Hand sowie einigen weiteren kleineren Pflegedienstleistern im Non-Profit-Sektor (Simsa et al. 2004).
Zielgruppe der Untersuchung waren Personen ab dem 60. Lebensjahr mit Pflege- und Betreuungsbedarf, die in ihrer eigenen Häuslichkeit wohnhaft waren und im Untersuchungszeitraum in der ambulanten Pflege und Betreuung im Pilotprojekt versorgt wurden. In den Bezirken Braunau, Kirchdorf/Krems, Wels und Perg wurde Primary Nursing implementiert. Diese Bezirke wurden mit drei Bezirken mit herkömmlicher Pflegeorganisation mit Bezirks- oder Tourenpflege verglichen.
Als herausfordernd sollte sich die Tatsache erweisen, dass bislang in Österreich noch kaum pflegerische Routinedaten in elektronischer Form in der ambulanten Pflege erhoben werden. Die notwendigen Daten müssen in einem separaten Erhebungsverfahren erhoben und dokumentiert werden. Damit könnten sich Probleme mit dem Datenrücklauf sowie ein erhöhter organisatorischer Aufwand ergeben. Erwartet wird durch Primary Nursing ein höherer pflegerischer Outcome aufgrund der Transparenz für die Verantwortung für den Pflegeprozess als pflegerische Kernkompetenz gemäß § 14 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Die möglicherweise höheren Kosten für diplomiertes Pflegepersonal müssen in einem positiven Verhältnis zum Outcome stehen.
Es braucht Denk- und Handlungsansätze, die eine Weiterentwicklung der geriatrischen pflegerischen Langzeitversorgung ermöglichen und die auch eine Überprüfung der Wirksamkeit erlauben. Tendenziell sind in den letzten Jahren nicht mehr ausschließlich Kostenaspekte ausschlaggebend. Vielmehr rücken Wirksamkeitsparameter auch in Österreich in den Blickwinkel der Betrachter (Merz-Staerkle et al. 2013; Rothgang 2018 online). Es zeigt sich trotz aller Komplexität der Gesundheitsversorgung, deren Bestandteil auch die ambulante Langzeitpflege ist, wie unmittelbar sich die Veränderung von Rahmenbedingungen auf die Menschen im Einzelnen auswirkt (Ostermann 2017). Wirtschaftlichkeit in der Pflege darf nicht als Gegensatz zu Qualität und Wirksamkeit verstanden werden. Effizienz erzielen zu wollen, darf sich nicht zwangsläufig nur auf Kosten- oder Ausgabensenkung beschränken. Vielmehr sollen Prozesse und Abläufe unter die Lupe genommen werden, um vorhandene Ressourcen so einzusetzen, dass sich der Wert und die Qualität der Pflege für pflegebedürftige Menschen optimieren lässt (Haber 2017).
1.2 Inhalt der Studie
Einleitend erfolgt eine erste Annäherung an das Arbeitsfeld der ambulanten Langzeitpflege und Betreuung in OÖ mit Erkenntnisinteresse für pflegeökonomische Aspekte. Neben der Erklärung der methodischen Herangehensweise wird das Ziel der wissenschaftlichen Abhandlung formuliert. Die Abgrenzung des Themenfeldes und eine Begriffsklärung schließen das erste Kapitel ab.
Der Hauptteil gliedert sich in einen Theorieblock und in einen empirischen Teil. Im ersten Block erfolgt ein Problemaufriss über die gesundheitlichen Auswirkungen des Alterungsprozesses der Bevölkerung und dem damit verbundenen Bedarf an formeller Pflegeleistung in Verbindung mit gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Langzeitpflege und den Pflegeberuf betreffen.
Neben der Betrachtung von Alter und Pflegebedürftigkeit in Bezug auf die Gesellschaft und den Pflegeberuf leiten die Erläuterung des Effizienzbegriffes und der Bedeutung des ökonomischen Handelns im noch jungen Forschungs- und Praxisfeld der Pflegeökonomie als Teilbereich der Gesundheitsökonomie und gleichzeitig als Schnittmenge von Pflegewissenschaft und Pflegemanagement auf die Problematik der Darstellbarkeit von pflegerischer Wirksamkeit (Nursing Outcomes) über.
Anhand pflegerischer Qualitätsindikatoren wird versucht, neben Struktur- und Prozesskriterien auch Ergebniskriterien für die Pflege festzumachen. Hierbei erfolgt ein Rückgriff auf den Pflegeprozess als Grundlage der professionellen Pflege für eine wirksame pflegerische Versorgungspraxis. In diesem Kontext spannt der Untersuchungsgegenstand Primary Nursing inhaltlich mit dem Kernaspekt der Übernahme der Gesamtverantwortung für den Pflegeprozess den Bogen vom theoretischen Hintergrund hinüber in die Pflegepraxis. Anhand einer Literaturanalyse wird der aktuelle Forschungsstand zur Wirksamkeit und der ökonomischen Evaluation von Pflegesystemen in der mobilen Pflegepraxis aufgearbeitet. Konkrete Forschungsfragen werden aus dem Forschungsstand abgeleitet.
