Thomas Schröder

Andalusien Reiseführer Michael Müller Verlag


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Etwas abgelegenere (FKK)-Ba­demöglichkeiten sind über eine allerdings ziemlich schlechte Piste zu er­reichen, die wenige Kilometer süd­lich der Strandsiedlung bei einem alten Wehr­turm am Meer abzweigt. Die Haupt­straße wendet sich an dieser Stelle land­einwärts und kurvt auf einer teilweise geradezu spektakulären Tras­se durch einen wilden Berg­zug, auf des­sen Rückseite noch eine schöne Bucht war­tet. Wenige Kilometer weiter liegt Carboneras, das an allen Seiten vom Natur­park Cabo de Gata um­schlos­sen ist. Nur der Ort und seine un­mit­telbare Um­gebung wurden vom Park­gebiet aus­ge­nom­men - mit gutem Grund.

      Carboneras: Ein Badeort, der vor allem bei spanischen Besuchern beliebt ist. Un­ter­künfte und Restaurants sind ein ganzes Stück preisgünstiger als in Mojá­car, der Strand ist breiter und fein­sandiger. Der Haken? Ganz einfach: Rich­tung Sü­den, nur ein kleines Stück hinter dem Ortsausgang, verschandelt eine gi­gan­ti­sche Kraft­werks- und Ha­fenanlage Strand und Landschaft. Kein Wun­der, dass dort auch das Meer zu­mindest optisch nicht immer einen sau­beren Eindruck macht.

      Fast ein letztes Stück Paradies an der spanischen Mittelmeerküste. Wunder­schö­ne Strände, herbe Felsabstürze ins Meer, im Landesin­neren Halbwüste, an der Küste kleine Dörfer. 1987 wurde das Ge­biet gerade noch rechtzeitig zum Naturpark erklärt. Relativ wenige Unterkünfte.

      Die Spekulanten hatten sich schon die Hände gerieben. Bis zum Beginn der Achtzi­gerjahre des letzten Jahrhun­derts lag das Cabo de Gata praktisch am Ende der Welt. Kaum Straßen, die weni­gen Be­wohner nährten sich vom Fischfang oder schürften in Minen nach Erz. Dann, freier Raum am Mittel­meer wurde knapp, ersetzte langsam Asphalt die bisherigen Staub­pis­ten. Von Almería schoben sich erste Urba­ni­sationen vor. Gerettet hat das Ge­biet da­mals wohl, dass es so weit ab­seits aller Fernstra­ßen liegt und dass die Er­schlie­ßung, auch wegen des offen­sichtlichen Wasser­man­gels, recht teuer aus­ge­fal­len wäre. Dennoch rissen Ge­rüch­te über eine rie­sige Apartment­stadt nicht ab und hät­ten sich viel­leicht auch bewahrheitet, wenn es der Naturschutzbehörde nicht ge­lun­gen wäre, sich gegen die Interes­sen der Baumultis durchzusetzen.

      Gestattet ist das Bauen in dem 34.000 Hektar großen Schutzgebiet nur mehr in den Ortsgrenzen der Siedlun­gen. In einer Reihe von Orten, allen voran San Jo­sé, wird schnell augenfäl­lig, dass auch dies besser hätte einge­schränkt wer­den sollen. Ein Teil der Be­völkerung ist da freilich anderer An­sicht: Viele Ein­hei­mische fühlen sich durch die Schutzgesetze, insbesondere durch den Bau­stopp, gegängelt und fi­nan­ziell benachteiligt. Diese Fraktion empfindet wahr­schein­lich auch die An­lage von Treibhäusern durch die mächtige Agrar­lobby als legitim: Dut­zende nahezu unkon­trol­liert gewach­sene, die Landschaft ver­schan­delnde „Invernaderos“ haben Natur­schüt­zer im Park gezählt, und fast jähr­lich wer­den es mehr. Eine schier endlose Ge­schichte ist auch der Skandal um ein 2003 im Gebiet von Carbo­neras direkt an den Strand Playa Algar­ro­bico ge­klotztes Großhotel, das nie in Be­trieb genommen wurde und nach einem mehr als zehnjährigen Rechtsstreit 2016 endlich vom Obers­ten Gerichts­hofs für illegal erklärt wurde, bei der letzten Recherche aber immer noch stand.

      Immerhin wurde eine Reihe von Are­alen im Naturpark als besonders schüt­zens­wert aus­gewiesen - wer hier ge­gen die Schutzbestimmungen ver­stößt, hat mit ho­hen Stra­fen zu rech­nen. Und mit etwas Glück darf sich der Park viel­leicht eines Ta­ges mit einer hoch begehrten Aus­zeich­nung schmü­cken: Eine Kandidatur für die UNESCO-Lis­te des Welt­natur­erbes ist, freilich be­reits seit Jahren, im Gespräch. Der Parque Na­tural Cabo de Gata-Nijar stünde da­mit in ei­ner Reihe z. B. mit den Galapa­gosinseln und dem Grand Ca­nyon. Zum Biosphä­ren-Reservat der UNESCO wur­de der Park bereits 1997 er­klärt, seit 2006 gehört er auch zum glo­balen Netz­werk der Geoparks.

