Susan Schwartz

Perry Rhodan Neo 117: Exodus der Liduuri


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Er lächelte kurz. »Wo soll ich anfangen? Aktuell bin ich auf Velcitna.« Das war der sonnennahe Kleinstplanet. Wepesch hatte die Idee gehabt, für eine ferne Zukunft vorzusorgen und auf Velcitna eine Art Zeitkapsel einzurichten. Hierzu war der Planet komplett ausgehöhlt worden, und der Hor hatte eine Raumschiffswerft darin eingerichtet. »Die Schiffe kommen gerade an und werden in die Werft gebracht.«

      Eine kleine liduurische Flotte sollte dort sozusagen für die Ewigkeit geparkt werden. Niemand wusste, ob die Liduuri die Allianz jemals würden besiegen können, um anschließend ins Soltsystem zur Neubesiedlung zurückzukehren. Aber falls es gelang, wollte der Hor den neuen Siedlern eine gewisse Erleichterung, eine technologische Basis für den Anfang verschafft haben.

      Der Rat hatte sich zunächst gegen Wepesch Tauis Vorschlag ausgesprochen, konnte dann aber dank Avandrinas Fürsprache und Argumentation überzeugt werden. Die Henut bot den Kompromiss an, dass zwar funktionsfähige, aber wegen ihrer veralteten Technik nicht mehr für den Einsatz gedachte Schiffe abgezogen werden sollten, auf die deshalb leicht verzichtet werden konnte.

      Diese Arbeit schien also demnächst abgeschlossen. »Das ist gut«, sagte sie. »Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Wir sind ein langlebiges Volk. Und ich hoffe sehr darauf, dass wir eines Tages heimkehren können. Dann können wir diese Schiffe für den Neuanfang und vor allem die erste Verteidigung des Systems nutzen.«

      »Vielleicht sogar wir beide?«, scherzte der Hor, doch sein Blick blieb ernst.

      »Und was bereitet dir Sorge?«, fuhr die Rätin fort, die ihn zu gut kannte, als dass ihr das entginge.

      »Vielleicht habe ich den Verursacher für die Verbreitung des Taalvirus gefunden«, antwortete Wepesch. »Die Bestien. Sie sind hier ... in der Galaxis. Sollten sie angreifen ... ausgerechnet jetzt ... ich weiß nicht, was ich dann tun soll. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein.«

      »Wir werden fort sein, bevor sie uns entdecken.« Avandrina sprach im Brustton der Überzeugung, um sie beide zu beruhigen. Das war ein Problem, mit dem sie sich nicht auch noch befassen konnte.

      »Die Flotte ist in ständiger Alarmbereitschaft, und ich muss mich auf die Wachsamkeit und schnelle Reaktion meiner Kommandeure verlassen, ich habe keine Wahl. Es darf jetzt nichts mehr geschehen, was die Ruyia stört.«

      Avandrina presste die Lippen zusammen. Was war denn noch übrig von dem mächtigen Reich der Liduuri? Die Allianz war unaufhaltsam auf dem Vormarsch und vernichtete eine Kolonialwelt nach der anderen. Die Ruyia war ein purer Akt der Verzweiflung. Die Liduuri hatten alles verloren, nun ging es nur noch ums nackte Überleben. Der Hutáat nannte es »Exodus«, doch es war in Wirklichkeit eine völlige Aufgabe des gesamten Reichs, eine panische Flucht, bei der sie nahezu alles zurücklassen mussten. Achantur war das neue verheißene Land, wohin sie nun zogen. Wo es kein Taal gab, sofern sie es nicht mit sich brachten ...

      Das Volk zu diesem Exodus zu bewegen, war eine sehr große Herausforderung, der sich der Hutáat seit Jahren intensiv widmete. In behutsamer Aufklärungsarbeit, in vielen Veröffentlichungen, Sendungen und persönlichen Ansprachen.

      Leider gab es einen Gegenspieler, der immer wieder Rückschläge verschuldete. Ein charismatischer Mann namens Ges di Verren war der Anführer einer »Gruppe des Widerstands«, wie sie sich bezeichneten, sie nannten sich auch »Kinder der Sterne«. Er trat in vielen Sendungen und an wichtigen Orten auf, um seine Reden zu schwingen – mit wachsendem Erfolg. Weil er gegen keine Gesetze verstieß, konnte man ihm seine Auftritte nicht verbieten und ihm nur verbal entgegentreten, doch Ges war ein hochbegabter Redner und hatte auf alles ein Gegenargument.

      Darum immerhin musste sich Wepesch nicht kümmern, stattdessen hielt Avandrina den Sektenführer, und als nichts anderes bezeichnete sie die Gruppierung, unter Beobachtung. Sie hatte mehrfach versucht, mit Ges zu reden, aber er war aalglatt und trat leider viel zu sympathisch auf, als dass sie einen Angriffspunkt gefunden hätte, und vor allem nahm er ihr selbst jegliche Angriffslust. Konnte sie sogar auf gewisse Weise einlullen.

