Michael Marcus Thurner

Perry Rhodan 3061: Die Dunkle Schwere


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      2.

      Monkey

      Er stürmte in die Zentrale der NIKE QUINTO, vorbei an den Offizieren, vorbei an Kommandantin Parand Illyria. Er zog seinen Schutzanzug aus, überreichte ihn einem wartenden Roboter, warf sich in den eigens für ihn konzipierten Sitz und ließ sich von der Hauptpositronik die wichtigsten Informationen liefern.

      Der Rechner kannte Monkeys Eigenarten. Seine rasche Auffassungsgabe. Also hüllte er den Lordadmiral der USO in eine Wolke aus Holoschirmen, die allesamt mit Daten und Bildern vollgestopft waren.

      »Der Lineare Faden?«, fragte Monkey.

      »Steht«, antwortete die Positronik.

      »Entfernung zur RATBER TOSTAN?«

      »1,1 Lichtminuten.«

      »Dranbleiben! Unter allen Umständen.«

      Er sichtete Informationen. Manche waren irrelevant, manche ergaben bloß durch Querverbindungen mit Bildern oder aufgezeichneten Unterhaltungen einen Sinn.

      Monkey arbeitete ruhig und konzentriert. Er wusste, dass Zemina Paath ihn dabei beobachtete. Sie blieb still, aber er konnte ihre Nähe fühlen. Ihr Interesse an seinem Tun. Ihre prüfenden Blicke.

      Sie wollte ihn durchschauen.

      Das hatten schon andere versucht. Aber bei der Thesan bestand die Gefahr, dass sie ihm in einer besonderen Weise näherkam als jedes andere Wesen.

      Monkey beendete seine Arbeit und wischte mit einer Handbewegung die Holos beiseite. Sie verschwanden eines nach dem anderen.

      »Nun?« Er wandte sich Paath zu. »Was willst du wissen?«

      »So gut wie alles.«

      »Ich weiß viel, aber nicht alles.«

      »Also schön. Fangen wir mit dem Linearen Faden an.«

      Monkey hielt inne und tat, als müsste er nachdenken. Er zoomte näher auf Paaths zartes Gesicht, das von strahlend blauen Augen beherrscht wurde. Dann auf die Finger. Sie faszinierten ihn.

      Die Kuppen waren bis auf die Daumen von Fingerhüten bedeckt. Von runden, viereckigen, achteckigen. Zweifellos technisches Spielzeug, das er mehrmals versucht hatte zu durchschauen. Doch selbst in der feinsten Auflösung seiner Kunstaugen zeigte sich nichts, das er einer spezifischen Funktion zuordnen konnte.

      Die beiden äußeren Finger von Paaths linker Hand fehlten. Darin lag die Unvollkommenheit in der Perfektion seiner Begleiterin. Sie war zweifelsohne hübsch nach terranischen Maßstäben. Aber erst dieser Mangel gab ihr das Besondere.

      »Hast du genug gesehen?«, fragte Paath. »Oder möchtest du auch noch meine Kehrseite mustern?«

      »Ich frage mich nach wie vor, wie es dir gelungen ist, den Gleiter über Zarut vor dem Absturz zu bewahren. Wie ist es dir gelungen, ihn mithilfe deiner Fingerhüte zu steuern?«

      »Ich habe keine Ahnung. – Willst du von meiner Frage nach dem Linearen Faden ablenken?«

      »Nein. Ich versuche bloß, dich zu verstehen. Dich zu entmystifizieren.«

      »Das war das Verwirrendste, das heute jemand zu mir gesagt hat.« Paath zeigte ein Lächeln, wurde aber gleich wieder ernst. »Nun? Bekomme ich eine Antwort?«

      »Selbstverständlich.« Monkey gab der Positronik einen Befehl.

      Gleich darauf entstand ein komplexes dreidimensionales Datenholo, ergänzt durch mehrere Bilder. Die Darstellungen ließen sich beliebig drehen.

      »Der Lineare Faden ist ein spezielles Transpondersignal, das die NIKE QUINTO und die RATBER TOSTAN miteinander verbindet«, sagte Monkey. »Das Signal hat eine Reichweite von etwa zwanzig Lichtjahren. Der Lineare Faden beruht auf onryonischer Linearraumtechnologie und sorgt, sobald er aktiviert wird, für einen steten Austausch ultrakurzgeraffter Impulse.«

      »Ich vermute, dieser Austausch kann ausschließlich zwischen der QUINTO und der TOSTAN stattfinden?«

      »Darüber möchte ich nicht reden.«

      »Weil du misstrauisch bist? – Du zeigst mir soeben den grundsätzlichen Aufbau des Gerätes und des Datenaustauschs, aber über die Einsatzmöglichkeiten willst du nichts sagen?«

      Monkey schwieg. Er vertraute Zemina Paath. Aber es gab Dinge, die die Thesan nichts angingen.

