einem Vorsprung, nach einem Vorteil gegenüber ihren Trader-Kollegen. Wie Ritter beim Schwertkauf sind sie bereit, für ihre Trading-Tools ordentlich zu blechen. Kein Preis ist ihnen zu hoch, wenn sie dadurch eine Geldader anzapfen können.
Ein Zaubermethoden-Guru verkauft einen Satz neuer Schlüssel zu Börsengewinnen – Aktionslinien, Zyklen, Marktprofil und so weiter. Er kann anfänglich einen Vorteil bringen, aber sobald sich genug Menschen mit einer neuen Methode vertraut machen und sie an den Märkten ausprobieren, wird sie unweigerlich schlechter und verliert ihre Popularität wieder. Stets schleifen die Märkte den Vorsprung jeder Methode ab und etwas, das gestern noch funktioniert hat, funktioniert heute mit geringerer Wahrscheinlichkeit und in einem Jahr höchstwahrscheinlich gar nicht mehr.
Seltsamerweise verändern sich sogar in unserem Zeitalter der globalen Kommunikation Reputationen nur langsam. Ein Guru, dessen Image im eigenen Land ruiniert ist, kann damit Geld verdienen, seine Theorie im Ausland zu verhökern. Das hat mir einmal ein Guru erklärt, der seine spätere Popularität in Asien mit dem Schicksal verblasster amerikanischer Gesangs- und Filmstars verglich. In den Vereinigten Staaten können sie kein Publikum mehr anlocken, aber von Auftritten im Ausland können sie noch leben.
Tote Gurus
Die dritte Sorte von Börsengurus sind tote Gurus. Die Bücher eines toten Gurus werden neu aufgelegt, seine Börsenlehrgänge werden von neuen Generationen begieriger Trader unter die Lupe genommen und die Legende von den Großtaten und vom Reichtum des teuren dahingeschiedenen Analysten wächst posthum heran. Der tote Guru weilt nicht mehr unter uns und kann aus seinem Ruhm keinen Nutzen mehr ziehen. Nun profitieren andere Werber von seiner Reputation und seinem abgelaufenen Copyright. Einer dieser dahingeschiedenen Gurus ist R. N. Elliott, aber das beste Beispiel für solche Legenden ist W. D. Gann.
Diverse Abstauber verkaufen „Gann-Kurse“ und „Gann-Software“. Sie behaupten, Gann sei einer der besten Trader, die je gelebt haben, er habe 50 Millionen Dollar hinterlassen und so weiter. Ich habe mit W. D. Ganns Sohn gesprochen, der bei einer Bostoner Bank als Analyst arbeitet. Er berichtete mir, sein berühmter Vater habe seine Familie nicht durch das Traden ernähren können, sondern habe sein Geld mit dem Verfassen und Verkaufen von Lehrgängen verdient. Er konnte sich keine Sekretärin leisten und ließ daher seinen Sohn für sich arbeiten. Als W. D. Gann in den 1950er-Jahren verstarb, wurde sein Nachlass einschließlich seines Hauses auf etwas über 100.000 Dollar taxiert. Die Legende von W. D. Gann als Gigant des Tradings wird von denjenigen am Leben erhalten, die ihren leichtgläubigen Kunden Kurse und andere Kultartikel verkaufen.
Die Jünger von Gurus
Ein Guru muss ein paar Jahre lang eigenes Forschungsmaterial produzieren und dann das Glück haben, dass der Markt auf seinen Kurs einschwenkt. Manche Gurus sind tot und bei den lebenden reicht das Spektrum von ernsthaften Wissenschaftlern bis hin zu großartigen Schaustellern. Als Lektüre über Skandale im Zusammenhang mit vielen Gurus empfehle ich „Winner Take All“ von William R. Gallacher.
Wenn man einem Guru Geld bezahlt, rechnet man damit, dafür mehr zurückzubekommen, als man ausgegeben hat. Damit benimmt man sich wie jemand, der an der Straßenecke gegen einen Hütchenspieler wettet und hofft, er werde mehr gewinnen, als er auf die umgedrehte Kiste gelegt hat. Einen solchen Köder schlucken nur Unwissende und Gierige.
Manche Menschen wenden sich auf der Suche nach einer starken Führungspersönlichkeit einem Guru zu. Sie suchen nach einem allwissenden Ernährer, einer Art Elternfigur. Ein Freund hat es einmal so formuliert: „Die laufen mit ihrer Nabelschnur in der Hand durch die Gegend und suchen eine Stelle, an der sie sie einstöpseln können.“ Ein schlauer Verkäufer bietet eine solche Anschlussmöglichkeit gegen eine Gebühr an.
