In den folgenden Abschnitten erkläre ich, wie Sie Ihre Audience-List mithilfe von Kategorien überarbeiten und so wichtige Audiences erkennen. Anhand eines Beispiels zeige ich Ihnen dann, wie Sie Ihre Liste zusammenstellen können.
Bestimmte Kategorien verwenden
Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Sie auch wirklich alle Menschen erfasst haben, erstellen Sie Ihre Audience-List mithilfe von Kategorien. So reduzieren Sie das Risiko, jemanden zu vergessen, wenn Sie die Liste Abteilung für Abteilung oder Gruppe für Gruppe durchgehen, anstatt zu versuchen, alle Einzelpersonen gleichzeitig zu identifizieren.
Die Realität nicht ignorieren, sondern sich mit ihr auseinandersetzen
Vor vielen Jahren traf ich eine Frau, die einige Monate zuvor an einem meiner Projektmanagementseminare teilgenommen hatte. Nachdem wir ein paar Belanglosigkeiten ausgetauscht hatten, erzählte sie mir, dass ihr mein Seminar sehr geholfen hatte und dass sie einige der vorgestellten Techniken bereits in der Praxis angewandt hatte. Allerdings hätte sie auch eine Audience-List aufgestellt und feststellen müssen, dass sie völlig nutzlos war.
Dann erklärte sie mir, was passiert war. Ihr Vorgesetzter hatte ihr ein Projekt übertragen, das innerhalb von zwei Monaten abgeschlossen werden sollte. Sie erinnerte sich an das Seminar und begann sofort, eine Audience-List aufzustellen. Zu ihrem Erschrecken enthielt die erste Liste mehr als 150 Namen! Wie, so fragte sie sich, sollte sie mehr als 150 Leute in ein zwei Monate dauerndes Projekt einbeziehen? Sie entschied, dass diese Liste völlig nutzlos war.
Tatsächlich hatte ihre Audience-List ihren Zweck vollkommen erfüllt. Offenbar war sie der Meinung gewesen, jede Person auf ihrer Liste wäre in irgendeiner Form von dem Erfolg ihres Projekts betroffen. Die Tatsache, dass sie diese Personen zu Beginn ihres Projekts ermittelt hatte, bot ihr drei Möglichkeiten:
Sie konnte planen, wie und wann sie die einzelnen Personen einbeziehen wollte.
Sie konnte abschätzen, ob sie mit den möglichen Konsequenzen leben konnte, wenn sie einige der Personen nicht miteinbezog.
Wenn sie das Gefühl hatte, keine der Personen auslassen zu können, hätte sie mit ihrem Vorgesetzten über eine Verlängerung des Projekts sprechen können.
Die Audience-List bestimmt nicht, wen Sie einbeziehen sollen, sondern klärt die Frage, welchen Nutzen und welche Kosten ein Projekt verursacht, und bestimmt, wen man einbezieht.
Beginnen Sie Ihre Audience-List, indem Sie, hierarchisch geordnet, die wichtigsten Unternehmensbereiche, aus denen Beteiligte kommen könnten, in Kategorien unterteilen. Dazu benutze ich meistens folgende Liste:
Intern: Personen und Personengruppen innerhalb des Unternehmens, beispielsweise:oberste Unternehmensführung: die Führungskräfte, die auf oberster Ebene für den Gesamtüberblick über die Unternehmenstätigkeit verantwortlich sindAuftraggeber: die Person, die die Idee für Ihr Projekt hatte, sowie sämtliche Personen, die den Auftrag für dieses Projekt weitergeleitet haben, bis er bei Ihnen ankam Projektmanager: die Person, die insgesamt für die erfolgreiche Durchführung des Projekts verantwortlich istTeammitglieder: die Personen, deren Arbeit direkt vom Projektmanager bestimmt wirdregelmäßig an Projekten beteiligte Personengruppen: Gruppen von Personen, die an den meisten Projekten in einem Unternehmen beteiligt sind, beispielsweise Mitarbeiter aus der Personalabteilung, aus der Finanzabteilung, dem Einkauf und der RechtsabteilungPersonengruppen, die nur für dieses Projekt benötigt werden: Gruppen oder Einzelpersonen mit besonderen Kenntnissen, die für dieses Projekt benötigt werden
Extern: Einzelpersonen und Personengruppen außerhalb Ihres Unternehmens, wie:Kunden oder Klienten: Personen oder Personengruppen, die die Produkte oder Dienstleistungen Ihres Unternehmens erwerbenKooperationspartner: Personengruppen oder andere Unternehmen, mit denen Sie gemeinsame Aufgaben für dieses Projekt durchführenZulieferer, Verkäufer und Auftragnehmer: Unternehmen, die Personal, materielle oder finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen, damit Sie Ihr Projekt durchführen könnenBehörden: öffentliche Stellen, die Vorschriften aufstellen, die für bestimmte Bereiche Ihres Projekts geltenFachverbände: Fachleute, die Ihr Projekt beeinflussen können oder besonderes Interesse an diesem Projekt habendie Öffentlichkeit: die kommunale, nationale und internationale Öffentlichkeit, die von Ihrem Projekt beeinflusst wird oder Interesse daran haben könnte
Die eigentlichen Anwender ermitteln
Eine internationale Bank hat viele Millionen Euro dafür ausgegeben, ihr gesamtes Informationssystem umzustrukturieren. Die Projektverantwortlichen arbeiteten eng mit den Verbindungsleuten in den europäischen Filialen zusammen, die die Interessen der Mitarbeiter vor Ort vertreten sollten – diejenigen, die später Daten in das Informationssystem eingeben und abrufen sollten. Als das System online ging, tauchte ein großes Problem auf: Über 90 Prozent der Bankangestellten in Europa sprachen kein Englisch, aber sämtliche Handbücher des Systems waren in Englisch verfasst. Das gesamte System war nicht zu gebrauchen!