      Die rund 30 Kilometer lange Sierra de Cabo de Gata ist, man sieht es man­chen Fels­formationen der Küste deut­lich an, vulkanischen Ursprungs. Sie bil­det das größ­te Vulkangebiet Spa­niens. Die Vulkanausbrüche begannen vor etwa 15 Millio­nen und endeten vor etwa sieben Millionen Jahren. Vulkane waren es auch, die Me­talle wie Blei und Silber aus tieferen Erdschichten nach oben drückten - bis vor eini­gen Jahr­zehnten wurde in den Stollen um den Wei­ler Rodalquilar noch nach Ei­senerz und sogar Gold geschürft. Seine höchs­te Höhe von knapp 500 Metern er­reicht der Gebirgszug im Vulkankegel des Cerro del Fraile zwischen San José und Los Escullos. Von tiefen Tro­cken­tä­lern durchzogen, reichen die Ausläufer der Sier­ra bis an die Küste. Wo sie nicht steil ins Meer abstürzen, umrahmen sie Sand­strän­de, die zu den schöns­ten Spa­niens zählen und ihren besonderen Schmuck durch bizarr verwit­terte Kalk­steinfelsen erhalten.

      Schwungvoll: Felsformation an der Cala de Enmedio

      Pflanzen gedeihen bei jährlichen Nie­derschlägen von durchschnittlich 130 Mil­lime­tern nur spärlich. Die Halb­wüstenflora des Cabo de Gata besitzt starke Ähn­lichkei­ten mit den Pflanzen­gesellschaften der Sahara-Randzone. Auffal­lend in der grau­brau­nen, nur nach den seltenen Sturzregen er­grü­nen­den Step­pe sind die aus Ame­rika ein­geführten Feigenkakteen und Aga­ven, die mit ihren meterhohen Frucht­stän­den in ganzen Kolonien wachsen, ebenso die kaum bis zum Knie rei­chende Zwergpalme palma enana, hier liebevoll auch palmito („Pälm­chen“) ge­nannt. An Plät­zen, an denen genü­gend Grundwasser vorhan­den ist, fin­den sich kleine Kolo­nien von Dattel­palmen, die die Illusion von Af­rika per­fekt machen. Unter den acht­zig Vogel­arten, die stän­dig oder zeitweilig hier le­ben, kann man in den Salinen beim Cabo de Gata auch Fla­min­gos beo­bach­ten. Die eben­falls geschützte, arten­reiche Un­ter­wasserwelt zeigt sich als ein Para­dies für Schnorch­ler, ausge­dehn­te Bestände von Neptungras (Po­si­do­nia) über­zie­hen den Boden.

      Touristische Infrastruktur: Eher be­schei­den. Öffentliche Verkehrsmittel fah­ren selten und nur zu wenigen Ort­schaf­ten. Unterkünfte sind nicht billig und (das gilt oft sogar für die Camping­plätze) zur spanischen Hochsai­son häu­fig voll belegt. Dann kommen auch die Ausflügler aus Almería und den dor­t­igen Urbanisationen. Außer­halb der Saison wird es dagegen ruhig am Cabo de Gata, für manchen viel­leicht zu ru­hig.

      Eine Bitte: Verhalten Sie sich rück­sichtsvoll, das Gebiet wird schon genug be­lastet. Enduro- und Geländewagen­fahrer sollten wissen, dass das Verlas­sen der Wege für Fahrzeuge verboten ist. An interessanten Pisten herrscht dafür kein Mangel.

      Information Centro de Visitantes Las Amoladeras, Dokumentationszentrum an der Straße von Almería zum Ort Cabo de Gata und nach San José, noch vor der Kreu­zung beim Dörfchen Ruescas; Tel. 950 160435. Sehr schön gestaltete Aus­stel­lungs­räume, die Erklärungen leider nur in Spa­nisch; Ver­kauf von Übersichts­karten des Parks. Geöffnet Mi-So 10-14 Uhr.

      Infokioske sind an mehreren Stellen im Park eingerichtet worden, allerdings nur im Sommer in Betrieb. Zusätzlich gibt es in San José eine kleine, „halbprivate“ Aus­kunft­sstelle, Näheres siehe dort.

      Verbindungen Ein Fahrzeug ist in dem weit­läufigen Gebiet sehr nützlich.

      Bus: Alle Wege ab Almería. Ganzjährig mit ALSA nach Cabo de Gata 7-mal, nach Las Negras und Ro­dal­quilar 1-mal täglich, BER­NARDO bedient San José 3-mal täg­lich, La Is­leta nur 2-mal pro Woche. Im Sommer z. T. häu­fi­gere Verbindungen.

      Internet www.parquenatural.com, www.degata.com, zwei Sites zum Park, lei­der überwiegend nur auf Spa­nisch.

      www.cabodegata.net, ökologisch orientier­tes Portal der „Vereinigung der Freunde des Na­turparks“, die z. B. auch geführte Wanderun­gen (gratis) offerieren. Spanisch.

      Übernachten In fast jeder Ortschaft