ein bisschen ratlos zusehen. Sie, wie die absolute Mehrzahl der Besucher des Landes, lassen es eher geruhsam angehen. Morgens an den Strand, nachmittags ein Kloster oder einen Wasserfall anschauen und dann aber schnell in irgendeine Altstadt ein Bier trinken. Oder, wenn die Sonne in der Adria versinkt, den gegrillten Tintenfisch mit einer Flasche Vranac hinunterspülen.
Klöster und Festungen
Erlebnis Kultur
Die Küstenregionen Montenegros waren über Jahrhunderte der Wanderpokal unter den Großmächten des Mediterrans, im Binnenland beharkten sich die Osmanen und die Orthodoxie. Es ging lebhaft zu im Siedlungsraum Montenegro, und das kann man auch sehen.
Die Römer waren auch schon da: Bodendekoration im antiken Ferienhäuschen.
Die Altstädte an der Adria
Die Juwelen in der montenegrinischen Küstenkette sind die Ensembles der Altstädte, die - kleinen Trutzburgen gleich - die historischen Schnittstellen von Land und Meer bereitstellten. Eine Sonderrolle spielt, schon wegen der einzigartigen Lage am Ende der langen Bucht, das ehedem märchenhaft reiche Kotor. Besonders in den fast 400 Jahren unter venezianischer Herrschaft mauserte sich die Kleinstadt am Fuß des Lovćen-Gebirges zu einem Schmuckkästchen der Renaissance. Verteidigt wurde Kotor vor allem gegen das Hinterland, davon zeugen die mächtigen Mauern, die sich 4,5 km den steilen Bergrücken hinaufziehen.
In Budva, auf einem vorgelagerten Felsen schon in der Antike ins Meer hineingebaut, ist das alles eine Nummer kleiner und wahrscheinlich deswegen auch putziger. Ganz im Süden schließlich prangt das alte Piratennest Ulcinj hoch über einer Bucht.
Ein Sonderfall ist die Insel Sv. Stefan - das war zwar bloß ein Fischernest, mit seiner einzigartigen Lage auf einer Insel im Meer vor den Paštrovići-Hügeln aber wahrscheinlich das Premium-Fotomotiv der montenegrinischen Adria.
Ruinen und Relikte
Ganz sicher trieben sich schon die alten Griechen an der östlichen Adria herum, davon lassen sich aber heute keine Spuren mehr finden. Von der römischen Herrschaft sind hingegen noch einige sehr anschauliche Überreste erhalten. Die Mosaiken in Risan in der Bucht von Kotor sind wahrscheinlich die bekanntesten, die Fundstätten von Duklija die bedeutendsten und größten.
Die eindrucksvollste Ruine Montenegros aber ist das Ensemble von Stari Bar oberhalb der Hafenstadt Bar. Vermutlich 2000 Jahre lang war der Ort besiedelt und wurde von allen möglichen Fremdherrschern immer wieder zerstört und neu aufgebaut, bis Ende des 19. Jh. nur noch eine verwunschene Geisterstadt übrig blieb.
Cetinje, die kleine alte Hauptstadt
Die politische Klasse des Landes besorgt ihr Geschäft heute in der weitgehend gesichtslosen Großstadt Podgorica, für den längsten Teil der Geschichte Montenegros und seiner Vorstaaten war der administrative Mittelpunkt Cetinje im Hinterland. Die Kleinstadt beherbergte diplomatischen Vertretungen aller europäischen Großmächte, was dem etwas verschlafenen Ort eine unerwartet internationale Facette ins Stadtbild geschliffen hat. Außerdem ist Cetinje mit seinen Museen und Akademien das künstlerische Zentrum Montenegros.
Die orthodoxen Klöster
Alle orthodoxen Klöster sind wichtig, manche noch wichtiger, die meisten sind aber die allerwichtigsten - die Hierarchie unter den mönchischen Niederlassungen im Land ist mir auch noch 20 Jahren immer noch unklar. Klar ist aber, dass die intellektuelle und spirituelle Geschichte des Landes ohne die über das ganze Land verstreuten orthodoxen Klöster völlig unvorstellbar wäre. In vorsichtiger Näherung wage ich zu behaupten, dass man die Reliquien des spektakulären Felsenklosters Ostrog, die berühmten Ikonen des Bischofssitzes in Cetinje und die ungeheuer malerisch in der Morača-Schlucht gebaute Anlage unter dem Dreifaltigkeitskreuz einfach einmal gesehen haben muss.