      »Also schön.« Paath gab ein Geräusch von sich, das einem Seufzer ähnelte. »Weiter, bitte.«

      »Die Impulse des Linearen Fadens sind auf einen bestimmten Empfänger geeicht. Es kommt zu unregelmäßigen Frequenzwechseln im Millisekundenbereich. Einzelne Impulse des Fadens können also von Schiffen im Linearraum aufgefangen, aber nicht als Teil einer Sequenz identifiziert werden.«

      »So, wie ich euch Milchstraßenbewohner kennengelernt habe, trägt der Lineare Faden einen komplizierten fachspezifischen Namen?«

      »Frequenzvarianter Positions-Kommunikator.«

      »Ich ahnte es. Ihr seid Spezialisten im Erfinden solcher Begriffe – und vereinfacht sie ja dann doch wieder.«

      »Gibt es für deinen Koffer etwa keinen technischen Begriff?«

      »Der Paau ist der Paau«, antwortete Zemina Paath. »Oder soll ich ihn Transvariablen Lokationsvariabilitätsverschieber mit angenehmem Duft und persönlicher Note nennen? Wäre dir das lieber?«

      Ein Scherz? Paath machte einen Scherz?

      Monkey war für Witze nicht empfänglich. Aber etwas in der Art der Thesan berührte ihn. Also zog er die Mundwinkel ein klein wenig nach oben.

      »Ist es das, was ich mir denke? Monkey lächelt? Ich fasse es nicht ...«

      Er wandte sich Illyria zu. »Gibt es Neues von der RATBER TOSTAN?«, fragte er die Schiffskommandantin.

      »Negativ.«

      »Wir bleiben so nahe wie möglich dran.«

      »Warum meldet sich Daan Gudati nicht bei uns?«, fragte Illyria. Sie klang ratlos.

      Daan Gudati. Kommandant der RATBER TOSTAN. Ungemein kompetent. Ein Halboxtorner mit besonderen analytischen Fähigkeiten.

      »Wir müssen davon ausgehen«, sagte Monkey, »dass die RATBER TOSTAN gekidnappt wurde. Die Umstände sind unbekannt.«

      Monkey rekapitulierte die Ereignisse. Er hätte dies bereits unmittelbar nach seiner Ankunft in der Schiffszentrale machen müssen. Zemina Paath hatte ihn abgelenkt.

      Daan Gudati hatte auf Monkeys Geheiß hin die NIKE QUINTO informieren sollen, dass das Nuruschiff mit der Eigenbezeichnung JAHR 94 gestoppt werden müsse.

      Illyria nickte. So weit war sie informiert.

      Die JAHR 94 war von der Welt Zarut geflohen. Mit an Bord hatte sich der designierte cairanische Konsul des Sternsüdlichen Konsulats befunden, Orpard Surrutaio. Dieser wurde offenbar von einer Macht geplagt, die gegen die Cairaner arbeitete, und war deswegen in einer bizarren Sicherheitsverwahrung gewesen, in der man ihm ein vollkommen fremdes stellares Umfeld vorgegaukelt hatte. Und nun war er aus der Unterstadt und vom Planeten Zarut selbst entkommen.

      Die Cairaner hatten zwei Tomopaten auf Surrutaio angesetzt – zwei der gefährlichsten Wesen der Milchstraße hetzten nun den unseligen Konsul. Ihr Auftrag war es. zu verhindern, dass Surrutaio mit den Phersunen Kontakt aufnahm, was immer man sich darunter auch vorstellen mochte ...

      »Wer sind denn diese Phersunen eigentlich? Ist irgendwas bekannt?«, fragte Illyria, als Monkey zu Ende gesprochen hatte. Sie klang genervt.

      »Ich habe einige ... Erinnerungen an die Phersunen«, antwortete Paath an Monkeys Stelle. »Sie sind vage und unbestimmt. Aber doch klar genug, um ein ungutes Gefühl in mir zu erzeugen. Die Phersunen haben gewaltiges Unheil über das Galaxien-Geviert gebracht, aus dem die Cairaner stammen.«

      »In dem sich derzeit Perry Rhodan herumtreibt.« Illyria nickte.