Olaf Nägele

Goettle und die Blutreiter


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      Olaf Nägele

      Goettle und die Blutreiter

      Kriminalroman

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      Blutritt in Gefahr! Der Countdown läuft: In neun Tagen soll der Blutritt, Europas größte Reiterprozession, in Weingarten stattfinden. Was niemand weiß: Die Heilig-Blut-Reliquie, um die sich beim Blutritt alles dreht, wurde gestohlen. Pfarrer Sebastian Seegmüller zieht in seiner Not den Biberacher Gemeindepfarrer Andreas Goettle zurate, der schon manchen kniffligen Fall gelöst hat. Goettle findet heraus, dass es etliche Menschen gibt, die den Blutritt gern verhindern würden. Zum Beispiel die »Grünen Minnen«, Biberachs radikale Feministinnen, die einfordern, dass Frauen mitreiten dürfen. Ferner macht eine Studentengruppe aus Tierschutzgründen gegen die Veranstaltung mobil. In den Fokus gerät auch Zacharias Stuber, Chef eines Sicherheitsunternehmens, der den Auftrag verloren hat, den Blutritt zu sichern. Als bei dessen Hauptwidersacher Christian Wollschläger, Vorsitzender des Festkomitees, eine Erpressermail eingeht, scheint die Sache klar zu sein. Doch dann wird Stuber ermordet aufgefunden. Die Zeit wird knapp, denn ohne Reliquie kann es keinen Blutritt geben …

      Olaf Nägele, 1963 in Esslingen geboren, hat nach langen Aufenthalten in München, Stuttgart und Hamburg den Weg in seine Heimatstadt zurückgefunden. Dort feilt der Kommunikationswirt (KAH) an PR- und Werbetexten, verfasst als Journalist Artikel für diverse Zeitungen und arbeitet als Redakteur bei der Landeshauptstadt Stuttgart. Der Spaß, Geschichten zu erzählen, hat ihm Beiträge in Anthologien eingebracht, Hörspiele für den SWR, Kurzgeschichtenbände, Romane und Radio-Kolumnen für Neckaralb Live Reutlingen folgten. Für die Kurzgeschichte „Die Sache mit Gege“ erhielt er einen Ehrenpreis der Akademie Ländlicher Raum in Baden-Württemberg und seine Radiokolumne »Ingo lernt schwäbisch« wurde 2020 für den Medienpreis der Landesakademie für Kommunikation nominiert.

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      Lektorat: Daniel Abt

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Mirjam Claus / stock.adobe.com

      und https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Blutritt_2011_Gruppe_Hasenweiler_1.jpg

      ISBN 978-3-8392-6746-2

      Neun Tage bis zum Blutfreitag

      Rituale.

      Sebastian Seegmüller liebte diese gleichförmige Abfolge von wiederkehrenden Handlungen, sie erfüllte ihn mit Freude und innerer Ruhe. Er ließ kurz den Blick zur Decke der Basilika wandern. Im spärlichen goldenen Abendlicht, das durch das Gloriloch oberhalb des Hochaltars fiel, sah er Schemen der Bilder und Fresken des Malers Cosmas Damian Asam. Der Stadtpfarrer Weingartens lächelte, allein das Wissen um die Anwesenheit der Figuren machte ihn glücklich. Dieser Moment des Tages gehörte nur ihm und den Himmelswesen. Feierlichen Schrittes näherte er sich dem Heilig-Blut-Altar, strich mit den Fingerkuppen über die polierte Fläche, genoss die Kälte, die der Stein ausstrahlte. Er deaktivierte die Alarmanlage, atmete tief ein und aus, um den für ihn so wertvollen Augenblick weiter hinauszuzögern. Gleich würde er die Heilig-Blut-Reliquie aus dem Glaskasten im Altar nehmen, um sie wie jede Nacht im Tresor zu deponieren. Sein Herz schlug schneller, als wolle es dieser Zeremonie Tribut zollen.

