Uwe Anton

Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband)


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und sonstigen technischen Gerätschaften eines Schiffes ausgingen, um sie dann an einen bis zu drei Lichtjahre weit entfernten Ort zu projizieren. Dort entstand dann ein virtuelles Ortungsbild des Schiffes, von dem sich die gegnerischen Ortungsgeräte verwirren lassen sollten.

      Als er vor fast 3000 Jahren mit dem Beiboot des Arkonidenraumschiffs vom Mond zur Erde geflogen war, hatte er sich gefreut, per Handsteuerung einen direkten Kurs bestimmen zu können, ohne mühsam unendliche Zahlenkolonnen in einen damals im Prinzip schon überholten Computer eingeben zu müssen.

      Doch, in diesen drei Jahrtausenden hatte sich einiges getan.

      »Hervorzuheben ist die Ortungssonderausstattung der JOURNEE«, vernahm er Coa Sebastians Stimme. »Der Kreuzer verfügt über einen Hyperraumspürer, ein dem früheren Halbraumspürer vergleichbares Gerät, das die Ortung und Anpeilung anderer Raumschiffe im Hyperraum und damit auch eine direkte Verfolgung ermöglicht.«

      Rhodan hatte sich über die neu entwickelten Spürkreuzer informiert. Eins der ersten einsatzfähigen Modelle hatte während der zwei Jahre dauernden Testphase der Baureihe ein feindliches, Spionage betreibendes Raumschiff verfolgt. Damals waren diese Kreuzer noch so geheim gewesen, dass die Besatzungsmitglieder nicht einmal ihre wirklichen Namen gekannt hatten.

      »Die Bewaffnung besteht aus zwanzig MVH-Geschützen, die wahlweise im Thermo-, Desintegrator-, Intervall-, Paralyse- oder KNK-Modus abzufeuern sind, und acht leichten Transformkanonen mit einer Sprengkraft von jeweils bis zu eintausend Gigatonnen bei Verwendung von Überladungs-Gravitraf-Bomben.«

      Hoffentlich werden wir darauf nicht zurückgreifen müssen, dachte Rhodan.

      »An Beibooten verfügt die JOURNEE über acht Kleinst-Space-Jets sowie zwei Shifts. Zusätzlich befinden sich im Roll-on-Roll-off-Hangar noch zwei Dreißig-Meter-Space-Jets.«

      Der Resident atmete tief durch. Er hatte den Eindruck, eine gute Wahl getroffen zu haben. Ein Schiff auf dem Höchststand der derzeitigen Technik, dessen Ausstattung das Schwergewicht weniger in den offensiven als in den defensiven Bereich legte.

      »Die Besatzung ist vollständig an Bord«, fuhr die Kommandantin fort. »Wir sind startklar.«

      »Start in fünfzehn Minuten«, sagte Rhodan. Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ihn wieder dieses Gefühl beschlich.

      Er kannte es sehr gut. Es stellte sich vor jeder Mission ins Unbekannte ein, die er antrat. Es waren immer wieder ähnliche, wenn nicht sogar dieselben Fragen, die sich ihm stellten und die er sich stellte.

      Eigentlich ganz banale Überlegungen, denen wohl jeder Mensch nachhing. Was würde ihn erwarten? Welchen Gefahren musste er begegnen, aber auch: Welche Wunder würde er sehen? Die Vielfalt der Schöpfung war unermesslich, sowohl in der einen, als auch in der anderen Hinsicht. Und Kiriaades Aussagen legten nahe, dass er bei dieser Reise vom einen wie vom anderen mehr als genug erleben würde.

      Diesmal war das Gefühl der Ungewissheit, aber auch der Erwartung so stark wie selten zuvor.

      Rhodan nickte entschlossen und betrat die JOURNEE.

      Tess Qumishas Blick glitt über die Gesichter der Personen in der Zentrale der JOURNEE. Ihre Wahrnehmung blieb auf das Sehen beschränkt. Sie sah nur Gesichter. Oberflächen, bloße Hüllen. Nichts dahinter, nichts darunter.

      Nach all den Jahren machte ihr das noch immer zu schaffen. Nicht ständig, aber hin und wieder, bei besonderen Gelegenheiten, wenn sie einmal Atem schöpfen, alles etwas ruhiger angehen lassen konnte. In diesen Augenblicken kam sie sich dann beraubt vor, ja fast verkrüppelt.

      Sie bezweifelte, dass irgend jemand dieses Gefühl nachvollziehen konnte, und wenn sie es ihm noch so lange erklärte. Mit Ausnahme von Benjameen vielleicht, der selbst ein Mutant war und ihr näher stand als jeder andere Mensch. Sie hatte ihn einmal gefragt, ob er sich vorstellen könne, seine Gabe des Zeroträumens zu verlieren, und er hatte sie zuerst verständnislos angesehen. Dann dämmerte ihm jedoch allmählich, was sie meinte, und er hatte das unverhohlene Entsetzen in seinem Blick nicht verbergen können. »Ich käme mir vor wie tot«, hatte er gesagt und sie in den Arm genommen und ganz fest an sich gedrückt.

