Robert Corvus

Perry Rhodan Neo 64: Herrin der Flotte


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Stellen Arkons. Man sagt, wer morgen in die höchsten Kreise aufsteigen will, sollte sich heute um eine Stabsposition bemühen. Oder, wenn er mehr riskieren muss, um ein Frontkommando.«

      Sie folgte da Gonozals Blick und versuchte, Arkon III mit seinen Augen zu sehen. Die Planetendrehung brachte Ark'Thektran ins Sichtfeld, das Zentralkommando der Flotte. Für einen kurzen Moment hatte Ihin den Eindruck, die gigantischen Außentürme reckten sich ins All wie die Fangarme eines stählernen Monstrums.

      Pertia ter Galen

      »Sie haben die Lage ungefähr so sehr im Griff wie ein an Zwergenwuchs leidender Kadett, der versucht, einen für einen Naat gedachten Kampfanzug auszufüllen.« Pertia ter Galen wusste, dass sie genau verstanden wurde, obwohl sie leise sprach.

      Veserk da Derems Aufmerksamkeit war ganz bei der Mascantin. Das Holo, das den Gouverneur von Arkon II bis zu den Schultern zeigte, schwebte über Pertias Schreibtisch. Hier studierte sie mit Vorliebe die Berichte ihrer Flotteneinheiten. Das bedeutete: aller Flotteneinheiten. Schließlich war sie die Oberbefehlshaberin der Flotte des Großen Imperiums. Was leider die Verantwortung einschloss, Gouverneuren deren Unfähigkeit bewusst zu machen.

      »Die Feindseligkeiten sind zum Erliegen gekommen«, behauptete da Derem. Die von einem weißen Haarkranz umrahmte Glatze schimmerte.

      »Für den Moment mag das zutreffen. Wobei mich erstaunt, dass Ihnen die Mehandor überhaupt Ärger gemacht haben. Werden Sie noch nicht einmal mit ein paar Chronnerzüchtern fertig?«

      »Die Beschränkung der Handelsprivilegien sorgt für Unmut.«

      »Tatsächlich?«, fragte sie scharf.

      Er zuckte zusammen. »Die Sippen fühlen sich ungerecht zurückgesetzt.«

      »Tun sie das? Und glauben Sie, das ist nur auf den Himmelsstädten um Arkon II der Fall?«

      »Vermutlich nicht.« Immerhin klang er jetzt kleinlaut.

      »Endlich etwas, bei dem wir einer Meinung sind. Die Mehandor jammern im gesamten Imperium, aber nur auf Arkon II bringen sie eine Himmelsstadt zum Absturz. Helfen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge: Wann ist so etwas das letzte Mal geschehen?«

      Die Aufregung ließ die Augen des Mannes tränen. »Noch nie.«

      »Aha. Ich bin also noch nicht senil. Obwohl Sie mich dafür zu halten scheinen.«

      »Was? Wie kommen Sie denn darauf? Ich würde mich nie erdreisten ...«

      Mit dem Ausstrecken der flachen Hand gebot sie Schweigen. »Wie viele Truppen muss ich noch nach Arkon II verlegen, damit dort Ruhe einkehrt?«

      »Keine mehr. Wir regeln das hier vor Ort.«

      »Ach so! Und ich dachte, eine Stadt aus Stahl sei auf Ihren Planeten gestürzt!«

      »Das ist richtig.«

      »Aber?«

      »Wir haben Notfallpläne.«

      »Wofür? Wie haben Sie sich auf eine Rebellion der Mehandor vorbereitet, die Sie durch stümperhafte Direktiven offensichtlich so gereizt haben, dass sie zu den Waffen greifen?«

      »Es gibt keine Rebellion. Das war nur eine Splittergruppe.«

      »Ich bin wirklich froh, dass ich Sie angerufen habe. Sonst käme ich tatsächlich auf die Idee, dass die Lage entgleitet. Ist Ihnen bekannt, was gerade auf Arkon I passiert?«

      Fragend sah er sie an. »Das Fest zur Rückkehr des Regenten müsste doch schon vorbei sein?«

      »Ja. Schade, dass Sie nicht kommen konnten, weil eine Stadt aus Ihrem Himmel gefallen ist. Das muss Ihnen gründlich den Tag verdorben haben.«

      »Ich gebe zu, dass das nicht hätte passieren dürfen, aber ...«

      Wieder schnitt sie ihm das Wort ab. Politiker durfte man nicht zu lange reden lassen. Ausflüchte waren ihr Terrain, dabei hatten sie Heimvorteil und konnten auch den klarsten Denker verwirren. »Es gab einen Zwischenfall an der She'Huhan-Grotte. Mit Toten. Ihre rebellischen Mehandor finden Nachahmer.«

      »Ich versichere Ihnen, dass es keine Rebellen mehr auf Arkon II gibt! Bald wird hier alles wieder seinen geregelten Gang gehen.«

