Diana Schmid

Chill Work Pray


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eine ist die Orientierung ins Irdisch-Weltliche. Das andere die Orientierung und Hingabe zu Gott hin. Wir erkennen unseren eigenen Zwiespalt. Stehen mit beiden Beinen auf Gottes Erde – unsere Verpflichtungen erscheinen wie ein Sog, der uns hineinzieht. Dabei wollten wir dem Himmel doch so nahe sein. So ein Zwiespalt kann eine Zerreißprobe sein. Auf Erden ist so viel los. Wie auf einem Wimmelbild. Auch bei uns. Nur zu gut kennen wir die Verrichtungen im Haushalt, die im Gebet der Heiligen rund um die Töpfe und Pfannen aufgelistet sind. Eine richtige To-do-Liste ist das. Vielleicht ist es bei uns ja das Ein- und Ausräumen des Geschirrspülers statt die angebrannten Gemüsereste in Töpfen und Pfannen zu schrubben. Wie luxuriös – und doch kann es lästig erscheinen! Vielleicht hantieren wir mit Super-Mixern, um uns unser neuzeitliches Essen zuzubereiten. Oder auch mit leichten Akkusaugern oder wir lassen Staubsaugerroboter in unseren Zimmern herumflitzen, die für uns alles blitzeblank machen. Womöglich polieren wir unsere High Heels oder futuristischen Sneaker anstelle von gewöhnlichen schwarzen Schuhen.

      Doch eine Sache, die bleibt immer die gleiche: Dass wir uns Gott zuwenden wollen. Und das fällt uns allzu oft so verdammt schwer. Warum müssen wir immer darum ringen, dass wir Gott nicht in unserem Alltag verlieren? Ich glaube, weil wir in Systemen denken. Da gibt es einerseits unseren Alltag. Unsere Arbeit. Unsere Ehe und Partnerschaft. Unsere Familie. Unsere Hobbys. Und dann, klar, gibt es für uns als Christen auch noch Gott. Auch das noch. Noch was. Das kommt noch obendrauf – für uns als Christen. Wir denken scheinbar in Schubladen. Wenn wir putzen, dann putzen wir, dann ist schon keine Zeit für Gott da. Wo, bei all der Plackerei, bleibt noch Zeit für und mit Gott. Es kann womöglich wie eine Bedrohung, ein Zeitfresser oder Überlastungsfaktor wirken, dass wir noch Zeit für Gott freiräumen müssen, obwohl wir das aus tiefem Herzen ja wollen, gar keine Frage. Doch wieso nehmen wir Gott nicht mit in unser Leben hinein, durchwühlen mit ihm gemeinsam all unsere Lebensschubladen? Schaffen Ordnung mit ihm, vertrauen darauf, dass mit ihm tragende Systeme für uns entstehen dürfen. Also wenden wir uns ihm zu, einfach immer – immer wieder. Beim Staubsaugen können wir ihm sagen, was uns belastet. Beim Spülmaschineausräumen können wir ihm danken für Dinge, die sauber gelaufen sind. Beim Arrangieren unserer Schuhkollektion können wir darum beten, dass er unsere Wege begleiten möge, sobald wir in diesen Schuhen stecken. Jeder Knopf auf den Super-Mixer könnte ein „danke“ bedeuten. Vielleicht auch ein Turbo-Danke oder ein Refresh-Danke, je nach Tastenwahl. Immer wieder, wenn wir draufdrücken, könnte ein „Amen“ dahinterstehen für ein zuvor gesprochenes kurzes Anliegen. Lassen wir Gott in unseren Alltag hinein. Dann brauchen wir gar nicht immerzu Zeit für ihn freizuschaufeln, weil er schon mittendrin ist. Beim Putzen, Kochen, Essen, Abwaschen. Und beim Super-Smoothie-Zubereiten.

