde gibt es in allen Menschen eine ungeordnete Begehrlichkeit. Sie ist eine von der Vernunft schwer zu beherrschende Triebhaftigkeit, die sich der natürlichen Neigung zur hingebenden Liebe widersetzt. Diese Konkupiszenz bezieht sich nicht nur auf die sexuellen Triebe, sondern auf alle geistigen, seelischen und leiblichen Neigungen und Antriebe.

      Wo der Mensch den ungeordneten Neigungen nachgibt und sich in ihnen verfängt, kann es auch zu einem Hass kommen auf Gott und auf seine Gebote, die uns der Sünde überführen. Erst durch die Erlösungsgnade werden wir neu geschaffen, wenn auch die Neigung zur Sünde im Getauften noch bleibt. Sie ist Neigung zur Sünde, aber nicht selbst Sünde, wie das Konzil von Trient erklärt. Sie dient nun als Medium der Prüfung und der tieferen Reifung im Glaubensgehorsam gegenüber Gott.

      Durch die Erbsünde ist die menschliche Natur verletzt, aber nicht zerstört. Der Mensch ist aufgerufen, mit der Gnade der Rechtfertigung und der Erhöhung zur Gotteskindschaft und Gottesfreundschaft mitzuwirken. Mit dem Heiligen Geist können wir das Begehren des Fleisches, d. h. der desintegrierten geist-leiblichen und sozialen Natur und der Persönlichkeitsstruktur, besiegen. »Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit; gegen all das ist das Gesetz nicht. Die zu Christus Jesus gehören, haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt« (Gal 5,22–24).

      Die Identität des Menschen ergibt sich aus seiner personalen Beziehung zu Gott, welcher der Garant unser Würde und Freiheit ist. Wir erkennen, dass Gott Ursprung und Ziel des Menschen ist. Der Sinn des Lebens kann nicht im sinnlichen Genuss, im Ausleben der Triebe, in der Befriedigung sexueller Lust bestehen, sondern nur im Suchen und Finden der Wahrheit und im Tun des Guten.

      Deshalb wehrt sich der Autor zu Recht dagegen, wegen der sexuellen Anziehung durch Personen des eigenen Geschlechtes für eine Ideologie vereinnahmt zu werden, die aus dieser ungeordneten Neigung neben Mann und Frau eine dritte Kategorie von Menschen erfindet, nämlich den Gay. In der Gender-Ideologie erweitert man diese Kategorien ins Unendliche, indem man aus jeder Form von sexueller Vorliebe eine eigene geschlechtliche Identität konstruiert. Sich also als Gay zu identifizieren oder sich als solcher identifizieren zu lassen heißt, den ganzen Reichtum des Menschseins, die Entfaltung aller geistigen und künstlerischen Gaben, die Verantwortung für die Welt und die Transzendenzoffenheit mit der Berufung zum ewigen Leben nur auf eine sexuelle Attraktion durch Menschen des eigenen Geschlechtes zu reduzieren.

      Diesem Menschenbild, das sich einer sozialen Konstruktion verdankt, steht die christliche Anthropologie entgegen, die sich an der geschaffenen Natur des Menschen und an der Offenbarung der Wahrheit und der Liebe Gottes orientiert. Indem man Begriffe wie Gay aus einer Kopfgeburt hervorgehen lässt, macht man die Normalität einer ehelichen Beziehung von Mann und Frau zu einer Variante der menschlichen Natur. Statt der Unterscheidung von Mann und Frau gibt es auf einmal zwei andere grundlegende Menschentypen: nämlich den homosexuellen und den heterosexuellen Menschen. Mit der Veränderung der Sprache, ihrer Begriffe und gedanklichen Kategorien verändert man die Wahrnehmung der Wirklichkeit, ohne sie in der Realität verändern zu können. Ein Mann bleibt ein Mann und eine Frau bleibt eine Frau – trotz der künstlichen, aber nicht realen »Geschlechtsumwandlung«. So wurde auch der Kampfbegriff der Homophobie erfunden, um jede Alternative zur Ideologie der Homo- und Gender-Bewegungen a priori zu diskreditieren. Menschen mit Problemen der sexuellen Desorientierung, die sich dieser Bewegung nicht anschließen, werden folgerichtig als Verräter geächtet.

      Das ist das Wesen der Ideologie, dass sie eine falsche Wirklichkeit konstruiert und den Menschen zu ihrem Sklaven macht. Man muss nur an die brutale Rücksichtslosigkeit