      Wenige Tage trennten Seegmüller und die Teilnehmer vom Blutfreitag, an dem der Blutritt zelebriert wurde. Wie in jedem Jahr hatten sich mehr als 2.000 Reiter und Zigtausende Gläubige angekündigt, um am Tag nach Christi Himmelfahrt an Europas größter Reiterprozession teilzunehmen. Ganz Weingarten bereitete sich darauf vor. Unzählige Helferinnen und Helfer waren eifrig dabei, das Städtchen liebevoll herzurichten, an allen Ecken wurde geschmückt, gebohrt und gehämmert, Tierpensionen eingerichtet, Hindernisse entfernt, Tribünen erstellt, Rabatten bepflanzt und Schaufenster umdekoriert. Schließlich wurden namhafte Gäste erwartet, darunter der Ministerpräsident des Landes, der Erzbischof Anton Timmermann und eine Abordnung aus Weingartens italienischer Partnerstadt Mantua. Dort war vor fast 1.000 Jahren die Reliquie wiedergefunden worden, von dort aus war ein Teil nach Weingarten gelangt und die beiden Städte verband seither die Verehrung des Heiligen Blutes.

      Seegmüller hob das goldene Kreuz aus seiner Tagesbehausung, in das die Ampulle mit Erde eingearbeitet war, die Jesu Christi Blut getränkt hatte. Vorsichtig, ehrfürchtig und in dem Bewusstsein dieses ganz besonderen Aktes.

      Rituale.

      Mit ihnen geht eine zerbrechliche Sicherheit einher. Es kann ja nichts passieren, so wie die Tage, Wochen, Monate zuvor nichts passiert war. Doch die Gleichförmigkeit der Handlungen geht zulasten der Achtsamkeit, die Monotonie narkotisiert die Sinne. Wäre Sebastian Seegmüller weniger beseelt an seine allabendliche Aufgabe herangegangen, hätte er vielleicht den Schatten bemerkt, der sich durch das linke Seitenschiff lautlos auf ihn zuschob. Und womöglich wäre er vorsichtiger gewesen, als er durch einen langen Zischlaut und das Poltern, das klang, als sei eine Dose zu Boden gegangen, aus seinen Gedanken gerissen wurde.

      Stimmen, er hörte Stimmen, leise, es schien, als kämen sie von draußen. Heisere, kurz gebellte Befehle, Lachen.

      »Diese Schmierfinken, das werden sie nicht wagen«, fauchte der aufgebrachte Pfarrer und starrte in die Richtung, aus der die Töne an seine Ohren gedrungen waren.

      In den letzten Tagen war es immer wieder vorgekommen, dass Gegner des Blutritts ihre Parolen an den Aufgang zur Basilika gesprüht hatten. Sogenannte Tierschützer, die nicht davor zurückschreckten, fremdes Eigentum zu beschädigen, nein, die sich in gottloser Weise an einer Kirche zu schaffen machten, um ihre törichten Sprüche zu verbreiten.

      Seegmüller legte die Reliquie vorsichtig zurück in den Glaskasten und stürmte zum Ausgang. Es dauerte einen Moment, bis er den Schlüssel zum Tor der Basilika fand. Mit fahrigen Fingern nestelte er ihn hervor, steckte ihn ins Schloss. Draußen hörte er Schritte, die sich eilig entfernten, unterdrücktes Gekicher. Er riss die Tür auf, konnte jedoch nur die Umrisse zweier Gestalten erkennen, die im Schutze der Dämmerung verschwanden.

      »Stehen bleiben!«, keifte er, rannte den Flüchtenden ein Stück weit hinterher, trat auf einen Gegenstand, der unter seiner Sohle wegrollte und ihn zu Fall brachte. Er gab ein quiekendes Geräusch von sich, schlug hart mit dem Hinterkopf auf einer Stufe