Die Systementwickler hatten viel Zeit und Geld in die Arbeit mit den Kontaktpersonen investiert, um sicherzustellen, dass deren Interessen und Bedürfnisse bezüglich des Informationssystems erkannt und erfüllt wurden. Offenbar hatten die Kontaktpersonen ihre Rolle aber völlig falsch verstanden: Sie dachten, sie sollten Probleme identifizieren, die sie aus ihrer eigenen Erfahrung kannten, und nicht die Probleme der Bankangestellten vor Ort. Es stellte sich heraus, dass Englisch die Muttersprache aller Kontaktpersonen war und dass das Thema Sprache deshalb völlig übersehen worden war. Hätte man sowohl die Kontaktpersonen als auch die Mitarbeiter vor Ort auf die Liste gesetzt, hätte man vielleicht daran gedacht, die Belange der Mitarbeiter vor Ort mitzuberücksichtigen.
Sie können Ihre Audience-List weiterentwickeln, indem Sie so lange Gruppen oder Einzelpersonen innerhalb der einzelnen Kategorien ermitteln, bis sämtliche Beteiligten mit Namen und Positionsbezeichnung erfasst sind.
Bei der Aufstellung Ihrer Liste dürfen Sie auf keinen Fall folgende Personengruppen vergessen:
Supporter: Diese Leute sagen Ihnen nicht, was Sie tun sollen, sondern sie sind dazu da, Ihnen bei der Erreichung Ihrer Projektziele zu helfen. Wenn solche Supporter früh genug von Ihrem Projekt erfahren, können sie ihre Zeitplanung besser darauf ausrichten. Vielleicht können diese Personen Ihnen auch schon sagen, ob und inwieweit sie in der Lage sind, Ihnen zu helfen, oder ob die Abläufe, die ihnen unterstehen, Einfluss auf den Erfolg Ihres Projekts haben könnten. Zu solchen Gruppen gehören:ProduktionFinanzenHuman ResourcesInformationsabteilungRechtsabteilungEinkaufQualitätssicherungSicherheit
Anwender der Produkte, die in Ihrem Projekt entwickelt werden sollen: In manchen Fällen müssen Sie die Endverbraucher von Ihrer Liste streichen, weil Sie gar nicht wissen, wer die Endverbraucher sind. Manchmal könnte es aber sinnvoll sein, diese Personen miteinzubeziehen, indem Sie Stellvertreter auswählen, also Personen, die die Interessen der Endverbraucher vertreten.
Personen, die für die Wartung und Reparatur des Endprodukts zuständig sind: Diejenigen, die später den Service für Ihre Produkte übernehmen sollen, haben großen Einfluss auf den dauerhaften Erfolg Ihres Produkts über die Markteinführung hinaus. Wenn Sie sie schon während des Projekts einbeziehen, haben diese Personen die Möglichkeit, Vorschläge zu machen, wie man das Produkt wartungsfreundlicher gestalten kann. Außerdem geben Sie ihnen so die Gelegenheit, sich rechtzeitig mit den Produkten vertraut zu machen und zu prüfen, wie sie sie am besten in ihre bestehenden Wartungsarbeiten einbeziehen können.
Sie sollen die jährliche Blutspendeaktion in Ihrem Unternehmen organisieren. In Tabelle 3.1 sind einige der Personengruppen und Einzelpersonen aufgelistet, die Sie möglicherweise