Johannes Wilkes

77 versteckte Orte in Berlin


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Arbeit zu zweifeln und sie dennoch pflichtgemäß erledigt, bis er beginnt, als unsichtbarer Geist in die Geschichte einzugreifen, den Verfolgten zu helfen und doch die Katastrophe nicht verhindern kann, den Tod der Schauspielerin. Versöhnlich dann die Schlussszene: Nach der Wende entdeckt Dreyman, der in der Wedekindstraße 21 wohnt, dass man ihn überwacht hat. Mithilfe seiner Stasi-Akte identifiziert er Wiesler, der sich sein Geld mit dem Austragen von Wurfsendungen verdient. Dreyman beobachtet Wiesler, nimmt keinen Kontakt zu ihm auf, widmet ihm aber seinen Roman Die Sonate vom guten Menschen unter Benutzung seines Stasikürzel: »Für HGW XX/7 gewidmet, in Dankbarkeit.« Wiesler entdeckt das Buch in einer Auslage, kauft es und schaut hinein.

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      Wohnhaus Wedekindstraße 21

      »Soll ich es als Geschenk verpacken?«, fragt ihn die Verkäuferin.

      »Nein«, antwortet Wiesler, »es ist für mich.«

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      Wohnhaus von Georg Dreyman

      Wedekindstraße 21

      10243 Berlin

      15 Oberbaumbrücke (Friedrichshain-Kreuzberg, verbindet die beiden Ortsteile)

      Einer der frühen Ankläger der mit der Industrialisierung einsetzenden Umweltverschmutzung ist der Dichter und Sprachgelehrte Friedrich Rückert gewesen. 1841 von Erlangen an die Berliner Universität berufen, war der geniale Weltpoet, der aus 44 Sprachen übersetzen konnte, entsetzt darüber, wie es in der preußischen Hauptstadt stank, und fand dafür deutliche Worte:

      Der Spree ist’s weh;

      Sie kann sich nicht entschließen,

      In Berlin hineinzufließen,

      Wo die Gossen sich ergießen.

      Wer mag ihr verdenken?

      Sie möcht' lieber, wenn sie dürft’ , umlenken.

      Hindurch doch muss sie schwer beklommen;

      Sie kommt beim Oberbaum herein,

      Rein wie ein Schwan,

      Um wie ein Schwein,

      Beim Unterbaum herauszukommen.

      Oberbaum und Unterbaum dienten einst der Abwehr von Schmugglern. Damit auch die Schiffer ihre Waren ordnungsgemäß verzollten, versperrte man ihnen den Weg über die Spree mit eisenbeschlagenen Baumstämmen. Der Oberbaum versperrte im Südosten beim Eintritt des Flusses die Stadt, flussabwärts sein Pendant, der Unterbaum, im Nordwesten. Die stattliche Oberbaumbrücke erinnert heute noch an die alte Zollstation. Die Unterbaumbrücke befand sich auf der Höhe der jetzigen Friedrichsbrücke nahe des Tränenpalastes.

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      Oberbaumbrücke

      Friedrich Rückert muss man sich als unkonventionellen Menschen vorstellen. Selbst bei Hofe scherte er sich nicht um gesellschaftliche Gepflogenheiten, das bekam auch Friedrich IV. zu spüren, der seine Universität zur bedeutendsten Deutschlands machen wollte. Gerne schmückte der König seine Tafel mit seinen Gelehrten. Als auch Rückert – nolens volens – der Einladung folgte, flüsterte Alexander von Humboldt ihm zu, wo denn der Orden sei, mit dem ihn der König ausgezeichnet hatte. Rückert zuckte die Schultern und erwiderte, das Ordensband habe seiner Frau gefallen, er habe es abgeschnitten, damit es ihren neuen Hut ziere.

      Friedrich Rückert ist in Berlin nie recht heimisch geworden und war froh, 1848 in sein geliebtes Frankenland zurückzukehren. Eine steinerne Büste, die einst auf dem Kreuzberg stand, ist leider verschwunden, eine Rückertstraße in Charlottenburg erinnert noch an den frühen Grünen, außerdem existieren Autographen in der Staatsbibliothek.

