gelebt und gearbeitet habe. Schnell kam ich zu dem Schluss: Material hätte ich genug.
Seit 2008 machte Island mehrmals Schlagzeilen in den internationalen Medien. Zuerst durch den Finanzcrash, der das Land beinahe in den Bankrott führte. 2010 durch den Ausbruch des Vulkans mit dem unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull, der den internationalen Flugverkehr für Tage lahmlegte. Seitdem reisen immer mehr Menschen nach Island, um hier Urlaub zu machen. Und als die isländische Fußballnationalmannschaft 2016 zum ersten Mal in der Geschichte an einer EM teilnahm, verliebte sich die ganze Welt in die schreienden Wikinger.
Was macht dieses Land und seine Einwohner also so liebenswert, und wie soll man sich verhalten, um den Isländern nicht auf den Schlips zu treten? Ich habe das mal im praktischen Selbstversuch für Sie, liebe Leserinnen und Leser, ausprobiert, als ich im Jahr 2015 für drei Monate als Tauch-Guide in Reykjavík arbeitete. Sei es wegen der Sprachbarriere, den vielen kleinen kulturellen Eigenheiten oder einigen speziellen Verkehrsregeln – ich stolperte von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. In diesem Buch habe ich Ihnen einige davon in (hoffentlich) amüsanten Geschichten aufgeschrieben.
Das Blog www.island-ringstrasse.de, mit dem ich Reisende in Island bei ihren Entdeckungen unterstützen möchte, betreibe ich seit meiner Zeit in Reykjavík.. Auch dabei trete ich ab und zu in Fettnäpfchen, denn auch wenn ich mir große Mühe gebe, Sachverhalte ausführlich zu recherchieren, unterlaufen mir hier und da mal Fehler. Das sage ich an dieser Stelle, weil ich bei diesem Buch meinen Fokus auf die Unterhaltung gelegt habe. Die Geschichten basieren lose auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind trotzdem größtenteils ein Ergebnis meiner Fantasie. Sie sollen Sie, liebe Leser und Leserinnen, vor allem zum Schmunzeln bringen.
Was ist hier schiefgelaufen?
Bisher noch nichts, aber an dieser Stelle möchte ich kurz auf die Struktur im Buch eingehen: Jedes Kapitel hat einen Erzählteil, einen Tatsachenteil (diesen hier) und am Ende eine Empfehlung. In manchen Kapiteln läuft gar nichts schief, und ich will Sie nur mit einem lustigen Sachverhalt oder Fakt vertraut machen. In anderen tritt Max, der Protagonist, jemandem auf den Schlips, und in diesem Fall gebe ich im folgenden Absatz eine Empfehlung, wie Sie dies vermeiden können.
Was können Sie besser machen?
Ich hoffe, ich bin Ihnen bisher noch nicht auf den Schlips getreten und muss Ihnen hier deshalb noch keine Empfehlung geben, wie Sie sich besser anstellen können als ich!
In manchen der folgenden Kapitel werde ich das jedoch tun und zwar, wie eigentlich das gesamte Buch über, immer mit einem Augenzwinkern. Denn die Isländer sind an Touristen gewöhnt und sehr tolerant. Bis auf wenige Ausnahmen erwarten Sie keine Strafen, wenn Sie in ein Fettnäpfchen treten. Machen Sie sich also nicht zu viele Gedanken. Auch nach der Lektüre dieses Buches sollten Sie sich vor Ort lieber auf die wunderschöne Natur und auf die Menschen konzentrieren statt darauf, was alles schieflaufen könnte.
Weil ich nicht weiß, wie viel von diesem Buch Sie lesen werden und ob Sie es vielleicht schon nach diesem Vorwort in den Schrank stellen, möchte ich gerne eines loswerden. Wenn Sie nur einen Tipp aus diesem Buch mitnehmen, dann bitte folgenden: Island ist eines der schönsten und natürlichsten Länder auf diesem Planeten, und viele von diesen kleinen Naturwundern haben wir leider nicht mehr. Seien Sie also bitte ein verantwortungsvoller Besucher und machen Sie sich insbesondere mit der fragilen Natur Islands vertraut. Halten Sie sich an Absperrungen, fahren Sie nicht abseits markierter Wege, benutzen Sie Toiletten statt Vorgärten (das ist leider kein Witz) und versuchen Sie die Orte, die Sie besuchen, genau so oder besser zu hinterlassen, als Sie sie vorfinden.
Wenn Sie das alles berücksichtigen, wird Ihnen das kleine Land im Nordatlantik definitiv das ins Gesicht zaubern, was ich hoffentlich mit diesem Buch zu Ihnen bringen kann: ein Lächeln!