Die Forschungsmethode, die Begründung des Studiendesigns sowie die Durchführung der Studie nehmen den Hauptteil des empirischen Teiles der Dissertation ein. Neben der Methodik werden die primären Outcomes sowie die zu erhebenden Variablen und Erhebungsinstrumente beschrieben. Es erfolgt eine Beschreibung der Stichprobe, des Vorgehens bei der Datenerhebung, der Datenauswertung und der qualitätssichernden Maßnahmen. In der Studienplanung wurde besonderer Wert darauf gelegt, den Unsicherheiten von evidenzbasierten Studien zu begegnen. Dem Forschungsvorhaben wurden als Qualitätskriterium in weiten Teilen die empfohlenen Schlüsselkriterien für »home-based health promotion studies« des British National Institute for Health zugrunde gelegt (Tappenden et al. 2012). Weiter werden grundlegende Methoden der gesundheitsökonomischen Evaluation vorgestellt, für deren Durchführung die Daten miterhoben wurden. Relevante statistische Auswertungsmethoden leitet über auf die Ergebnisdarstellung.
Im Ergebnisteil in Kapitel 4 werden die Untersuchungsergebnisse der Studie vorgestellt und die Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen im 12-Monats-Follow-Up herausgearbeitet. Im letzten Kapitel werden die Studienergebnisse interpretiert und die Limitationen als auch die Stärken erläutert. Ein Ausblick auf die weitere Forschungspraxis schließt die Betrachtung von Primary Nursing ab.
1.3 Ziele, Nutzen und Abgrenzung
Ziel der Dissertation ist die Gewinnung von Erkenntnissen über die Wirksamkeit des Pflegesystems Primary Nursing auf pflegebedürftige ältere Menschen in der ambulanten Langzeitpflege unter Berücksichtigung ausgabenseitiger Veränderungen auf Kosten- und Leistungsträger. Die Pilotstudie soll mit der gewonnen Datenbasis die Möglichkeit bieten, um nachprüfbar festzustellen, welche Auswirkungen die pflegerische Arbeitsorganisation in der ambulanten Pflege auf die Leistungs- und Ausgabensituation erzeugt mit dem primären Interesse der Forscherin, Mittelgebern und auch dem Pflegedienstleister belegen zu können, wie sich ein Pflegesystem auf die Effizienz auswirkt und dieses damit letztlich auch legitimiert (Stockmann 2006).
Konkret untersucht werden soll, ob sich die pflegerische Versorgungsqualität und damit die pflegerische Wirksamkeit in der ambulanten Langzeitpflege durch Primary Nursing verändert und ob ein kausaler Zusammenhang zwischen den primären Outcomes und der Pflegeorganisationsform hergestellt werden kann. Weiter soll untersucht werden, welche Kosten die Einführung von Primary Nursing verursacht und ob die Intervention kosteneffektiv ist. Als Hauptergebnisse werden der Nachweis eines besseren funktionellen Status als Ausdruck von Selbständigkeit bzw. einer geringeren Pflegeabhängigkeit in den Basisaktivitäten des täglichen Lebens (ATL) erwartet. Einzelne ATL gelten als »pflegesensitiv«, das heißt, als von Pflegepersonen beeinflussbarer Zustand (Wingenfeld et al. 2011).
Zusätzlich werden Veränderungen in der subjektiv empfundenen gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie die Reduktion unerwünschter Ereignisse wie Notfalleinweisungen in ein Krankenaus oder potentiell vermeidbare Krankenhauseinweisungen bei pflegebedürftigen älteren Menschen als positive Ergebnisse erwartet (Czypionka et al. 2014; Frank 2009; Rondinelli et al. 2014). Der Nutzen der Studie ist der Versuch, eine im bislang noch wenig beachteten Untersuchungsraum der ambulanten Langzeitpflege neue Intervention und deren Ergebnisse in Anbetracht soziodemografischer Entwicklungen in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Durch die Kombination mit einer gesundheitsökonomischen Evaluation können die Kosten der Intervention Primary Nursing sowie die Kosteneffektivität des Pflegesystems berechnet werden und den Entscheidungsträgern sowie der interessierten Fachöffentlichkeit Denkanstöße liefern über möglicherweise noch ungenutzte Potentiale auf der Mikroebene hinsichtlich pflegeökonomischer Verbesserungspotentiale in der Pflege (Müller Staub 2017).
Es soll ersichtlich werden, ob es auch aus pflegeökonomischer Sicht lohnenswert ist, Primary Nursing als neues Pflegesystem zu implementieren – vor allem, weil viele Studien der letzten Jahre eine höhere Zufriedenheit, sowohl der Pflegebedürftigen als auch der Pflegepersonen belegen (Muntinga et al. 2012; Stuck et al. 2000; Rubenstein, Stuck 2001; Leichsenring 2015; Gray et al. 2015; Nandram 2014). Ein wesentliches Qualitätskriterium des Studiendesigns stellt dar, dass die empfohlenen Schlüsselkriterien für »home-based health promotion studies« des British