      »Ja«, hatte sie geflüstert. »Ja. Wie tot.«

      Ihr Blick glitt über die Gesichter, und sie konnte versuchen, den jeweiligen Ausdruck darauf zu deuten, das Mienenspiel zu lesen. Mehr nicht. Alles andere blieb ihr verborgen.

      Rhodan wirkte ein wenig entrückt, fast verwirrt, als könne er selbst noch nicht so ganz glauben, wie ihm geschah.

      Benjameen saß leicht verkrampft da. Tess kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er überaus angespannt war. Ihn beschäftigte, dass er trotz seiner paranormalen Begabung keinen Zugriff auf Rhodans ... Visionen bekam.

      Von Zim November konnte sie nur das Kinn sehen, der Rest seines Kopfes wurde von der SERT-Haube bedeckt. Der junge Emotionaut saß kerzengerade da, ein Anzeichen für seine Konzentration. Er steuerte den Kreuzer nach Rhodans Kursanweisungen, wobei nur der Resident selbst den Ruf wahrnehmen konnte, dem er folgte.

      Coa Sebastian, die Kommandantin, kam Tess kühl und zurückhaltend vor. Fachlich hochkompetent, menschlich aber eher kalt. Tess hatte sie in den wenigen Stunden ihrer Bekanntschaft noch nie lachen, ja nicht einmal lächeln sehen. Ihre Miene konnte sie überhaupt nicht deuten.

      Cita Aringa, die Plophoserin, die aufmerksam ihre Funk- und Ortungsinstrumente beobachtete, schien ausgeglichen und ruhig zu sein. Sie war schweigsam und fast so zurückhaltend wie die Kommandantin, stets freundlich, dabei aber auch unverbindlich.

      Tess sah ihre Gesichter und fragte sich, was sie dachten.

      Früher hätte sie es nicht fragen müssen. Früher hätte sie es gewusst.

      Tess Qumisha war Monochrom-Mutantin gewesen. Sie hatte von Geburt an die Welt nur schwarzweiß wahrnehmen können. Ihre Fähigkeit war die der Telepathie gewesen; sie hatte in den Gedanken ihrer Mitmenschen und anderer Wesen lesen können wie in offenen Büchern.

      Und das konnte sie jetzt nicht mehr. Ein Monochrom-Mutant war nicht nur unfruchtbar, er hatte auch ein Todesgen in sich getragen, das normalerweise irgendwann aktiv wurde und dem Leben ein vorzeitiges Ende bereitete. Eine Operation hatte sie gerettet und ihr auch die Fähigkeit gegeben, farbig sehen zu können. Zu einem hohen Preis: auf Kosten ihrer Parafähigkeiten.

      Als Tess aus der Narkose erwacht war, hatte sie geglaubt, sie sei plötzlich taub und blind zugleich geworden. Wie sollte sie diesen Verlust beschreiben? Den Verlust eines Sinnes, über den andere Menschen gar nicht verfügten, den sie sich nicht vorstellen konnten? Was machte es schon aus, wenn man plötzlich keine Gedanken mehr lesen konnte? Die anderen konnten es schließlich ja auch nicht.

      Es war sinnlos gewesen, mit ihnen darüber zu sprechen. Sie hatten sie nicht verstanden.

      Tess machte niemandem einen Vorwurf. Vielleicht waren die anderen insgeheim sogar froh darüber, dass sie keine Gedanken mehr lesen konnte. Vielleicht hatten sie sich vor dieser Fähigkeit ein wenig gefürchtet, waren ihr zumindest mit Misstrauen begegnet.

      Aber es war still geworden um sie herum. Das leise Wispern war verschwunden, das sie ihr ganzes Leben lang vernommen hatte, das Flüstern im Hintergrund, die Geräuschkulisse, an die sie sich so sehr gewöhnt hatte, dass sie laut aufgeschrien hatte, als sie erwachte und sie auf einmal verschwunden war.

      Sie hatte gewusst, dass sie ihre telepathische Fähigkeit verlieren würde, es hatte keine Alternative zu der Operation gegeben, nur den Tod, und sie hätte Benjameen nicht allein zurücklassen können. Sie wollte ihr Leben nicht aufgeben, hatte daran gehangen. Aber jetzt ...

      Wenn die Stille ganz tief wurde, wenn sie von ihr erdrückt zu werden schien, wenn sie wieder einmal an ihr verzweifelte, dann fragte sie sich gelegentlich, ob sie damals die richtige Entscheidung getroffen hatte.

      Sie brauchte nur Benjameen anzusehen, um die Antwort darauf zu kennen.

      Und es hatte ein Leben nach dem Tod der fremden Stimmen in ihrem Kopf gegeben. Mit Bens Hilfe hatte sie die Ausbildung zur Hochfrequenz-Energietechnikerin