       Tetris-Technik – Lücken geschickt ausnutzen

      Also beim Tetris-Spielen sollte man eines tunlichst vermeiden: Lücken. Da heißt es auf Teufel komm raus sämtliche Lücken auszunutzen. Oft entstehen auch in unserem Alltag scheinbar unerwünschte Lücken. Einfach mittendrin. Die Pläne rattern im Kopf weiter. Unseren To-do-Listen hinken wir weit hinterher. Wir können nicht sofort mit dem weitermachen, was wir eigentlich vorhatten. So ein Mist, denkt nun der eine. So ein Segen, sagt sich der andere, und macht sich diese Lücke geschickt zunutze: Indem er einfach mal kurz in sich geht, sich zu Gott ausrichtet und betet. Das gibt Kraft. Das verbindet. Das intensiviert unsere Gemeinschaft mit Gott. Wir können unseren Alltag bereichern mit solchen Gebetszeiten. Ohne diese wäre ein Tag wohl eher löchrig, einem Lückenwerk gleich. Immer wieder wäre er ausgehöhlt und hätte diese Löcher drin. Mit Gebetszeiten versehen wird er zu einem Gebetswerk – welch ein wunderschönes Muster im Laufe eines Tages entstehen kann. Natürlich brauchen wir hier vielleicht etwas Übung. Wir müssen uns womöglich anfangs selbst einen kleinen Gebets-Schubs geben, damit wir die Lücken nutzen. Wie beim Tetris-Spielen heißt es dann: üben, weitermachen, dranbleiben, damit wir immer besser werden. Nun geht es beim Beten keineswegs darum, einen Highscore herauszuholen oder darum, ein Gebet in einer gewissen Spitzenzeit herunterzurattern. Wir wollen lernen, Freiräume geschickt zu nutzen und einüben, darin kurz zu beten. Denn es geht einfach immer und immer wieder darum, dass wir uns Gott zuwenden. Dass wir den Kontakt zu ihm suchen. Dass wir mit ihm reden – beten. Darum geht es. Das verlangt anfangs ein bisschen Training. Das ist normal. Wenn wir uns im Alltag entstehende Lücken fürs Gebets-Tetris zunutze machen, brauchen wir eine kleine Portion Flexibilität. Denn es ist nicht gesagt, dass nun unbedingt exakt ein ganzes Vaterunser in genau die Wartezeit passt, in der wir in der Postschlange stehen. Und während wir vielleicht noch ins Gebet versunken sind, kann sich in der Kassenschlange wie aus dem Nichts ein Ruck tun und wir sind plötzlich an der Reihe. Dann müssen wir in den weltlichen Modus zurückswitchen, unsere Äpfel, Nudeln, Kartoffeln & Co. vom Band hieven und schließlich noch bezahlen. Da ist es eher schwierig, seelenruhig zu Ende zu beten. Es wäre für uns und andere auch eher merkwürdig, wenn wir sagen würden: „Moment, ich reihe mich mal eben aus, denn ich muss noch zu Ende beten.“ Nein, wir bringen unseren Einkauf zu Ende. Beim Weg hinaus aus dem Geschäft können wir unser Gebet beenden oder uns vielmehr einfach immer wieder in den Gebetsstrom, in das Gespräch mit Gott, einklinken. Das kann für uns ein großartiger Normalzustand werden und muss nichts Komisches mehr an sich haben. Sind wir mutig und probieren das aus. Komisch mag es zunächst schon anmuten, ein Gebet abrupt abreißen zu lassen. Um ausgerechnet mit dem Weltlichen, dem Autotanken, dem Bezahlvorgang an der Kasse oder einer Überweisung am Automaten weiterzumachen. Doch noch komischer wäre das doch, wenn wir gar niemals die Zeit zum Beten finden würden. Wenn wir diesen Draht zu Gott gar nicht zum Glühen bringen würden. Beim Suchen und Warten auf den richtigen freien Moment einen solchen nicht finden würden. Dann bliebe alles leer. Welch tristes Muster! Viele ungenutzte Lücken. Wie eine Kraterlandschaft. Deshalb machen wir uns ab jetzt freie kurze Zeiten einfach zunutze.

       Top Ten der nervigsten Wartezeiten

      Wenn wir gedanklich den Schalter umlegen, können wir vielleicht künftig besser Ruhe bewahren und die Gunst der Warteminuten nutzen, um kurz ins Gebet zu gehen. So ein Moment des Sich-Sammelns, des Ausrichtens zu Gott hin, ist inmitten solch hitziger Situationen das einzig Wahre. Funktionieren wir einfach die Wartezeiten in kurze Gebetszeiten um, hier die Top Ten:

      •In der falschen Supermarktschlange stehen

      •Ampel springt auf Rot und will erst mal keinen Farbwechsel mehr zulassen

      •Am Telefon in der Warteschleife hängen

      •Die Leute vor uns am Ticketautomat checken einfach nicht, wie das geht

      •Die Person vor uns in der Bäckerschlange will anscheinend den Laden leerkaufen

      •Am Postschalter vor uns wickelt jemand umfangreiche Bankgeschäfte ab

      •Bahnschranke geht runter, der Vordermann kam noch gut durch

      •Jemand schnappt uns die Parklücke vor der Nase weg und wir kreiseln und kreiseln …

      •Beim Tanken geht nichts vorwärts

      •Werbeunterbrechungen während unserer Lieblingsserien

      Wenn wir bei solch nervigen Wartezeiten einfach den Switch hinkriegen und mal kurz einen Moment beten, ist das wunderbar. Damit sind wir auch im beruhigenden Bewusstsein, dass wir nicht so ärgerlich aus der Wäsche gucken müssen und dass sich unser Puls rasch wieder regulieren darf. Wir brauchen nicht aus der Haut zu fahren. Wir besinnen uns auf diesen Gebetsmoment – umgeben von stillstehenden Einkaufswagen, sturen Signalanlagen, nervigen Roboterstimmen, planlosen Automaten-Nicht-Checkern, leckeren Teilchen und Plundern, exzessiven Bankgeschäftebetreibern, plötzlichen Beschränkungen, biestigen Parklücken- und Tanksäulenbesetzern sowie Serien-Anhaltern.

       Ora et labora hier und heute

      Jetzt noch was zur Maxime „Ora et labora“ (bete und arbeite). Diese Maxime der Benediktiner wird vielerorts in Klöstern praktiziert. Wenn man als Gast ein Kloster besucht oder sich dort zu sogenannten Ora-et-labora-Tagen anmeldet, kann man das am eigenen Leib erfahren und miterleben. Manche Klöster bieten solche Tage für ihre Gäste an. Da kann man beispielsweise