Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)


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geben schnell auf, dort zu wohnen. Es ist noch gefährlicher als überall sonst. Hin und wieder muss man allerdings zurückkehren – nur im Dorf wird Nahrung angeliefert. Die einzige Alternative ist, auf die Jagd zu gehen und eine dieser Bestien zu erledigen.« Er deutete angewidert auf den Kadaver. »Das Problem ist, dass viele genetisch verändert sind. Ihr Fleisch ist nahezu ungenießbar.«

      »Wo finde ich das Dorf?«

      Agalor lächelte, und seine Augen wirkten lebendiger als zuvor. »Wir sind alle dort angekommen und kennen es deshalb. Du nicht.«

      »Nein.«

      »Wie bist du in die Ausweglose Straße gekommen?«

      Sie zögerte. Was sollte sie tun?

      »Geh nicht darauf ein«, forderte Cyprian via Funk. »Er darf nichts erfahren. Wir dürfen ihm nicht helfen.«

      Sie durften nicht. Aber sie mussten. Nur wie? »Ich kann es dir nicht sagen.«

      »Ich verstehe. Vielleicht hättest du mich in dem Felsspalt sterben lassen sollen.«

      »Ich komme zurück. Wir befreien euch alle.« Fast erwartete sie Widerspruch, doch die beiden Agenten schwiegen.

      Agalor sagte ihr, in welcher Richtung das Dorf lag.

      Sie verabschiedeten sich, und Giuna flog los.

      Als Agalor weit genug entfernt war, schaltete sie den Deflektorschirm ein. Cyprian und Kondayk schlossen sich ihr an.

      *

      »Die Nahrungsausgabe«, sagte Giuna. »Warum haben wir nicht daran gedacht?«

      »Natürlich haben wir das«, widersprach Cyprian. »Aber wir wussten nicht genug. Es gibt nur an einer Stelle Nahrungsmittel ... gut. Nach dieser Information steht fest, was wir tun müssen. Vorher ...«

      »Schon klar«, unterbrach sie. »Glaubt ihr, Agalor hat recht und die anderen Gefangenen werden versuchen, an meinen Schutzanzug zu kommen?«

      »Es ist nicht von der Hand zu weisen«, sagte Kondayk-A1. »Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns in einer Strafanstalt der Cairaner befinden. Viele sind wohl zu Unrecht inhaftiert. Aber die Gefangenen ... nun, sie gehören nicht unbedingt zu den Guten.«

      »Findest du es etwa richtig, ihnen das hier anzutun?«

      »Das habe ich nicht gesagt. Doch wo ein paar Dutzend zusammenleben, könnte es für dich gefährlich werden.«

      »Was soll ich tun?«

      »Du landest vor dem Dorf, legst den Schutzanzug ab und spazierst rein«, sagte Cyprian. »Du trittst als eine von ihnen auf, mit dem Unterschied, dass wir dich aus der Unsichtbarkeit heraus beschützen. Du suchst nach Lanko und nach Informationen über den Vital-Suppressor.

      Beim geringsten Anzeichen, dass bereits Cairaner gekommen sind, um dich zu jagen, holen wir dich raus und fliehen. Wir beobachten alles und finden einen Ort, an den wir uns zurückziehen können. Sobald Kondayk und ich die Gesamtlage so einschätzen, dass wir den Einsatz abbrechen müssen, werden wir das tun. Oder es zumindest versuchen. Ohne Diskussion, und egal, ob du Lanko gefunden hast. Wir wissen, wo der Transmitter steht, der uns theoretisch die Flucht ermöglicht. Verstanden?«

      »Schon, aber es gibt einen Punkt, den ich nicht verstehe.«

      Cyprian fixierte sie mit einem starren Blick.

      »Wieso giltst du als maulfaul? Die Rede eben ...«

      Er verdrehte die Augen »Als Buchhalter spiele ich eine Rolle. Noch etwas?«

      Giuna versuchte zu grinsen. »Nein. Alles gut.«

      Nur, dass in Wirklichkeit nichts gut war. Sie war müde und antriebslos, und sie musste ständig gegen die Frage ankämpfen, weshalb sie nicht einfach aufgab.

      Lanko? – Wahrscheinlich längst tot.

      Die anderen Gefangenen? – Verbrecher.

