noch zu spüren bekommen.«
»Ist dies Logghard, die Ewige Stadt?«, erkundigte sich Mythor.
»Ihr seid in Logghard – und auch wiederum nicht«, antwortete Gfeer. »Hier herrsche ich. Mein Wort ist Gesetz. Ich verlange, dass du mich freilässt und mir deine Ausrüstung übergibst.«
»Warum bist du darauf so erpicht?«, erkundigte sich Mythor. »Ich bezweifle, dass du damit umzugehen verstehst.«
»Darauf kommt es nicht an«, erwiderte Gfeer. »Diese Waffen sind Symbole der Macht. Ich will sie haben.«
Mythor wollte seine nächste Frage stellen, aber da kam ihm Luxon zuvor.
»Brauchst du die Waffen für dich selbst?«, fragte er. »Oder willst du sie für jemand anderen beschaffen?«
»Das geht euch nichts an«, antwortete Gfeer. Plötzlich richtete er sich auf. Seine Haare sträubten sich leicht, und seinen Körper durchlief ein Zittern. Er legte den Kopf schief, als lausche er. Dabei sagte er mit bebender Stimme: »Hört ihr? Sie kommen. Sie gehen wieder auf Jagd und werden ...«
Gfeer sprang mit einem Aufschrei auf die Beine und wollte davonstürzen. Mythor stellte sich ihm jedoch mit Alton entgegen.
»Hiergeblieben!«, rief er. »Zuerst sagst du uns, in wessen Auftrag du mir die Ausrüstung stehlen solltest!«
Gfeer zuckte zusammen, als die Spitze des Gläsernen Schwertes seine Brust ritzte. Sein Gesicht verzerrte sich, und er fletschte sein Raubtiergebiss. Er schien Angst zu haben.
»Ihr werdet mich nicht ...«, schrie er auf einmal. Und dann ergriff er mit beiden Klauen Alton an der Klinge, um es Mythor aus der Hand zu reißen. Aber er ließ das Schwert sofort wieder los, als hätte er sich daran verbrannt, und stürzte mit einem gellenden Schmerzensschrei zum Ausgang des Gewölbes.
Mythor hätte ihn mit einem Schlag des Gläsernen Schwertes niederstrecken können, aber es war nicht seine Art, einem Gegner in den Rücken zu fallen. Und so ließ er Gfeer fliehen.
Aber der Mabaser kam nicht weit. Kaum hatte er einen Schritt aus dem Gewölbe getan, da wurde sein krummer Körper erschüttert, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gerannt. Er drehte sich im Stand um seine eigene Achse und sackte dabei in sich zusammen. Als er eine halbe Drehung gemacht hatte, sah Mythor, dass aus seinem Körper die Schäfte von einem halben Dutzend Pfeilen ragten.
Hinter dem Mabaser tauchte eine Gruppe von Kriegern auf. In vorderster Linie standen die Bogenschützen, die bereits neue Pfeile eingespannt hatten.
»Ergebt euch!«, erklang eine herrische Männerstimme. »Im Namen des Erleuchteten und Größten aller Großen – streckt die Waffen. Ihr seid umzingelt.«
Mythor atmete auf. Er lächelte seinen Gefährten zu.
»Da haben wir ja Glück gehabt«, sagte er, »dass die Getreuen der Großen uns gefunden haben.«
»Findest du?«, meinte Sadagar zweifelnd. »Freundlich gesinnt scheinen sie uns nicht gerade zu sein.«
»Ergebt euch!«, kam von draußen wieder die Aufforderung. »Werft eure Waffen heraus und folgt mit erhobenen Händen. Wenn ihr diesem Befehl nicht Folge leistet, werden wir euer Versteck stürmen!«
»Ich werde dieses Missverständnis aufklären«, sagte Mythor zu seinen Gefährten.
Er nahm seine Waffen auf und begab sich in voller Ausrüstung zum Ausgang. Als er unter dem Torbogen auftauchte, richteten die Bogenschützen sofort ihre Pfeile auf ihn. Vor dem toten Mabaser blieb Mythor stehen, hob den Sonnenschild, dass alle ihn sehen konnten und hielt Alton mit gestrecktem Arm hoch.
»Seht, ich trage die Waffen des Lichtboten«, sagte er dann mit erhobener Stimme zu dem Kreis der etwa zwanzig Krieger, die ihre drohende Haltung beibehielten. »Ich bin Mythor, der Sohn des Kometen. Ich komme vom Drachensee. Der Stumme Große Flüsterhand hat mich mittels des Hohen Rufes aus den Ruinen von Erham hierher geschickt. Er sagte, dass die Großen von Logghard mich erwarten würden.«
Die Krieger senkten ihre Waffen nicht. Hinter den Bogenschützen tauchte einer auf, der mit Schild und Krummschwert gerüstet war. Sowohl auf seinem Brustpanzer wie auch auf dem Schild prangte das Symbol der roten Sonne, das Wappen des Shalladad.
