Alida Leimbach

Tod unterm Nierentisch


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was in dem Fall zu tun ist. Offen gestanden mache ich mir Sorgen um meine Tochter, wirklich große Sorgen. Edmund will sie nicht heiraten. Wie steht sie denn da als ledige Mutter? Was soll aus ihr werden? Ich fürchte mich vor dem Klatsch und Tratsch der Leute. Bald kommt keiner mehr zu uns, wir können schließen. Wir werden nicht mehr eingeladen. Das geht nicht. Wir brauchen unsere Stammkunden und können es uns nicht leisten, dass die schlecht über uns reden.«

      »Und wenn? Ist doch egal«, maulte Karl.

      »Ja, dir ist alles egal.«

      »Ihr Mann hat verlangt, dass sie abtreibt?«, hakte Conradi nach.

      Lieselotte nickte. »Ja, aber das wollte ich nicht. Ich traue diesen Engelmacherinnen nicht. Meine Freundin hat das damals nicht überlebt. Sie war auch in so einer Situation.« Sie senkte den Kopf.

      »Ich muss Ihnen eine Frage stellen, die Sie bitte nicht persönlich nehmen. Aber ich muss Sie das fragen. Wo waren Sie am Mittwochabend zwischen 18 und 19 Uhr?«

      Fassungslos starrte sie ihn an.

      »Wie gesagt, ich muss Sie das fragen, Frau Korittke. Das hat nichts mit Ihnen als Person zu tun!«

      »Im Wohnzimmer«, sagte sie und schluckte hörbar.

      »Wer kann das bezeugen?«

      »Alle – die ganze Familie.«

      Conradi reckte sein Kinn in Karls Richtung. »Und Sie?«

      »Ich habe fest geschlafen«, kam die Antwort mit einem leichten Zögern. Karls Mimik zeigte keine Regung. »Das habe ich Ihnen schon gesagt.«

      »Das stimmt«, bekräftigte Lieselotte.

      »Sie haben vorhin gesagt, Sie mussten nicht schießen im Krieg. Können Sie denn schießen?«

      »Nee, damit will ich nichts zu tun haben«, wehrte Karl ab und öffnete seine Hände. »Und?«, fragte er mit neckischem Grinsen. »Bin ich der Mörder? Verhaften Sie mich?«

      »Ich möchte Sie bitten, das Protokoll zu unterschreiben«, erklärte er mit einem Seitenblick auf seine Sekretärin. »Wenn es denn fertig ist.«

      »Ich könnte Ihnen vielleicht sagen, wer der Mörder ist«, bemerkte Karl und schlug ein Bein über das andere. »Falls es Sie interessiert.«

      Conradi nickte ihm zu.

      »Ich weiß zum Beispiel, dass es kurz vor dem Tod meines Stiefvaters Streit gegeben hat mit einem Kunden.«

      Conradi machte ein überraschtes Gesicht. »Nanu? Erzählen Sie mal.«

      »Dieser Kunde heißt Bartsch, Erwin Bartsch. Ein Kohlenhändler aus der Altstadt. Im Krieg hat er ein Bein verloren, deshalb hinkt er. Und gibt dafür Rolf die Schuld. Angeblich hätte mein Ziehvater ihn im Schützengraben allein gelassen, ohne sich um ihn zu kümmern. Rolf hat behauptet, das wäre Unsinn. Er wäre davon ausgegangen, Erwin Bartsch sei tot. Aber Bartsch kam immer wieder, um meinen Vater vorzuführen.«

      »Wie oft?«

      »Einmal die Woche bestimmt.«

      »Was verstehen Sie unter ›Vorführen‹?«

      »Er ist durch den Laden gehumpelt, auf und ab, auf und ab, hat laut mit seinem Stock aufgestampft, immer wieder seinen hässlichen Stumpf gezeigt, dann hat er Geld verlangt, um sich eine Mahlzeit zu kaufen, wollte einen Haarschnitt, eine Tönung, eine Rasur, Pflegemittel … ach, was ihm gerade so einfiel, alles für umsonst. Er war laut und unverschämt. Mein Stiefvater hat ihm oft mit der Polizei gedroht. Er war immer froh, wenn das Wetter umschlug. Denn dann kommt Erwin Bartsch nicht. Phantomschmerzen, so nennt er das. Das abbe Bein schmerzt höllisch und er muss zu Hause bleiben.«

      »Das amputierte Bein schmerzt? Sie meinen, der Stumpf?«

      »Wahrscheinlich.«

      »Warum hat Ihr Stiefvater Bartsch nicht einfach vor die Tür gesetzt?«

      »Der ließ sich nicht rausschmeißen. Der blieb einfach sitzen und klopfte mit seinem Stock auf dem Boden herum. Rolf hat irgendwann nichts mehr gesagt, er wollte keine Szene vor den Kunden.«

      Conradi blickte Karl direkt ins Gesicht. »Sie halten Bartsch für den Täter?«

      »Sonst wüsste ich keinen.«

      »Hatte Bartsch denn schon einmal eine Waffe dabei? Hat er damit gedroht?«

      Karl sackte ein wenig in sich zusammen, als strenge es ihn plötzlich an, aufrecht zu sitzen.

      »Ja oder nein?«

      »Weiß nicht.«

      »Wo finden wir diesen Erwin Bartsch?«

      »Schauen Sie mal ins Adressbuch der Stadt Osnabrück. Da steht er sicher drin. Rolf hat nie Geschäfte mit Bartsch gemacht. Wir beziehen unsere Kohlen woanders her.«

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