Die Allgemeinheit will Gurus und es werden neue Gurus kommen. Als intelligenter Trader muss einem klar sein, dass einen auf lange Sicht kein Guru reich macht. Daran muss man schon selbst arbeiten.
Manchmal stellt mich, wenn ich einen Vortrag halte oder im Fernsehen auftrete, jemand als „berühmten Guru“ vor. Bei diesem Worten zucke ich zusammen und unterbreche die Vorstellung. Ein Guru ist jemand, der behauptet, er werde die Menschenmengen gegen eine Spende durch die Wüste führen. Bei mir gibt es keine solchen Anpreisungen!
Ich fange immer damit an, zu erklären, dass es keine magischen Methoden gibt und dass das Gebiet des Tradings ebenso riesig und vielfältig ist wie das der Medizin, wo man sich ein Fachgebiet aussuchen und hart arbeiten muss, um darin gut zu werden. Vor langer Zeit habe ich mich für meinen Weg entschieden und wenn ich vor den Kursteilnehmern stehe, denke ich im Grunde einfach laut; so vermittle ich meine Researchmethoden und meine Entscheidungsprozesse.
Mit offenen Augen traden
Wunschdenken ist stärker als Geld. Neuere Forschungen belegen, dass die Menschen eine erstaunliche Fähigkeit besitzen, sich selbst zu belügen und vor der Wahrheit die Augen zu verschließen.
Dan Ariely, Professor an der Duke University, beschreibt ein kluges Experiment: Einer Gruppe von Menschen wird ein Intelligenztest ausgehändigt, aber der Hälfte von ihnen wird „zufällig“ ein Blatt mit Lösungen vorgelegt, sodass sie die richtigen Antworten nachlesen können, bevor sie sie eintragen. Es versteht sich von selbst, dass sie mehr Punkte erzielen als die anderen. Dann werden alle gebeten, ihre Punktzahl beim nächsten Intelligenztest vorherzusagen, bei dem es natürlich keinerlei Spickzettel geben wird – und diejenigen, die eine korrekte Prognose abgeben, sollen dafür Geld bekommen. Überraschenderweise sagte diejenige Hälfte der Gruppe, die dank der Spickzettel besser abgeschnitten hatte, auch für den nächsten Test bessere Ergebnisse voraus. Die Schummler wollten glauben, sie seien sehr klug, obwohl ihre falschen Vorhersagen sie Geld kosten würden.
Ein erfolgreicher Trader kann sich kein Wunschdenken leisten – er muss realistisch sein. An den Märkten gibt es keine Spickzettel – man sieht die Wahrheit in seinen Trading-Tagebüchern und in seinen Kapitalkurven.
Um an den Märkten zu gewinnen, muss man drei wesentliche Komponenten des Tradings beherrschen: robuste Psychologie, ein logisches Handelssystem und einen wirkungsvollen Risikomanagement-Plan. Sie sind wie die drei Beine eines Hockers – nimmt man eines weg, fällt der Hocker um. Sich ausschließlich auf Indikatoren und Handelssysteme zu konzentrieren ist ein typischer Anfängerfehler.
Man muss analysieren, wie man sich beim Traden fühlt, um zu gewährleisten, dass die Entscheidungen, die man trifft, solide sind. Die Trades müssen auf klar festgelegten Regeln beruhen. Man muss sein Money-Management so strukturieren, dass einen eine Verluststrähne nicht aus dem Spiel katapultiert.
Trading ist sein sehr schweres Spiel. Ein Trader, der gewinnen und auf lange Sicht erfolgreich bleiben will, muss äußerst ernsthaft an sein Handwerk herangehen. Er kann es sich nicht leisten, naiv zu sein oder anhand einer verborgenen psychologischen Agenda zu handeln.
Unglücklicherweise reizt das Trading häufig impulsive Menschen, Glücksspieler und Menschen, die der Meinung sind, die Welt schulde ihnen ihren Lebensunterhalt. Wenn man des Nervenkitzels wegen tradet, geht man unweigerlich Trades mit schlechten Chancen sowie unnötige Risiken ein. Die Märkte sind gnadenlos und emotionales Trading führt immer zu Verlusten.
Glücksspiel
Wenn man auf Glücks- oder Geschicklichkeitsspiele setzt, ist das Spekulation. Glücksspiele gibt es in allen Gesellschaften und die meisten Menschen haben in ihrem Leben schon einmal gespielt.
Freud war überzeugt, das Glücksspiel übe einen universellen Reiz aus, weil es ein Ersatz für die Masturbation sei. Die repetitive und aufregende Aktivität der Hände, der unwiderstehliche Drang, die Vorsätze,