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      Friedrich-Rückert-Denkmal, nicht in der Hauptstadt, dafür in Schweinfurt

      Oberbaumbrücke

      10243 Berlin

      16 Wohnhaus der Familie Froboess in den 1950er Jahren (Gesundbrunnen)

      Eigentlich hatte der Papa das Lied für die Schöneberger Sängerknaben komponiert. Eigentlich. Dann aber besuchte Gerhard Froboess in Begleitung seiner kleinen Tochter Cornelia das Studio von RIAS Berlin. Es war im Mai 1951. Der Sendeleiter, Hans Carste, schenkte der Kleinen eine Tafel Schokolade und wünschte sich dafür im freundlichen Onkelton ein Lied als Gegengabe. Spontan und unbeschwert, wie Conny nun mal war, fing sie sogleich an, drauflos zu trällern. Der Sendeleiter lachte und war begeistert. Daraus musste sich doch was machen lassen! Kurz darauf wurde das gerade mal sieben Jahre alte Mädchen in die Quizsendung Mach' mit eingeladen, Quizmaster war Hans Rosenthal. Ein Lied oder zwei? Warum nicht! Doch das Mikrofon war elend hoch, Conny musste auf einen Stuhl klettern. Dann fing sie an zu singen: O, diese Göre und Pack' die Badehose ein …

      Mit dem kleinen Schwesterlein nischt wie raus nach Wannsee! Die Reaktionen waren überwältigend, die Hörer begeistert. Das traf genau den Ton, Berliner Schnauze mit Herz. Sofort meldete sich auch die Plattenfirma bei ihrem Vater. Das war ja viel besser als die Aufnahme mit dem Chor! Da musste unbedingt eine Neuaufnahme her! In einer Kirche wurde der Schlager erneut eingespielt und brach sämtliche Rekorde. So früh zum Star zu werden, ist für viele Kinder eine große Hypothek. Cornelia Froboess aber stieg der Ruhm nicht zu Kopfe. Sie absolvierte erfolgreich eine Schauspielschule und wurde zu einer gefragten Darstellerin. Wie oft sie noch die Badehose einpackt und zum Wannsee hinausradelt, aber bleibt ihr Geheimnis. Vom Haus ihrer Kindheit in der Gottschalkstraße im Ortsteil Gesundbrunnen ist eine Radtour nach Wannsee keine unsportliche Leistung gewesen.

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      Wohnhaus der Familie Froboess, Gottschalkstraße 27

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      Conny Froboess als Kinderstar

      Wohnhaus der Familie Froboess in den 1950er Jahren

      Gottschalkstraße 27

      13359 Berlin

      17 Teufelssee im Grnewald (Grunewald)

      Über die Qualität der Berliner Backwaren gibt es höchst unterschiedliche Urteile. Gäste aus dem Frankenland, dem Land der Bäcker und Brauer, gehen manchmal recht kritisch mit der Berliner Backqualität ins Gericht. Umso erstaunter war ein fränkisches Pärchen, als es an einem heißen Sommertag mitten im Grunewald am Ufer des Teufelssees lag und ein fliegender Händler Brezeln anbot. Nur weil der Hunger groß war, entschloss man sich zum Kauf – und siehe da! – man wurde auf das Angenehmste überrascht. Warm, duftend, knusprig und dezent mit Salz bestreut, was will man mehr! Von überall strömten die Sonnenbadenden herbei, nackt, halbnackt oder in Textilien, und kauften dem Mann den Korb leer. Witzigerweise ist der Teufelssee ein Himmelsteich, ein Gewässer also, dass allein vom Regen gespeist wird. Unbedingt mal hinausradeln! Die Wasserqualität ist wunderbar, ebenso wie die Qualität der angebotenen Backwaren. Bitte jedoch beachten: Die Brezel nicht aus dem Auge lassen! Und auch nicht Ihr technisches Gerät. Bekanntlich treibt ein Wildschwein am Teufelssee sein Unwesen. Es ist nicht nur hungrig, sondern darüber hinaus auch äußerst bildungshungrig: