Informationen zusammensuchen und nicht vergessen, den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Wir haben davon nämlich mehr, als wir oft glauben.
Unabhängigkeit
Wer sich von anderen Menschen finanziell oder auch emotional abhängig macht, ist viel anfälliger für Ängste als diejenigen, die sich ein Stückchen Unabhängigkeit bewahren. Das gilt sowohl im Privatleben als auch im Job.
Hat man in einer Partnerschaft keine eigenen Freunde mehr, pflegt man keine eigenen Hobbys, steigt die Verlustangst meist an. Das liegt daran, dass wir schnell das Gefühl bekommen, ohne den anderen nichts mehr zu sein. Eine Freundin sagte neulich: »Ich habe meinem Lebensgefährten gedroht: Wenn du mich verlässt und wieder nach da draußen schickst, dann bringe ich dich um!« Im ersten Moment war die Geschichte ein Lacher. Wir sind überzeugt, dass sie ihn nicht umbringen würde. Sie hat sich aber emotional so eng an ihn gebunden, dass sie sich selbst abhängig fühlt. Das jagt ihr eine Heidenangst ein. Viel schlimmer ist für sie aber die Vorstellung, wieder auf dem sogenannten Singlemarkt aktiv werden zu müssen.
Abhängigkeit schürt Ängste!
Im Job sieht das ähnlich aus. Wer selbstständig ist, sollte sich nicht auf ein Standbein und besonders nicht auf einen Kunden verlassen. Wenn der wegbricht, ist von heute auf morgen Panik angesagt. Kurzfristig betrachtet ist die wahrscheinlich sogar berechtigt. Es gibt zahlreiche Beispiele von Firmen, die deswegen Pleite gemacht haben. Die meisten erinnern sich bestimmt noch an Berichte von landwirtschaftlichen Betrieben, die aufgrund von Großaufträgen von Discountern expandiert haben. Danach wurden ihre Preise so gedrückt, dass es besser war, aufzugeben, anstatt zu liefern und draufzuzahlen. Aber auch Kleinunternehmer, die sich aufgrund eines Versprechens von zahlreichen Aufträgen selbstständig gemacht haben, mussten oft wieder aufgeben, weil der vermeintliche Großkunde insolvent war oder intern entschieden wurde, neue Prioritäten zu setzen.
Welcher Lebensbereich auch immer betroffen ist: Abhängigkeit ist nie gut und sorgt häufig für Ängste, die nicht sein müssten. Wir haben übrigens beide mehrere Standbeine. Ralf ist Moderator, Speaker, Eventdesigner, Autor und Veranstalter für Impro-Hotels. Mona arbeitet in der PR, im Künstlermanagement, ist Journalistin und Autorin.
Andersartigkeit
Suchen Sie sich Menschen, die anders sind als Sie. Das erweitert Ihren Horizont ungemein und lässt Sie die Angst vor Neuem und Unbekanntem schnell vergessen, weil Sie noch nie da gewesene Erfahrungen sammeln. Andere Meinungen und Blicke auf Themen sorgen für frischen Wind und unterstützen auch dabei, angstgeprägte Vorurteile abzulegen. Jede Andersartigkeit hilft uns, eine neue Perspektive einzunehmen. Wir beide lieben es zum Beispiel, mit Menschen aus anderen Generationen zu sprechen, am besten außerhalb der eigenen Familie:
Mona hat in New York mit zwei Dozentinnen an unterschiedlichen Colleges in den USA gesprochen. Eine der Damen, die die Position einer Dekanin innehat, weigerte sich zum Beispiel, einer Einladung ins Weiße Haus zu folgen. Sie wollte auf keinen Fall die Trump-Regierung unterstützen. Furchtlos stellte sie sich einem ungeliebten Regime entgegen und hat damit ein klares Statement gesetzt. In Deutschland hätten wir uns höchstwahrscheinlich erst einmal Gedanken darüber gemacht, was alles passieren könnte, wenn wir »den Gehorsam verweigern«. Manchmal scheint es, als ob uns so ein positiver Aktionismus fehlt. Die Dame ist übrigens Einwanderin. Sie stammt ursprünglich aus Jamaika, hat in Kanada studiert und lebt und arbeitet bereits seit über 40 Jahren in den USA. Und: Ihren Job übt sie immer noch aus!
Ralf hat ungefähr zur gleichen Zeit mit seinem Team das Bühnen- und Rahmenprogramm der IdeenExpo in Hannover gestaltet. Hier geht es um Fort- und Weiterbildung für Schüler. Um deren Nerv und auch den der Eltern zu treffen, ist ein ständiger Dialog mit der heranwachsenden Generation unerlässlich. Das baut Vorurteile und Berührungsängste ab und erweitert den eigenen Horizont um ein Vielfaches.
Neugier
Neugier macht Angst zum Fremdwort.
Entwickeln Sie eine Lust darauf, außergewöhnliche Wege zu gehen. Je eingefahrener wir sind, desto wichtiger erscheint es, dass alles so bleibt, wie es ist. Gewohnheit und Altbekanntes schaffen eine scheinbare Sicherheit. Doch wenn dann plötzlich etwas Unvorhergesehenes passiert, gerät die Sicherheit schnell ins Wanken. Wer Lust darauf hat, neue Wege zu gehen, hat weniger Angst davor, diese Pfade auch einmal zu beschreiten, wenn er nicht dazu gezwungen wird. Zudem wird er routinierter im Umgang mit Veränderungen. Je besser wir mit Veränderungen umgehen können, desto leichter wird es. Und je neugieriger Sie sind, desto aktiver gehen Sie in Veränderungen hinein, und Angst wird zum Fremdwort.
Distanz zur Angst
Schaffen Sie eine gedankliche Distanz zu Ihren Ängsten, anstatt sich immer tiefer hineinfallen zu lassen oder sich gar mit ihnen zu identifizieren. Einige Menschen beschäftigen sich so sehr mit ihren Ängsten, dass sie sich im schlimmsten Fall darüber definieren. Wir möchten hier nicht dazu aufrufen, Ängste zu ignorieren. Ein gesunder Abstand dazu ist jedoch dringend anzuraten. Das zeigt auch das folgende Beispiel:
Eine Freundin erzählte uns vor einiger Zeit, dass sie ihre Arbeit nicht mehr schaffen würde, weil sie so große Angst davor habe, ihren Job zu verlieren. Die Angst war auch nicht unbegründet, denn in ihrer Firma gab es bereits die dritte Kündigungswelle innerhalb weniger Jahre. Bisher war sie davon jedoch verschont geblieben. Sie steigerte sich trotzdem immer weiter in die Situation der vermeintlich Entlassenen hinein.
Irgendwann saß sie tagsüber wie gelähmt an ihrem Schreibtisch und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie machte Fehler, wurde langsam und brachte keinerlei Kreativität mehr in die Firma ein. Innerlich hatte sie mit dem Kapitel bereits abgeschlossen und sich in die Opferrolle begeben. Allerdings war sie auch nicht in der Lage, die Konsequenzen zu ziehen und sich aktiv einen neuen Job zu suchen. Sogar in der Freizeit gab es kein anderes Thema mehr. Ihre Freunde konnten die immer wieder selbe Leier nicht mehr hören.
Zum Glück hatte sie einen Chef, der bemerkte, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Er sprach sie darauf an. Auch er war sich seiner Position im Unternehmen nicht mehr sicher und erzählte ihr, wie er mit der schwierigen Lage umging. Er versuchte, seine Angst zu akzeptieren, sich aber nicht mehr von ihr leiten zu lassen. Anstatt sich permanent einzureden »Das geht alles schief!«, schickte er die Angst in Gedanken jeden Tag ein bisschen weiter von sich weg, bis sie zur Tür hinausgegangen war. Dann schloss er die Tür und versuchte wieder dafür zu sorgen, dass sich die Firma aus der Umsatzflaute herausarbeiten konnte. Unsere Freundin folgte seiner Strategie. Gemeinsam und mit einer gesunden Haltung gegenüber der Situation schafften sie es, die Umsatzflaute zu besiegen. Als das schließlich geschafft war, wurde der Chef befördert und hat unsere Freundin gleich mit in den neuen Aufgabenbereich genommen. Sie hatte zusammen mit ihm die Angst besiegt, die Kehrtwende eingeleitet und sich so ihren Arbeitsplatz gesichert.
KURZ GEFASST: WAS HILFT GEGEN ANGST?
Jeder hat Ängste, und so vielfältig sie sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, um sie loszuwerden. Es gilt in jedem Fall zu vermeiden, dass wir uns von unseren Ängsten überfordern und leiten lassen. Sonst kommt das große böse Panik-Kaninchen und wir schlittern Stück für Stück in den totalen Kontrollverlust.
Die Ängste der Deutschen
Die regelmäßige Studie »Die Ängste der Deutschen« im Auftrag der R+V Versicherung basiert auf 16 Grundängsten, die jedes Jahr abgefragt werden. Aufgeteilt sind diese in wirtschaftliche bzw. politische Themen, externe Bedrohungen, persönliche Sorgen und Umweltängste. Alles Wissenswerte dazu gibt es unter: