Richard de Hoop

Spitzenteams der Zukunft


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Das wird sich in Zukunft ändern. Wir werden uns von einer »Verbrauchswirtschaft« zu einer »Kreislaufwirtschaft«, einer Circular Economy, entwickeln. Das bedeutet zum Beispiel: Wenn etwas schon im Boden landet, wie eben dieses kleine Rührstäbchen, dann soll es den Boden wenigstens düngen. Der Weg zur Kreislaufwirtschaft bedeutet einen riesigen Umbau unserer heutigen Welt. Da kann man schon mal »die Krise bekommen« … Trotzdem ist das alles keine Krise, sondern eine Transformation, die sich für alle lohnen wird.

      Wichtig für den Transformationsprozess ist das, was viele einzelne Unternehmen jeden Tag machen, und wie sich viele einzelne Konsumenten jeden Tag entscheiden. Nehme ich als Firma die billigsten Rohstoffe und Komponenten, egal, was das für die Menschen und die Umwelt bedeutet? Oder kann ich meine Kunden überzeugen, dass es sich lohnt, für Qualität, Haltbarkeit und ökologische Unbedenklichkeit ein wenig mehr Geld auszugeben? Umgekehrt: Wähle ich als Verbraucher reflexartig das billigste Angebot? Oder bin ich bereit, darüber nachzudenken, was für meine wirklichen Bedürfnisse, für alle beteiligten Menschen und für den Kreislauf der Natur die beste Wahl ist? In solchen Entscheidungen besteht jetzt die große Herausforderung.

      Unternehmer wie Gé Moonen haben verstanden, dass sie auf diesem Weg nicht nur ihre Kunden, sondern auch ihre Mitarbeiter mitnehmen müssen. So etwas wie Grünstes Unternehmen der Niederlande wird man nur, wenn alle in der Firma an eine Vision glauben. Die Vision war hier, dass man selbst in einer der umweltfeindlichsten Branchen die Dinge auch besser machen kann. Bei Moonen Packaging sind vom CEO bis zum Lkw-Fahrer alle davon überzeugt, dass der eingeschlagene Weg richtig ist. Als ich bei Moonen meine Instrumentenshow gemacht habe, erlebte ich eine wirklich enthusiastische Truppe. Es war eine Stimmung wie auf einer Games Conference – dabei beschäftigen sich diese Menschen mit Folien und Kartons! Ich spürte: Hier herrscht wirklich eine Gemeinschaftlichkeit.

      Wer als Unternehmer oder Manager diese Gemeinschaft fördert, der nimmt dem Team auch eine unbegründete »Krisenangst«. Gé Moonen hat das geschafft. Seine Leute schauen optimistisch in die Zukunft. Und sie sind hoch motiviert. Exceeding expectations lautet der Claim von Moonen Packaging – und diesen Ehrgeiz, Erwartungen zu übertreffen, haben in der Firma alle. Gé Moonen ist ein großer Kommunikator. Und er vertraut Menschen. Offenheit, zeitnahe Informationen an alle, ehrliches Überzeugen und das Prinzip »Vertrauen gegen Vertrauen« – das alles sind Bausteine des Erfolgs bei diesem CEO. Damit ist er ein typischer Vertreter der neuen Welt der Wirtschaft. Seine Begeisterung steckt andere an. Nicht zuletzt weiß Gé Moonen: Talent ist das Kapital der Zukunft. Mit seiner Initiative Moonen got talent traut er allen Mitarbeitern zu, sich neue Dinge auszudenken. Auch Innovationen entstehen in Zukunft gemeinsam.

      Let’s get together: Engagierte Mitarbeiter teilen Ideen

      Verbesserungsvorschläge sind in Unternehmen ein alter Hut. Im Kommunismus waren die Arbeiter sogar verpflichtet, regelmäßig Verbesserungsvorschläge einzureichen. Genützt hat das der Kommandowirtschaft bekanntlich nichts. Aber auch in den Unternehmen der freien Marktwirtschaft fristet das »betriebliche Vorschlagswesen« oft ein Schattendasein. Einer, der es geschafft hat, dass wirklich alle seine Mitarbeiter mitdenken und ständig Ideen produzieren, ist der Unternehmer Mike Fischer. Mike hat in Thüringen mehrere Firmen in den Bereichen Erwachsenenbildung, Dienstleistung und Gastronomie mit insgesamt rund 200 Mitarbeitern. Seit einer gemeinsamen Fortbildung vor einigen Jahren sind wir befreundet. Wie schafft es Mike Fischer, dass seine Leute wirklich gerne ihre Ideen einbringen? Und wie kommt es, dass die meisten Ideen auch noch richtig gut sind?

