Benedikt Grimmler

Wander-Geheimtipps Bregenzer Wald


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Problem – eines, das erstaunliche kreative Lösungsmöglichkeiten hervorbrachte. Zu den eher tristen Folgen gehörten die »Schwabenkinder«, Bauern, die ihre Kinder mindestens für die Sommermonate in die wohlhabenderen Gebiete Oberschwabens senden mussten, um sie dort Geld verdienen zu lassen. Doch die Bregenzerwälder zogen auch aus, um ganz andere Fähigkeiten unter Beweis zu stellen: Sie waren nämlich überaus begabte Künstler. Ohne die »Auer Zunft« ist das Barockzeitalter nicht denkbar, Meisterwerke der Baukunst von St. Gallen bis zur Birnau sind Bregenzerwälder Künstlern wie Architekten, Malern und Bildhauern zu verdanken. Der Wald selbst ist ohnehin ein Genuss für Architekturliebhaber. Holz ist natürlich das Baumaterial Nr. 1, und so entstanden die wunderschönen charakteristischen Wälderhäuser der vergangenen Jahrhunderte, aber auch insbesondere ganz moderne Bauten – hier ist es gelungen, zeitgenössische Architektur hervorragend mit der Tradition und Rücksicht auf die Landschaft zu vereinen.

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      Unterhalb des Lorenapasses reicht der Blick von Maltach bereits bis zum Bodensee.

      Zwei Punkte möchten wir noch herausheben. Die selbstbewussten Bregenzerwälderinnen haben wir schon erwähnt. Es ist wahrscheinlich geradezu charakteristisch, dass sie es sind, die noch immer ihre traditionelle Tracht, die Juppe, an Sonn- und Feiertagen mit Stolz tragen. Weit entfernt von Landzeitschriften- und Oktoberfestkitsch gehört auch für junge Mädchen die Ausstattung mit der eigenen Juppe einfach dazu. In Riefensberg kann man sich die Herstellung dieses Gewands vorzeigen und erklären lassen (s. Tour 8). Und dann ist da noch die Bewirtschaftung des Bregenzerwalds im Dreierrhythmus, seit Jahrhunderten die Arbeitszeiten, aber auch die Landschaft bis heute bestimmend. Im Winter wohnt die Familie mit ihrem oft nicht allzu großen Viehbestand natürlich auf dem Hof in einer der typischen Streusiedlungen um den Ortskern aus Kirche und Gemeindeamt. Im Frühjahr bis Juli aber geht es mit Sack, Pack und den Tieren auf die Vorsäß, um dort die Weiden zu nutzen, in eine Hütte auf gut 800–1200 Metern Höhe. Noch höher hinaus, auf die Alpe, zieht man dann im Hochsommer bis Mitte September, ehe es anschließend noch einmal für ein paar Wochen auf die Vorsäß geht, bis im Oktober dann das Leben im Dorf erneut beginnt. Der Bregenzerwald liefert noch heute über 50 Prozent der Vorarlberger Milch und Milchprodukte, darunter den ebenso legendären wie einfach nur unglaublich guten Bergkäse aus Heumilch.

      Wandern im Bregenzerwald

       Für Familien geeignet

      Dieser Hinweis am Ende unserer Tourencharakteristiken muss naturgemäß näher präzisiert werden. Er bedeutet nicht, dass es sich um einen Spaziergang handelt, sondern durchaus um anspruchsvolle Wanderungen mit den für unsere Region unvermeidlichen Anstiegen. Manche Tour sollte für Kinder womöglich von der Länge angepasst, sprich verkürzt werden, hier kann man sich am Text orientieren. Kinderwagentauglich ist keine der Strecken, besonders schwierige Abschnitte (lange An- und Abstiege, steile oder enge Pfade), die aber für Kinder zu bewältigen sind, werden mit »Für Familien mit Wandererfahrung« charakterisiert. Gibt es ein – wenn auch noch so kurzes – Wegstück an oder auf einer stärker befahrenen Landstraße, gilt die Tour als nicht familientauglich. Natürlich aber wissen Eltern ihre Kinder und deren Wanderfähigkeiten am besten einzuschätzen, sodass sie nach der Lektüre eigenständig entscheiden können, welche Touren sie mit ihren Sprösslingen in Angriff nehmen möchten.

