Katharina Maehrlein

Wie Agilität gelingt


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von ungefähr wurde agiles Arbeiten zuerst (und leider noch immer vorwiegend) von ITlern angewendet: Diese sind es gewohnt, hochkomplexe Zusammenhänge zu durchdenken, in eine möglichst einfache Anwendung zu übersetzen und dabei Millionen von Programmzeilen sinnig aneinanderzureihen. Und das, ohne dass sie dabei auf Wissen zur Lösung der Anforderungen bzw. zur Erstellung ihres Produktes zurückgreifen könnten. Denn ITler erschaffen eine Innovation nach der anderen, Neuheiten, die es noch nie gab und für die sie sich noch nie dagewesene Lösungen ausdenken müssen.

      Das schafft man am besten, wenn man sich die Vorteile agilen Arbeitens zunutze macht:

      imagekurztaktige Anpassungen von Produkten und Dienstleistungen an sich schnell verändernde Kundenbedürfnisse

      imageKonzentration auf die Arbeitsaufgaben mit dem höchsten Kundennutzen

      imagefrühe Ablieferung von Zwischenergebnissen

      imageErkennen von Fehlern schon dann, wenn sie sich anbahnen

      imagehöhere Leistungen in einem crossfunktionalen Team, das ganz unterschiedliches Expertenwissen und sich gegenseitig ergänzende Stärken kombiniert und nur deshalb gemeinsam neue Lösungen findet, die einem Einzelnen so nicht einfallen könnten

      imagezyklisches Überprüfen der Arbeitsleistung auf Effizienz in kurzen Zeitabständen

      imageAbleiten von ständigen Verbesserungen auf Basis von regelmäßigem Feedback aus dem Markt

      Bei hoher Dynamik, Komplexität und unsicherer, nicht vorhersehbarer Zukunft greifen herkömmliche Strategien einfach zu kurz. Insbesondere dort, wo es Märkte und Marktreaktionen, die man analysieren könnte, noch gar nicht gibt, weil diese erst geschaffen werden sollen.

       Agilität setzt Potenziale frei

       … in Unternehmen

      Aktuelle Studien bestätigen die Wirksamkeit der Agilität. Laut dem »Agile Performer Index« der Strategieberatung goetzpartners und der NEOMA Business School etwa haben Unternehmen umso größeren wirtschaftlichen Erfolg, je agiler sie sind – sie sind durchschnittlich 2,7-mal erfolgreicher als die Konkurrenz mit starren Strukturen.4 Und agile Projekte haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgreich abgeschlossen zu werden, als Projekte, die mit der herkömmlichen Wasserfallmethodik bearbeitet werden: Die mit klassischen Projektmanagementmethoden bearbeiteten Projekte werden nur in 14 Prozent der Fälle erfolgreich abgeschlossen, agile Projekte mit 42 Prozent Wahrscheinlichkeit dreimal häufiger. 29 Prozent der klassischen Projekte scheitern, agile Projekte nur zu 9 Prozent.5 Auch die Studie »Status Quo Agile«6 mit Teilnehmern aus über 30 Ländern ergab eine verbesserte Leistungsfähigkeit agiler Methoden gegenüber klassischem Projektmanagement. Dabei wurde übrigens Scrum als besonders erfolgreich bewertet, was mir als erklärtem Scrum-Fan und zertifiziertem Scrum Master Wasser auf die Mühlen gießt. image

      Zahlreiche Unternehmen arbeiten zwar schon agil, können aber das Potenzial, das in dieser Arbeitsweise liegt, nicht voll ausschöpfen, weil es (Verständnis-)Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit noch nicht agil arbeitenden Unternehmen – beispielsweise Dienstleistern und Zulieferern – gibt. Auch innerhalb einer Organisation kommt es häufig zu unnötigen Verzögerungen, wenn die IT-Abteilung schon agilisiert ist, die anderen nicht.

      Wachsender Fachkräftemangel und die gute Beschäftigungslage in Deutschland sorgen dafür, dass Arbeitnehmer mittlerweile nicht mehr den Job nehmen müssen, den sie gerade kriegen, sondern dass sie Forderungen stellen können. Und immer mehr Menschen wollen agil arbeiten! Agile Unternehmen mit flachen Hierarchien und selbstorganisierten Teams, die selbstbestimmt arbeiten, sind für viele deutlich attraktiver als Konzerne, in denen noch wie von alters her gemanagt wird. Denn agil arbeitende Mitarbeiter haben mehr Freiheitsgrade und Handlungsspielräume (aber auch Herausforderungen!), da sie mehr als bisher selbst entscheiden können (und müssen!).

      Für Unternehmen ist heutzutage die eine Herausforderung, Fachkräfte zu finden; sie zu halten ist eine andere. In Deutschlands renommiertester und umfangreichster Studie zum Thema Arbeitsplatzqualität – dem bekannten Gallup-Engagement-Index – zeigte sich 2018, dass agile Organisationen deutlich besser in der Lage sind, ihre Mitarbeitenden emotional zu binden. Laut der Studie sind 43 Prozent der Menschen in einem agilen Arbeitsumfeld emotional engagiert bei der Sache. Bei nicht agilen, traditionell hierarchisch aufgestellten Unternehmen sind das nur bescheidene 6 Prozent.7

       … in den Mitarbeitern

      Mit »verdingten« Arbeitskräften, die während der Arbeit den Kopf sozusagen ausschalten können, Dienst nach Vorschrift leisten und einfach nur Vorgaben abarbeiten, ohne eigenen »Hirnschmalz« einzubringen, ist heute kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Denn in unseren Zeiten, in denen Produkte und Dienstleistungen immer vergleichbarer werden, ist das Zünglein an der Waage, das über Erfolg oder Misserfolg am Markt entscheidet, der Grad an Motivation, Engagement, Kreativität und Innovationskraft der Mitarbeiter.

      Nur Mitarbeiter, die mit Leib und Seele bei der Sache sind, bringen sich voll und ganz ein! Die herkömmlichen Quellen, aus denen Mehrwert geschöpft werden konnte, werden mittlerweile von allen Unternehmen genutzt und führen deshalb nicht länger zu einem Wettbewerbsvorteil. Als einzige noch nicht vollständig ausgeschöpfte Quelle bleibt also die Entwicklung der in arbeitenden Menschen bisher nicht abgefragten innovativen und kreativen Potenziale.

      Und Agilität zielt erfolgreich auf die Freisetzung, ja Entfesselung menschlicher Potenziale und bietet den Nährboden, auf dem sich die künftig noch stärker gebrauchten Fähigkeiten entfalten und entwickeln können.

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