1
DIE ANREISE
MAX FLIEGT NACH ISLAND
Es ist ein sonniger, kühler Montagmorgen im Januar, und Max fällt es schwer aufzustehen, denn viel geschlafen hat er nicht. Heute geht ein kleines Abenteuer los: Max wird für drei Monate nach Island reisen, um eine Ausbildung zum Tauchlehrer zu absolvieren. Vor einiger Zeit hat er mit dem Tauchen in Afrika begonnen und seitdem immer größeren Gefallen an dem Sport gefunden.
Warum man ausgerechnet in Island und dann auch noch im tiefsten Winter seine Tauchlehrerausbildung macht, ist vielen seiner Freunde und Bekannten völlig unverständlich. Und auch Max soll an dieser Entscheidung noch mehrmals zweifeln. Doch zu welcher Jahreszeit kann man das Land aus Feuer und Eis denn besser kennenlernen als im Winter? Und wie soll man ein guter Tauchlehrer werden wenn nicht in einer Ausbildung unter härtesten Bedingungen?
Mit diesem Gedanken springt Max hoch motiviert auf, läuft schnurstracks ins Bad und stellt, ohne vor der Kabine auf warmes Wasser zu warten, die Dusche an. Es folgen ein kurzer schriller Aufschrei und ein rascher Seitwärtsschritt aus der Duschwanne. Man muss ja nicht schon zu Hause mit eiskaltem Wasser anfangen, denkt sich Max, während er auf das warme Wasser wartet.
Auf dem Weg zum Flughafen stellt Max sich bereits die großen Abenteuer vor, die er erleben wird: die explorativen Tauchgänge, bei denen er gänzlich unbekannte Gewässer entdecken, und die heroischen Sicherungsaktionen, bei denen er Hobbytauchern in dramatischen Situationen ruhig und besonnen das Leben retten wird.
In Frankfurt angekommen, lädt er die zwei großen Rollkoffer – einen mit Klamotten und einen mit Tauchequipment – auf einen Wagen und bringt sie zum Check-in. Es gibt noch eine kurze und intensive Umarmung von der großen Schwester, dann geht das Abenteuer los.
Der Flug ist kurz und ereignislos: Max verschläft alles außer Start und Landung. Als er wach wird, ist er allein im Flugzeug – abgesehen von der Flugbegleiterin, die ihm ihren spitzen Zeigefinger in die Schulter piekt und nett lächelnd irgendetwas auf Isländisch zu ihm sagt. »Takk!«, sagt Max, ohne zu wissen, wofür er sich eigentlich bedankt.
Am Flughafen wartet Tobias, der Besitzer der Tauchschule. Ein großer, hagerer Mann ohne Haare, aber dafür mit einer großen, markanten Hipsterbrille auf der Nase und einem breiten Lächeln im Gesicht. Er telefoniert gerade und deutet Max den Weg nach draußen, indem er mit dem Autoschlüssel in der Hand in Richtung Drehtür zeigt. Auch er spricht isländisch – na schönen takk auch!
Am Auto angekommen wird aus dem unverständlichen Gemurmel ein herzliches »Willkommen in Island, Max. Schön, dass du hier bist!«. Auf der Fahrt erfährt Max dann mehr über die Ausbildung und was in den kommenden Wochen auf ihn zukommen wird. Im Tauchzentrum angekommen, wird er von den anderen Guides, die noch mit Aufräumen beschäftigt sind, begrüßt. Von den meisten mit einem »Hey man« oder einem coolen »’s up?«. Tobias ist im ersten Stockwerk verschwunden, wo gerade Umbaumaßnahmen laufen, und nachdem die anderen Guides alle zu den Autos im Hinterhof gegangen sind, steht Max nun allein in der großen Halle voller Tauchequipment.
Ein älterer Mann kommt zur Tür herein und erblickt ihn. Augenblicklich beginnt ein Feuerwerk aus Vokalen, Schnalz- und Zischlauten auf Max einzuprasseln. Der Mann verzieht dabei keine Miene, sodass Max absolut keine Ahnung hat, ob es sich um eine positive Botschaft handelt, seine sofortige Kündigung wegen dummen Herumstehens oder einfach nur um die Wettervorhersage der nächsten Tage. »Takk!«, sagt Max und lächelt. Der alte Mann schaut ihn an. Seine Augenbrauen sinken langsam nach unten, und während sich seine Stirn in Falten legt, wandert seine linke Augenbraue wieder nach oben. Ein Blick, den Max auch ohne Hilfe übersetzen kann. Das heißt eindeutig: »Häh!?«
Tobias drückt sich lachend zwischen zwei Taucheranzügen hindurch, die wie Tote von der Decke baumeln. Er sagt etwas auf Isländisch zu dem alten Mann und beendet die Ansprache mit: »So this is Max, our new guide for the next three months!« Ein Handschlag und ein kühles