      Die Cairaner? – Selbst wenn sie die Ausweglose Straße zerstörten, war es nur ein Mückenstich für den Friedensbund.

      »Lügen«, flüsterte Giuna. All das waren Lügen, die aus ihrem erschöpften, entmutigten Bewusstsein kamen, aus ihrer vom Vital-Suppressor beeinflussten Seele.

      Sie überschlug die Zeit, die sie bereits in diesem Gefängnis verbracht hatte. Ein paar Stunden höchstens, bis sie es nicht mehr ertrüge.

      Wie ginge es ihr erst ohne ihren technischen Schutz? Hätte sie die Attacke durch das Raubtier und das künstliche Erdbeben überstanden? Würde sie überhaupt noch leben? Und wie mussten sich all die Gefangenen fühlen, die seit Wochen und Monaten an diesem Ort lebten?

      In der Ferne sah sie die Gebäude des Dorfes, gedrungene Hütten aus Metall. Eine davon hatte sie in den Holodaten betrachtet – beim Angriff des Okrills.

      Ob Lanko tatsächlich dort war?

      Wie hatte Agalor gesagt? Er könnte zu den Narren gehören, die sich darin verschanzen wollen. Neulinge halten oft an falschen Hoffnungen fest.

      Es würde zu Lanko passen, nicht aufzugeben, selbst unter dem Einfluss des Vital-Suppressors. Sogar, wenn andere ihn deswegen für verrückt hielten.

      Sie landeten, nach wie vor unsichtbar.

      »Ziehen wir es durch?«, fragte sie.

      Kondayk-A1 legte ihr seine wuchtige Hand auf die Schulter. »Hast du Zweifel?«

      »Nein.« Sie wusste selbst nicht, ob sie log oder nur gegen die Wirkung des Suppressors aufbegehrte.

      »Wir sind bei dir«, stellte der Barniter klar. »Immer.«

      Giuna stieg aus dem Schutzanzug. Darunter trug sie einen schlichten grauen Einteiler.

      Sie ging auf das Dorf zu und kam sich verlorener vor als je zuvor. So, als ob sie hilflos und freiwillig in den Tod spazierte. Was die Situation eigentlich hervorragend beschrieb.

      Als sie die ersten Hütten erreichte, veränderte sich plötzlich alles.

      *

      Neben dem Ring, wo bislang diffus-düsterer Nebel gehangen hatte, ging der Blick plötzlich hinaus ins All.

      Eine unendliche Weite tat sich auf, erhabene, wunderbare Schwärze, in der Milliarden ferne Sonnen glitzerten.

      Doch etwas schob sich davor: ein gewaltiges weißes Ding, ein Koloss mitten im All, in dem sich die Unzahl der Sterne spiegelte.

      Ein Ring, dessen Hohlraum zur Hälfte eine rot leuchtende Kugel ausfüllte, gehalten von einigen Metallstreben.

      Wie ein Auge, das sie anstarrte.

      Sie und alle Gefangenen der Ausweglosen Straße.

      Ein kilometergroßer cairanischer Augenraumer.

      Eine Stimme dröhnte aus verborgenen Akustikfeldern. »Es gibt einen Eindringling in die Ausweglose Straße. Wir erweisen dir die Gnade, dass du dich stellen darfst. Ansonsten werden wir dich töten. Dich und jeden, der uns im Weg steht.«

      Giuna fühlte, wie sich ein Dutzend weiterer echter, organischer Augen auf sie richtete. Dann Hunderte. Sämtliche Gefangene im Dorf liefen zusammen, starrten sie an.

      »Der Gefahrengrad der Ausweglosen Straße wird verdoppelt, bis der Eindringling sich stellt. Die Nahrungsmittelzuteilung ist hiermit halbiert. Wir fordern alle Häftlinge zur Mitarbeit auf.«

      Die Gesichter der Wesen, die sie anstarrten, veränderten sich. Von Verblüffung, vielleicht Erstaunen oder sogar Bewunderung, bis hin zu Hass.

      Giuna wollte umkehren.

      »Hier!«, wurde ein Schrei laut, dann ein ganzer Chor, getragen von Angst. »Hier ist sie!«

      Giunas Beine waren wie versteinert. Aber sie musste rennen.

      Fliehen.

      Nun bist du also tatsächlich auf der Ausweglosen