      Von da an mied sie jede Begegnung mit ihm und beauftragte den Horissta Cenul di Tiarah, Leiter des Geheimdienstes, mit der »Akte Kinder der Sterne«.

      »Wir werden es schaffen, Wepesch«, sagte sie fest. »Bald geht es los.«

      »Ja. Mein Organisationsteam ist vollauf damit beschäftigt, die ganzen Schiffskontingente zusammenzustellen und Zeitpläne zu entwerfen, um den geordneten Abflug zu koordinieren. Umso schneller sind wir weg.«

      »Wie viele Leute sind damit befasst?«

      »Zwölf Hundertschaften, und sie arbeiten in überlappenden Schichten rund um die Uhr. Es geht ja nicht nur darum, dass jeder in Ruhe an Bord gehen und seinen Platz finden kann. Alle müssen zuvor aufwendige Prozeduren über sich ergehen lassen, damit wir das Virus nicht mit uns schleppen. Wenn alles gelingt, wie ich es mir vorstelle, ist das unser Meisterstück – großartiger als der gesamte Technikkram.« Seine Stimme klang stolz. »Meine Leute verstehen ihr Handwerk und setzen sich voll ein. Wir werden trotz der Vorkehrungen innerhalb weniger Wochen vollständig abziehen können.«

      Das Taalvirus war die verheerendste Waffe der Allianz und zerstörte nicht nur durch Halatium modifizierte Materialien und technische Konstruktionen, sondern befiel auch organische Wesen. Die Übertragung geschah durch Kontakt, über die Luft, einfach über jedes Medium, sehr schnell, sehr leicht. Die Sterberate infizierter Liduuri betrug einhundert Prozent. Es gab kein Serum.

      Am meisten betroffen von der Seuche war Liduur. Dort lebte der Großteil des liduurischen Volks, es war eine blühende, lebenswerte Welt. Zwangsläufig gab es dort die meisten Infektionen. Auf abgeschotteten Planeten wie Tiamur war es nicht schwierig, Schleusen und Scanner aufzustellen sowie höchste Hygienestandards einzuhalten. Aber wie sollte das auf einer frei begehbaren Welt möglich sein? Es bestand selbstverständlich eine Meldepflicht für die Erkrankung, schon bei den kleinsten Anzeichen oder Verdachtsmomenten. Seit der Exodus beschlossene Sache war, wurden Taal-Infizierte in abgeschottete Areale gebracht und behandelt. Sie ließen es fast ausnahmslos widerstandslos geschehen, weil die Infektion ohnehin das Todesurteil bedeutete und mit fortschreitender Erkrankung eine intensive Betreuung erforderlich wurde. Bei den meisten war es schon nach wenigen Wochen vorbei, andere quälten sich jahrelang, bis nacheinander die Organe und schließlich das Zentralnervensystem versagten. Es endete immer mit diesem grausamen Tod, egal wie lange der Krankheitsverlauf dauerte.

      Ständig waren spezielle Spürsonden unterwegs, die Wasser- und Luftzusammensetzung wurde permanent getestet, ebenso alle auf Halatium basierenden Maschinen. Das Risiko, dass auch nur ein einziges Virus in die neue Welt mitgeschleppt wurde, musste zu hundert Prozent ausgeschlossen werden.

      Die Planungen und Vorbereitungen für den Exodus liefen bereits seit dem ersten Beschluss vor neunzig Jahren. Daraufhin hatte die Suche nach einem geeigneten Planeten begonnen, bis Achantur gefunden worden war. Vor vier Monaten waren die ersten Schiffe dorthin aufgebrochen, um alles für die Ankunft der gesamten Flotte vorzubereiten.

      »Ich zweifle keinen Moment, dass dir der Zeitplan gelingt.« Sie lächelte ihn an, plötzlich getröstet. Wepesch stand nicht umsonst als Hor an der Spitze des Militärs. Er war unerschütterlich und schien immer zu wissen, was zu tun war. Hochbegabt in der Strategie, überdurchschnittlich intelligent und absolut loyal.

      »In meine Position kommt man«, hatte er einmal zu ihr gesagt, »wenn man in der Lage ist, blitzschnell Entscheidungen zu fällen. Und wenn diese auch noch richtig sind – umso besser.«

      Sein Blick wurde wärmer. »Ohne dich wäre all das nicht möglich gewesen. Ich allein hätte es nicht erreichen können.«

      »Rede keinen Unsinn.«

      »Du weißt, dass es stimmt, Avandrina. Es gibt keinen Grund zur Bescheidenheit. Und du musst mir glauben, ich wäre gerade jetzt nirgendwo lieber als bei dir.«

      Sie nickte. »Vielleicht findet sich ja demnächst eine Möglichkeit, uns wenigstens für ... ein paar Stunden zu treffen.«

      »Das werden wir schaffen. Ich verspreche es. Und derweil ...«, er wirkte plötzlich vergnügt, »kannst du mich immer sehen, wann du es willst.« Er öffnete einen