Das Erbe von Titos Partisanen
Der Raubtierkapitalismus Montenegros hat nur ein dünnes Fell, darunter schimmert bei näherer Betrachtung immer noch stark das blutrote Fleisch des Sozialismus. Hier ein fünfzackiger roter Stern, dort ein nur teilweise überwachsener Lobpreis auf den Staatsgründer Tito und Partisanendenkmäler in inflatorischer Menge. Die Ungetüme aus Spritz- und Waschbeton mögen oft von sehr zweifelhaftem künstlerischem Wert und von noch sehr viel mäßigerer handwerklicher Qualität sein, aber wer sich nicht völlig ignorant durchs Land bewegt, wird auch noch im kleinsten Bergdorf daran erinnert, dass der Sieg der Arbeiterklasse einst unmittelbar bevorstand. Noch viel mehr sind diese Relikte aber bitteres Zeugnis der brutalen Vehemenz und unfassbaren Grausamkeit der Auseinandersetzung zwischen Titos Partisanen und ihren verschiedenen Widersachern im Zweiten Weltkrieg: den deutschen und italienischen Besatzern Jugoslawiens, den königstreuen Tschetniks und den Milizen der faschistischen Ustascha.
Die Wundertüte
Erlebnis Natur
Montenegros Landschaften lassen sich prima mit Superlativen beschrieben, aber jenseits der Marktschreierei vom Tiefsten, Höchsten und Einzigen ist die Natur vor allem ungeheuer vielseitig und abwechslungsreich - bis auf Wüste und höchstalpine Todeszone ist so ziemlich alles dabei. Man kann schon auch bloß zum Planschen im Mittelmeer herkommen, aber dann verpasst man doch eine ganze Menge.
Wenn das kein Postkartenmotiv ist!
Die Bucht von Kotor
Der über 40 km tiefe Einschnitt in den dinarischen Rücken gleich hinter der Landesgrenze ist bestimmt die bekannteste Natursensation Montenegros. Ein auch nur vergleichbar großes natürliches Hafenbecken findet man sonst nirgends im gesamten Mittelmeerraum, schon einfach nur drum herumfahren ist ziemlich eindrucksvoll, noch majestätischer ist das Einschweben auf dem Seeweg. Die monumentale Dröhnung der Draufsicht auf die vier Becken der Bucht erschließt sich aber erst von den Höhen des Jeserski Vrh im darüber thronenden Lovćen-Gebirge. Eine runde im privaten Helikopter oder Jet ist bestimmt auch toll, habe ich aber mangels Fluggerät noch nicht ausprobiert.
Die Schluchten
Das häufigste Sujet der Crème der montenegrinischen Landschaftsmaler ist die Schlucht - die Nationalgalerie in Podgorica wirkt wie ein Katalog der tiefen Täler und wilden Flüsse. Prunkstück der Canyons ist die Schlucht der Tara ganz oben im Norden des Landes. Vom oberen Rand des engen Flusstals am Ćurevac beträgt die lichte Fallhöhe bis zum Bett der Tara über 1300 m, das ist der europäische Spitzenwert. Das sieht von oben schon ergreifend toll aus, noch großartiger entfaltet sich die geologische Sensation dann vom Wasser, und so gehört die Rafting-Tour auf der Tara auf jeden Reiseplan. Wem der Spitzenwert egal ist und wer und nicht unbedingt eine Fahrt im Gummiboot braucht: Auch Morača, Mrtvica und Piva haben sich eindrucksvoll tief in die Berglandschaft eingraben, der Preis für den spektakulärsten Canyon gebührt jedoch der superengen Komarnica.
Das Durmitor-Gebirge
Montenegro allgemein ziemlich hügelige Landschaft faltet sich am kräftigsten im Durmitor-Gebirgsstock in die Höhe. Ein halbes Hundert 2000er-Gipfel nimmt dort gerade einmal etwas mehr als die Grundfläche Münchens in Anspruch und hat trotzdem alles, was ein richtiges Gebirge braucht: schroffe Felswände, Hochalmen, Tieftäler, Schneefelder und ein paar Schluchten. Das sieht nicht nur endschick aus, sondern gibt Bergsportlern aller Couleur beste Bedingungen für ihre