      Pertia missfiel, dass der Mann eine Uniform trug. Er war kein Soldat. Aber da sie zumindest im Bildausschnitt keine Rangabzeichen erkennen konnte, ließ sie ihm diese Anmaßung durchgehen. Es wäre gut, wenn ihm die Uniform etwas mehr Autorität verliehe, die bei der Bewältigung der Katastrophe helfen mochte. Zumal deutlich wichtigere Aufgaben Pertias Aufmerksamkeit erforderten. Noch immer operierten einige Expeditionseinheiten außerhalb des Großen Imperiums, weil sie den Rückrufbefehl bisher nicht empfangen hatten. Noch immer befanden sich nicht alle Marginalwelten unter der Kontrolle der Flotte. Noch immer warteten Eingaben der Aras, die ihre Privilegien verteidigten, auf ihre Stellungnahme. Noch immer ...

      »Also gut«, bestimmte sie. »Ich werde mich vorerst wieder den anstehenden Truppenbewegungen widmen. Es wäre gut für Sie, wenn mir dabei keine Verlegungen nach Arkon II in die Quere kämen. Ich könnte sonst dem Regenten vorschlagen, mir mit einer permanenten Garnison künftige Belästigungen vom Hals zu halten.«

      »Das wagen Sie nicht!«

      Sie legte die Fingerspitzen aneinander, lehnte sich zurück und beobachtete da Derem. Das Tränen seiner Augen konkurrierte jetzt mit dem Bruch einer Wasserleitung.

      »Fragen Sie bei Gelegenheit auf einer der Marginalwelten nach, was ich alles wage«, flüsterte sie. »Wir bereiten uns auf einen Krieg vor, auch wenn das noch nicht jeder verstanden hat.«

      »Sie werden keinen Anlass zur Unzufriedenheit mehr haben, Mascantin«, versicherte er.

      »Enttäuschen Sie mich nicht.« Damit unterbrach sie die Verbindung.

      Pertia prüfte die zwischenzeitlich eingegangenen Nachrichten. Keine davon hatte ihr Adjutant als besonders dringlich gekennzeichnet. Also beschloss sie, sich nach dem unangenehmen Gespräch etwas Zeit für sich selbst zu gönnen.

      Sie verließ ihr Büro und schlenderte in den Wohnbereich. Der weiche Teppich knirschte unter ihren Füßen. In diesen Raum allein hätte die Unterkunft, die sie sich während ihrer Grundausbildung mit zwölf Kadetten geteilt hatte, zweimal gepasst. Große Holos verzierten die hellen Wände mit Ausblicken auf wilde Landschaften. Wälder, Meere, vor allem Berge.

      Mit der Garderobe im Ankleideraum hätte man den weiblichen Teil eines mittleren Hofstaats ausstaffieren können. Von prachtvollen Roben über Partykleider bis zu einem verführerischen Hauch von Nichts gab es hier alles, was die Kollektionen der letzten zehn Jahre an Spitzenleistungen hervorgebracht hatten. Pertia hatte nur eine Handvoll dieser Stücke anprobiert. Sie fühlte sich unwohl, wenn sie aussah wie eine Praline, zumal es niemand gab, von dem sie sich vernaschen lassen wollte. So wie jetzt trug sie meist Felduniformen mit ihrem Rangabzeichen, ohne die Orden, die sie sich verdient hatte.

      Sie ging an der Parade der Schneiderkunst und den Unmengen von Spiegeln vorbei zu der Ecke, die sie für ihre eigene Kleidung nutzte. Neben den Uniformen hingen dort auch zwei Dagoranzüge. Sie waren grau und schmucklos, aber so robust, dass sie nur alle zwei Jahre einen neuen brauchte, obwohl sie täglich trainierte. Routiniert wechselte sie die Kleidung. Die Uniform ließ sie zusammengefaltet auf dem Boden zurück, sie würde sie nachher wieder anziehen.

      Auf dem Weg zu ihrem Trainingsraum kam sie an ihrer Mitbewohnerin vorbei. Den Luxus dieser Wohnung gab es nur, um dieser Frau Freude zu bereiten. Wobei Atina Ulien inzwischen andere Vorlieben entwickelt hatte. Sie räkelte sich auf einer Formschaumliege. Ein moderner Fiktivspielhelm verbarg ihren Kopf. Bei diesem Gerät wurde garantiert, dass die Nanokontakte exakt dort ihre Position fanden, wo sie die stärkste Stimulation erreichten.

      Atinas Körper hatte dem von Pertia einmal so sehr geglichen wie bei einem eineiigen Zwilling. Inzwischen musste Firtak immer häufiger operieren, um seine Kreation mit dem Original synchron zu halten. Während Pertias Trainingsstand ihr gestattet hätte, jederzeit an einem Dagorturnier teilzunehmen, bewegte sich Atina so selten, dass