Dörthe Huth

30 Minuten Achtsamkeit


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Der volle Kontakt mit der Außenwelt oder auch mit der Innenwelt geht mit einer tiefer gehenden Verarbeitung einher und bringt uns in Kontakt mit uns selbst.

      Was bewirkt Achtsamkeit?

      Achtsamkeit hilft dabei, Körper, Seele und Geist wieder als eine Einheit zu erleben, mit allen Sinnen bei einer Sache zu sein und so dem rastlosen Geist eine Ruhepause zu gönnen.

      Selbstcheck Achtsamkeit

      Mit den Antworten auf die folgenden Leitfragen gewinnen Sie einen Überblick darüber, ob die Praxis der Achtsamkeit auch für Sie interessant sein könnte. Beantworten Sie die Fragen daher möglichst ehrlich.

Selbstcheck Ja Nein
Denken Sie häufig schon morgens an all die Dinge, die Sie noch zu erledigen haben?
Sind Sie meist über Handy, Telefon oder E-Mail erreichbar?
Bemerken Sie manchmal gar nicht, dass die Zeit vergeht, dass Sie sich schon wieder eine Zigarette angezündet oder nebenbei etwas gegessen haben?
Sind Sie häufiger abgelenkt, unkonzentriert oder nicht ganz bei der Sache?
Gehen Sie häufiger über Ihre Grenzen?
Denken Sie hin und wieder schwarzweiß?
Glauben Sie, erst etwas leisten zu müssen, bevor Sie es sich gut gehen lassen dürfen?
Leiden Sie unter Verspannungen oder anderen körperlichen Symptomen?
Finden Sie die Kommunikation mit anderen Menschen öfter mal schwierig?
Haben Sie Schwierigkeiten, nach der Arbeit abzuschalten bzw. ein- oder durchzuschlafen?

      Auswertung: Zählen Sie nun Ihre „Ja“-Antworten zusammen. Je öfter Sie „Ja“ angekreuzt haben, umso mehr deutet das darauf hin, dass es Ihnen guttun könnte, mehr Achtsamkeit in Ihren Alltag zu bringen.

      Achtsamkeit ist eine konzentrierte Form der Aufmerksamkeit auf das aktuelle Erleben. Die Praxis der Achtsamkeit verhilft zu einem neuen Bewusstsein, durch das man Körper, Seele und Geist wieder als eine Einheit erleben kann.

      1.2 Fernöstliche Tradition und westliches Denken

      Achtsamkeit und Meditation können hilfreiche Mittel sein, sich den komplexen Anforderungen, die das Leben an uns stellt, auf andere Weise zu stellen, als wir es gewohnt sind. Über Jahrtausende wurden Meditation und Achtsamkeit in den großen Religionen eingesetzt, um spirituelles Wachstum bis zur Erleuchtung zu erreichen. Besonders der Buddhismus hat Achtsamkeitspraktiken entwickelt und über lange Zeit erforscht – eine Ressource, die in der westlichen Welt lange übersehen wurde. Seit den 1970er-Jahren hat auch die westliche Wissenschaft Meditation und Achtsamkeit als Ressource und Forschungsgegenstand entdeckt. Im Laufe der Jahre wurde die positive Wirkung von Achtsamkeit vielfach nachgewiesen. Die zunehmende Akzeptanz im Business hat Achtsamkeit aber nicht nur der Wissenschaft zu verdanken, sondern auch der Loslösung von ihrem religiösen Hintergrund.

      Die Wurzeln von Achtsamkeit

      Die Ursprünge der Achtsamkeit sind in verschiedenen Religionen zu finden, im Hinduismus und Buddhismus ebenso wie in der Kontemplation im Christentum. Traditionell besteht das Ziel der großen Weltreligionen vornehmlich darin, das spirituelle Wachstum sowie die Erweiterung des Bewusstseins und die Versenkung zur Vergegenwärtigung des Göttlichen zu fördern. Besonders im Buddhismus ist die Praxis der Achtsamkeit über lange Zeit gewachsen, immer wieder überprüft und geübt worden. Aus Sicht des Buddhismus ist eine übertriebene Ich-Bezogenheit die Ursache menschlichen Leidens. Um dieses Leiden zu überwinden und über das begrenzte Ich-Bewusstsein hinauswachsen zu können, wurden Techniken von Achtsamkeit und Meditation eingesetzt. Dieses Loslassen von Gedanken, Vorstellungen, Zielen, Erwartungen, Wünschen oder Ablenkungen soll bestenfalls anstrengungs- und absichtslos erfolgen.

