Anke Nienkerke-Springer

Evolution statt Revolution


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target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_feda1483-085b-5c2e-b429-ad05c87d4f70.jpg" alt="image"/> Ein Unternehmen selbst kann keine Persönlichkeit im natürlichen Sinn sein. Aber ein Unternehmen kann in der Wahrnehmung des Umfeldes, der Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und anderer Stakeholder, durchaus eine Persönlichkeit entwickeln.

      Nach und nach kristallisierte sich heraus, dass meine Kollegen und Freunde durchaus von Firmen wie von natürlichen Personen, also von Menschen, redeten. So verhalte sich ein Unternehmen »umweltbewusst«, achte auf fairen Handel, »das Unternehmen denkt nicht nur daran, Geld zu scheffeln, sondern verfolgt auch andere Ziele, es hat klare Prinzipien und Leitwerte, an denen es sich in jeder unternehmerischen Situation orientiert«.

      Dass Menschen, dass Kunden einem Unternehmen eine Persönlichkeit zusprechen, hat für Firmen einen sehr konkreten Nutzen. Unternehmen mit wahrnehmbarer Persönlichkeit entwickeln in den Augen von Kunden und Interessenten den Status der Einzigartigkeit. Sie differenzieren sich von anderen Firmen und natürlich insbesondere von Konkurrenzunternehmen durch die damit verbundenen Alleinstellungsmerkmale. Und das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Kunden und Interessenten bei diesem Unternehmen kaufen. Pointiert ausgedrückt:

image Einzigartigkeit durch Persönlichkeit führt auf Kundenseite zu Wahrnehmung und Kaufinteresse.

      Unternehmen mit wahrnehmbarer Persönlichkeit bauen einen strategischen Wettbewerbsvorteil auf. Nach Hermann Simon (Simon 1988, S. 4) zeichnen sich strategische Wettbewerbsvorteile dadurch aus, dass sie im Vergleich zur Konkurrenz die drei Kriterien »wichtig«, »wahrgenommen« und »dauerhaft« erfüllen müssen. Konkret: Der Wettbewerbsvorteil sollte ein für den Kunden wichtiges Leistungsmerkmal betreffen, von Kunden und Interessenten wahrgenommen werden können und darf von der Konkurrenz nicht schnell einholbar sein, er muss mithin eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen. Unternehmen mit wahrnehmbarer einzigartiger Persönlichkeit erfüllen diese Merkmale, zumindest bei denjenigen Kunden und Interessenten, für die der Preis nicht alles ist. Es ist der strategische Wettbewerbsvorteil, der zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal wird und so die unternehmerische Überlebensfähigkeit sichert.

       Als evolutionäres Unternehmen langfristige Werte schaffen

      Was unterscheidet ein evolutionäres Unternehmen mit Persönlichkeit von einem Unternehmen, über das wir das nicht sagen können? Entscheidend ist aus meiner Sicht: Es will Resonanz gleich auf mehreren Ebenen erzeugen – aufseiten der Kunden, aber auch aufseiten der Mitarbeiter und der Gesellschaft. Während ein Unternehmen ohne Persönlichkeit seinen primären Daseinszweck in der Schaffung ökonomischer Werte und im Profit sieht, will ein evolutionäres Unternehmen mit Persönlichkeit die Dinge ganzheitlich miteinander verknüpfen: Es strebt die Werteorientierung und die Wertsteigung an, es will Ökonomie und Ökologie, wirtschaftliche Interessen und Wirtschaftsethik symbiotisch miteinander verbinden.

image In einem evolutionären Unternehmen mit Persönlichkeit ist es Führungskräften gestattet, ja, es wird von ihnen gefordert, dass sie bei ihren Entscheidungen neben ökonomischen Erwägungen auch ethische Werte berücksichtigen.

      Leider noch zu häufig gibt es Unternehmen, die geradezu gezwungen sind, die Profit- und Gewinnmaximierung in den Vordergrund zu schieben, etwa, weil sie die Interessen der Aktionäre und aktivistischer Investoren bedienen müssen. Die Gefahr, dass sie sich allzu sehr und einseitig auf die Schaffung ökonomischer Werte konzentrieren, ist dann groß. Da haben es andere Firmen oft leichter, etwa Familienunternehmen (vgl. dazu Hennerkes 2004, S. 29). Aufgrund ihrer spezifischen Unternehmensstruktur können sie größeren Fokus auf die Schaffung und Erhaltung von Werten legen, die über rein Ökonomisches hinausgehen. Meiner Erfahrung nach ist es Unternehmerpersönlichkeiten in Familienunternehmen wegen der oft engen menschlichen Beziehungen eher möglich, sich für die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu interessieren, ohne die notwendige Distanz aufzugeben.

       Gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen

      Ein evolutionäres Unternehmen erinnert an einen Förster, der langfristig denken und handeln will und dem es um die nachhaltige wirtschaftliche Nutzung des Waldes geht. Neben den notwendigen ökonomischen Faktoren beachtet er bei seiner Arbeit ökologische und soziale Kriterien, damit das Kulturgut »Wald« auch für nachfolgende Generationen erhalten bleibt. Er baut auf dem Existierenden auf, er agiert evolutionär, indem er Rahmenbedingungen schafft, durch die das Bestehende weiterwachsen und gedeihen kann. Das Mind-Set der Führungskräfte in solch einem Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass sie

      imageneben den ökonomischen Erfolgen auch langfristige Werte schaffen wollen und können und dabei ethische Prinzipien berücksichtigen,

      imagesich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und diese aktiv wahrnehmen,

      imageeine klare Haltung haben – es geht um mehr, als nur Gewinne zu erwirtschaften und sich an Quartalszahlen zu orientieren; vielmehr darf ein Unternehmen weder Menschen noch die Erde noch Ressourcen ausbeuten und zerstören,

      imageeinen unternehmerischen Sinn erfüllen möchten,

      imagewerteorientiert denken und handeln,

      imageüber eine klare Kernbotschaft verfügen und diese auch kommunizieren und

      imageHandlungsmaximen wie Verstehbarkeit, Gestaltbarkeit und Sinnhaftigkeit verfolgen, Freude an der Arbeit haben und eine hohe Leistungsbereitschaft mitbringen.

      Sie befolgen mithin wertschätzende Leitsätze und Prinzipien, durch die sich nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Menschen, die sich für das Unternehmen engagieren, kontinuierlich und evolutionär weiterentwickeln.

       Evolutionären Kulturwandel anstreben

      Der Erfolg einer Organisation oder einer Firma steht und fällt mit der jeweiligen Unternehmenskultur und lässt sich in die Formel »Kultur und Führung = Wachstum und Erfolg« fassen.

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      Kultur und Führung = Wachstum und Erfolg

      Dies ist gerade heutzutage eine überlebensnotwendige Herausforderung für Unternehmen. Insbesondere Entwicklungen wie die Digitalisierung, das veränderte Einkaufsverhalten des mittlerweile »hybriden« Kunden in digitalen Zeiten und »New Work« als neue Arbeitsform stellen Unternehmen vor die Aufgabe, sich den geänderten Umwelt- und Rahmenbedingungen evolutionär anzupassen, um zukunftsfähig zu bleiben oder zu werden. Aus meiner Sicht geht es also nicht darum, disruptiv das alte Geschäftsmodell möglichst schnell über Bord zu werfen und durch ein neues zu ersetzen. Oder das alte Wertesystem gegen ein neues auszutauschen. Dies mag im Einzelfall notwendig und zielführend sein – in den meisten Fällen jedoch verhält es