      Zunächst einmal, indem Mike für ein Klima des Vertrauens sorgt. Das klingt banal, ist es aber nicht. Menschen behalten ihre besten Ideen lieber für sich, wenn sie fürchten, von anderen übers Ohr gehauen zu werden. Ideen mit anderen zu teilen ist Vertrauenssache. Es ist ein Geben und Nehmen. Das Vorschlagswesen im Kommunismus hat ja schon deshalb nicht funktioniert, weil dort ein Klima des extremen Misstrauens herrschte. Wer immer aufpassen muss, was er sagt, der sagt am besten gar nichts. In einer Kultur des Vertrauens sind Ideen nicht nur jederzeit willkommen. Die Mitarbeiter wissen auch, dass von guten Ideen letztlich alle gemeinsam profitieren. Und wo kommen die Ideen her? Ganz einfach: Es ist der Normalzustand engagierter Menschen, dass sie Dinge infrage stellen und auf neue Ideen kommen. Das weiß jeder, der ein Hobby hat. Bei den Dingen, die wir gerne machen, fällt uns immer wieder etwas Neues ein. Erst wenn wir etwas nicht gerne machen, ist uns auch gleichgültig, wie es sich entwickelt. Das ist das Problem an vielen Arbeitsplätzen in der alten Welt der Wirtschaft.

      Wenn ein Mitarbeiter mal einen oder zwei Monate lang keine neue Idee hat, dann ist das völlig okay. Aber wenn auch nach drei Monaten kein einziger Einfall kommt, dann stimmt wahrscheinlich etwas nicht. Das ist jedenfalls die Erfahrung von Mike Fischer. Der Unternehmer geht von der Annahme aus, dass alle seine Mitarbeiter gute Ideen haben. Sofern die Mitarbeiter das Vertrauen haben, dass die Firma ihre Ideen zum Nutzen aller Mitarbeiter und Kunden umsetzen wird, teilen sie diese auch gerne. Die Firma muss dann nur noch die Ideen intelligent einsammeln. Das machen die Firmen von Mike Fischer mit einem Online-Programm. Alle Mitarbeiter haben außerdem jederzeit ein Budget von 200 Euro, um kleine Ideen sofort selbst umzusetzen. Größere Ideen, die mehr kosten würden, werden regelmäßig im Team besprochen.

      Feel the Beat

      

Die besten Ideen haben fast immer die eigenen Mitarbeiter! Fragen Sie sich einmal: Wie viele Ideen kommen in Ihrem Unternehmen von den Mitarbeitern bzw. in Ihrem Team von den Teammitgliedern? Teilen die Menschen in Ihrer Firma gerne ihre Ideen? Haben Sie ein Tool, um Ideen systematisch zu erfassen? Wird regelmäßig über neue Ideen diskutiert? Gibt es Feedback zur Umsetzung?

      Auch bei Cool Blue, der erfolgreichen holländischen Elektronikkette, kommen viele Ideen von den eigenen Mitarbeitern. Wer sich im Kerngeschäft von anderen gar nicht so sehr unterscheidet, aber mit Spitzenleistung bei den Kunden punkten will, der wird das ohne die Kreativität der Mitarbeiter gar nicht schaffen. Bei Cool Blue arbeiten die Mitarbeiter so, wie sie Elektronik selber gerne einkaufen würden. Und sie gönnen sich und ihren Kunden bei der Arbeit den Spaß, den sie auch in ihrer Freizeit gerne haben. Die Trennung »hier der blöde Job – da die tolle Freizeit« wird es in Zukunft nicht mehr geben. Mitarbeiter sind nur dann eine lebendige Quelle für Ideen, wenn sie ihre Arbeit richtig gerne machen. Dem »Nine-to-five-Jobber« ist es oft egal, wie gut oder schlecht die Firma für ihre Kunden arbeitet. Nach einem Vortrag in Deutschland sagte mir eine Frau mal: »Ihr Modell mit den Instrumenten ist toll, aber unser Chef interessiert sich nur für unsere Schwächen, nicht für unsere Stärken.« Ich war ziemlich geschockt. Wenn jemand Chef sein will, dann ist es seine Hauptaufgabe, die Talente der Mitarbeiter zu fördern und dafür zu sorgen, dass Kreativität sich voll entfalten kann.

      Trust in me, baby: Gemeinsamkeit auf der Basis von Vertrauen

      Misstrauen ist der Grund, warum bürokratische Hierarchien überhaupt noch existieren. Die Leistung verbessern sie nicht und dem Kunden dienen sie auch nicht. Das jedenfalls glaubt der amerikanische Versandhändler Zappos und will den Beweis erbringen, dass es anders besser geht. Unter den 1500 Mitarbeitern von Zappos gibt es in Zukunft keine klassischen Hierarchien mehr. Auch Jobtitel wie »Leiter« oder »Direktor« sollen – zumindest im internen Gebrauch – abgeschafft werden. Stattdessen wird die Arbeit jetzt nach dem Prinzip der Gemeinsamkeit in sich überlappenden »Kreisen« von Mitarbeitern organisiert. Die Ausgangsfrage lautet dabei: Wer arbeitet mit wem gemeinsam an welcher Aufgabe? Bisher lautete die Frage in Unternehmen eher: Wer hat wen zu »führen« und wer muss an wen »berichten«? Zappos nennt seinen neuen Ansatz Holacracy (statt Hierarchie). Da steckt das altgriechische Wort holos drin, was Ganzheit bedeutet. Es wird spannend zu sehen sein, wie gut dieser ganzheitliche Ansatz bei Zappos auf die Dauer funktionieren wird.

      

»Je mehr wir gewachsen sind, desto mehr haben wir gemerkt, wie sehr die Bürokratie, an die wir uns alle gewöhnt haben, uns in unserer Anpassungsfähigkeit behindert.«

      John Bunch, Manager bei »Zappos«

      Eines ist klar: Viele Leute sind es leid, dass