      Auch ohne diese spirituellen Ziele ist Achtsamkeit ein hilfreiches Werkzeug für den modernen Menschen. Die buddhistische Psychologie sieht die Befreiung des Einzelnen von einschränkenden Vorstellungen und Verhaltensmustern im Zentrum. Besonders der Aspekt der Überwindung des Leidens macht nicht nur Meditation und Achtsamkeit für den Westen interessant, sondern den Buddhismus insgesamt.

      In der buddhistischen Psychologie werden Praktizierende angeleitet, die eigene Ich-Struktur zu durchleuchten, um ihren Erfahrungsspielraum auf körperlicher, geistiger und kommunikativer Ebene zu erweitern. Dazu werden Werkzeuge der Selbsterforschung gelehrt, die eine heilsame Geisteshaltung und Lebensführung fördern und tief in der buddhistischen Lehre verwurzelt sind. Dazu gehören die Praktiken von Achtsamkeit, verschiedene Meditationstechniken oder die Kultivierung von Mitgefühl. All diese „Techniken“ sind darauf ausgerichtet, niemandem Schaden zuzufügen und dem Wohle aller zu dienen. Viele von ihnen bereichern mittlerweile die westlichen Denkansätze und Traditionen in vielen Bereichen auf ganz pragmatische Weise.

      Selbsterforschung und Selbstregulation mithilfe von Achtsamkeit

      Der Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn hat dazu beigetragen, Achtsamkeit religionsunabhängig in einer sehr weltlichen Weise einzusetzen, indem er Achtsamkeit als ein Mittel zur Selbsterforschung und Selbstregulation begriff. In den 1980er-Jahren entwickelte er an der University of Massachusetts ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining, um damit die Heilung bei körperlichen Erkrankungen zu unterstützen. Zunächst wurde dieses Programm, das unter dem Namen Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) bekannt wurde, in Kliniken eingesetzt. Das achtwöchige Trainingsprogramm half den Patienten, sehr viel besser mit Belastungen, Ängsten und Schmerzen umzugehen. Zudem gewannen sie an Selbstvertrauen, Optimismus und Durchsetzungsvermögen. Diese positiven Effekte wurden vielfach untersucht und nachgewiesen.

      Eine sehr eindrucksvolle Übung aus dem MBSR, die verdeutlicht, wie automatisiert wir normalerweise im Alltag agieren, ist die Aufgabe, achtsam eine Rosine zu essen. Dazu wird die Rosine erst einmal genau betrachtet, anschließend ihre Farbe, ihre Form und ihr Geruch genau wahrgenommen. Erst dann wird sie langsam zum Mund geführt und in Zeitlupe gekaut. Dabei wird der Geschmack genau registriert sowie der vermehrte Speichelfluss. Diese Übung zeigt nicht nur, wie automatisiert wir üblicherweise essen, sondern auch, wie unkontrolliert viele Impulse im Alltag vonstattengehen. Achtsamkeit setzt dem etwas entgegen, indem die inneren Ressourcen kultiviert werden. Die MBSR-Schulungen richten sich insbesondere an Menschen mit Stressbelastungen und Erkrankungen wie Erschöpfungszustände, Burnout, Bluthochdruck, Krebs, Herzerkrankungen, Schlafstörungen oder psychosomatischen Beschwerden. Ziel des MBSR-Programms ist es, mit den Teilnehmern hilfreiche Strategien zur Bewältigung der persönlichen Belastungen und des Stresserlebens zu entwickeln und diese Möglichkeiten in den Alltag zu integrieren.

      Die Wirkung von Achtsamkeitsübungen

      In einem Zustand der Achtsamkeit nimmt man eine offene und akzeptierende Haltung ein. Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle dürfen einfach sein und erfahren die volle Zuwendung ohne Bewertung. Das bedeutet, ganz im Hier und Jetzt zu sein und den Moment umfassend wahrzunehmen.

      Gerade im Alltagsstress gelingt es nur schwer, sich