       »Wir starten am …

      … Gemeindeamt.« Das werden Sie oft zu lesen bekommen. Die ersten Touren mit Beginn im Rheintal sind eine Ausnahme, aber im Bregenzerwald selbst mit seinen kleinen, weit verstreuten Dörfern sind das oft gut sichtbare Gemeindeamt oder die Kirche ebenso das natürliche Zentrum wie auch der geeignetste Ausgangspunkt, da dort für gewöhnlich immer eine Bushaltestelle zu finden ist. Der Bus ist das beste Verkehrsmittel im Bregenzerwald, das Netz hervorragend ausgebaut, Umstiege sind aufeinander abgestimmt, und die Strecken werden verlässlich und mit hoher Frequenz bedient – dies gilt auch für die abgelegeneren Ortschaften (s. Tippkasten). Da wir bei ein, zwei Touren die Grenze nach Deutschland überqueren, sollte man Ausweispapiere dabeihaben – der Grenzübertritt wird dann im »Tourencharakter« gesondert erwähnt. Unsere Touren sind durchnummeriert, doch es versteht sich von selbst, dass die Lese- nicht der Laufreihenfolge entsprechen muss. Je nachdem, wo der Ausgangsort ist, startet man nach Belieben, ob bei Tour 14 oder 25, und geht danach zu Tour 7 oder 22, wie es einem gefällt.

       Die Bregenzerwald-Gäste-Card

      Wer im Sommer länger als drei Tage mit Übernachtung im Bregenzerwald verbringt, erhält automatisch und kostenlos, meist im Tourismusbüro des Gemeindeamts, die Bregenzerwald-Gäste-Card. Damit lassen sich nicht nur die Busse der Region und einiger Nachbargebiete sowie die Bergbahnen und Freibäder gratis nutzen, es gibt zusätzlich auch zahlreiche Vergünstigungen bei Veranstaltungen und Museen (www.bregenzerwald.at/aktivitaet/bregenzerwald-gaeste-card).

       Wanderzeiten und Höhenmeter

      Die angegebenen Zeiten sind relativ großzügig bemessen, geübte Wanderer werden diese sicher des Öfteren unterschreiten. Es handelt sich dabei um reine Laufzeiten, d. h., berücksichtigt sind lediglich Pausen für eine kurze Rast oder den Aufenthalt etwa an einem Aussichtspunkt. Umgekehrt sind die Längen der einzelnen Touren so gestaltet, dass sie meist über ein paar Stunden nicht hinausgehen und leicht zu einem Tagesausflug mit ausgedehntem Aufenthalt in einer gemütlichen Einkehr, auf dem Spielplatz oder im Museum, einer Rast auf einem Berg oder bei einem Bad ausgeweitet werden können (und sollen).

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      Selbst hoch oben trifft man im Sommer noch immer auf Kühe.

       Wichtige Internetadressen

      ÖPNV: www.vmobil.at/ueber-vmobil/partner/landbus-bregenzerwald

      Tourismus: www.bregenzerwald.at

      Wetter: www.bergfex.at/sommer/bregenzerwald; www.wetter.at

      Die Angabe der Höhenmeter bezieht sich immer auf das Gesamtprofil (also den höchsten und den niedrigsten Punkt der Tour) und ist nicht aufaddiert – was folglich auch bedeuten kann, dass es z. B. mehrere Anstiege hintereinander von 250 Hm gibt. Gleichwohl sind auch die »schweren« Touren für einen geübten Freizeitwanderer gut zu bewältigen.

      Zu berücksichtigen sind gerade in den Bergen immer die Witterungsverhältnisse (s. Tippkasten) und der entsprechende Hinweis bei der Kurzcharakteristik der Strecke.

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      Eine Vorsäß – mit herrlichem Ausblick auf das Bregenzerwald-Panorama

       Schwierigkeitsgrade

      Die Einstufung von »leicht« bis »schwer« ist natürlich bis zu einem Punkt ebenfalls subjektiv – objektiv bemisst sie sich nach den An- und Abstiegen, der Wegbeschaffenheit