»Spar dir deine Worte!«, rief der Krieger, der offenbar der Anführer war. »Streckt eure Waffen und ergebt euch!«
»Lass dich nicht darauf ein, Mythor«, raunte Sadagar aus dem Hintergrund. Und Luxon fügte hinzu: »Gib die Ausrüstung des Lichtboten nicht aus der Hand. Sie ist dein stärkster Trumpf!«
»Daran habe ich ohnehin keinen Augenblick lang gedacht«, sagte Mythor ebenso leise zurück. Lauter fuhr er fort: »Ich kann dieser Aufforderung nicht nachkommen. Wer bist du eigentlich, dass du so mit mir, dem Sohn des Kometen, sprichst!«
»Ich heiße Jemon und handle im Auftrag des Erleuchteten, des Größten Großen«, antwortete der Krieger.
»Wenn das wahr ist, dann müsstest du über mein Kommen unterrichtet sein«, sagte Mythor. »In diesem Fall erwarte ich von dir, mit dem nötigen Respekt behandelt zu werden. Andernfalls muss ich dich als Feind der Großen und der Lichtwelt betrachten.«
»Ich weiß nur, dass ein Mann erwartet wird, der die Waffen des Lichtboten mitbringt«, erklärte Jemon. »Wenn du derjenige bist, dann übergib mir deine Ausrüstung und lasse dich in den Tempel der Großen bringen, um dich ihrem Wahrspruch zu stellen.«
»Die Waffen des Lichtboten sind mein rechtmäßiger Besitz«, erklärte Mythor fest. »Ich werde mich nicht von ihnen trennen.«
»Dann willst du den Kampf?«, fragte Jemon herausfordernd.
»Ich will zu den Großen gebracht werden, aber in voller Ausrüstung«, erklärte Mythor fest. »Legst du mir allerdings Schwierigkeiten in den Weg, Jemon, dann will ich es auf einen Vergleich ankommen lassen – zwischen deinen Waffen und denen des Lichtboten.«
Jemon schwieg eine ganze Weile. Schließlich sagte er.
»Gut, ich werde dich, so wie du bist, zu den Großen bringen«, sagte er. »Aber ich muss auf einer starken Bewachung bestehen.«
»Ich betrachte deine Krieger als die dem Sohn des Kometen zustehende Eskorte«, erwiderte Mythor.
Sadagar klopfte ihm von hinten auf die Schulter, und Luxon meinte anerkennend:
»So ist es richtig. Als Sohn des Kometen musst du lernen, dich auch ohne den Gebrauch von Waffen durchzusetzen. Aber Jemons Verhalten gefällt mir trotzdem nicht. Ich möchte bloß wissen, was für ein Spiel die Großen treiben.«
»Mythor ist eben allseits unbeliebt«, meinte Hrobon verächtlich, während er den anderen aus dem Gewölbe folgte. Die Bogenschützen hatten auf ein Zeichen Jemons die Pfeile zurück in die Köcher gesteckt. Auch die anderen Krieger verstauten ihre Waffen, blieben jedoch wachsam.
Sie kamen zu dem freien Platz, über den sich die Brücken spannten. Dort standen Körbe, die an Seilen hingen. In diesen waren die Krieger nach unten gelangt. Nun bestiegen sie sie wieder zu zweit und zu dritt, wobei Mythor und seine Freunde voneinander getrennt wurden.
Mythor teilte einen Korb mit Jemon. Kaum hatten sie ihn bestiegen, zupfte der Krieger an einer Schnur, und der Korb glitt gleich darauf ruckweise nach oben. Jemon wich Mythors Blick aus. Sein Gesicht war ausdruckslos.
»Ich habe eine Frage an dich, Jemon, die du mir ruhigen Gewissens beantworten kannst«, sagte Mythor. »Sind wir hier in Logghard?«
»Wir gelangen nun erst zur Oberwelt und somit in die Ewige Stadt«, antwortete Jemon. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Wir sind zwar im Herzen von Logghard, aber der Dunkle Bezirk, aus dem wir kommen, ist eine Bastion der Mächte aus der Schattenzone. Es gibt mehrere solcher Dunklen Zonen in der Ewigen Stadt, die von Kreaturen wie den Mabasern besetzt sind. Sie machen uns sehr zu schaffen, aber wir können sie wenigstens im Zaum halten.« Er machte wieder eine Pause, blickte Mythor kurz an und sagte: »Wir können diese Gefahrenherde eindämmen und ihre Ausbreitung verhindern.