zu reisen. Bis zur Hauptstadt benötigt man vierzig Tagesreisen, die jedoch in einem durchaus wohlbebauten Land vor sich gehen. Der Kammerherr und sein Gefährte, die zur Begleitung Chodawend Zadehs delegiert waren, besorgten alles, was man zur Bewirtung des Gastes und seiner Gefährten benötigte. Sie nahmen aus Multan an die zwanzig Köche mit sich. Der Kammerherr reiste stets über Nacht zum nächsten Halteplatz voraus, um dort die Mahlzeiten und andere Dinge vorzubereiten, sodass Chodawend Zadeh und wir stets zum fertig zubereiteten Essen ankamen. Nachdem jeder im Allgemeinen mit seiner Reisegruppe zusammen aß, hatte ich nur einmal Gelegenheit, beim Essen mit Chodawend Zadeh zusammen zu sein. Dabei wurden folgende Speisen serviert: Zuerst wird das Brot vorgelegt. Dies ist eine Art dünner Kuchen, etwa wie ein Fladen. Dann wird das gebratene Fleisch in große Stücke geschnitten, sodass ein Hammel etwa vier oder sechs Teile bildet, wobei jeder Mann ein solches Stück erhält. Außerdem serviert man in Butterschmalz gebackene Kuchen, die dem gewöhnlichen Weißbrot unserer Länder ähnlich sehen. In diese Kuchen gibt man eine Süßigkeit hinein, eine weiße Sülze mit Mandeln, die Subaniya heißt. Jeden dieser Kuchen belegt man mit einer dünnen, süßen Bäckerei, die aus feinem Mehl, Zucker und zerlassener Butter angefertigt ist. Dann wird in großen Porzellanschüsseln mit Butter, Zwiebeln und grünem Ingwer gebratenes Fleisch aufgetragen. Anschließend wird das Samusek serviert, kleingehacktes, mit Mandeln, Nüssen, Pistazien, Zwiebeln und Grüngewürz bereitetes Fleisch, das sich im Inneren einer in Butterschmalz gebackenen Pastete befindet. Jeder Teilnehmer am Essen erhält vier bis fünf Stück davon. Der nächste Gang ist in zerlassener Butter gedünsteter Reis, der mit Hühnern belegt ist. Nach den »Kadi-Happen« wird schließlich Kairenser Naschwerk geboten. Der Kammerherr steht bei der Tafel, bevor gespeist wird, und verneigt sich in Ehrerbietung nach der Weltrichtung, in der sich der Sultan aufhält. Alle Anwesenden tun das Gleiche. Das Zeichen der Ehrerbietung ist ein Neigen des Kopfes, wie die Gebetsverbeugung. Hat man dies getan, so setzt man sich zur Mahlzeit nieder. In Becher aus Gold, Silber und Glas wird Kandiszuckerwasser gefüllt, das ist Rosenzucker, den man in Wasser aufgelöst hat. Während man es vor dem Essen trinkt, spricht der Kammerherr: »Im Namen Gottes, des Allmächtigen!« Ist das Essen vorbei, so bringt man die Krüge mit Bier. Noch einmal werden Betel und Pinangnüsse serviert. Hat man auch davon genommen, so sagt der Kammerherr wiederum: »Im Namen Gottes, des Allmächtigen!«, die Gäste stehen auf, verneigen sich wie vor der Mahlzeit und ziehen sich zurück.
Festlich geschmückt zur Verbrennung
Die erste Stadt Indiens, die wir betraten, war Abuhar, klein, aber hübsch, mit vielen Gebäuden, Wasserläufen und Baumanlagen. Hier gibt es mit Ausnahme des Lotos keinen Baum unserer Heimat. Aber auch der Lotos ist hier außergewöhnlich stark entwickelt, und seine Frucht ist so groß wie ein Gallapfel und ungemein süß. Überhaupt begegnet man hier Blumen, die es bei uns und auch anderswo nicht gibt. Da ist beispielsweise der Mangobaum, der den meisten Schatten wirft. Wer aber unter ihm schläft, wird von einem heftigen Fieber befallen.
Von Abuhar durchquerten wir einen Tag lang eine unwirtliche Ebene. Sie war von unzugänglichen Bergen umgeben, in denen ungläubige Inder lebten, die oft die Wege unsicher machten. Indiens Bewohner sind größtenteils Heiden. Ein Teil von ihnen, vornehmlich die Bewohner der Dörfer, steht unter muslimischem Schutz, den im Auftrag und als Lehen des Sultans ein Richter wahrnimmt. Die dem Islam Widerstand leistenden Inder verteidigen sich in den Bergen und betätigen sich als Straßenräuber.
Beim Aufbruch von Abuhar zog unsere Karawane am frühen Morgen los, während ich in der Gesellschaft meiner Gefährten bis zum Mittag in der Stadt blieb. Als eine Truppe von 22 Reitern, größtenteils Araber und Perser, verließen wir die Stadt. In der genannten Ebene griffen uns 80 Ungläubige zu Fuß und zwei Reiter an. Meine Reisegefährten waren jedoch kühne und entschlossene Männer. Es entbrannte ein heftiger Kampf, bei dem wir einen Reiter und zwölf Mann der Fußtruppe töteten. Auch mich traf ein Pfeil, ein weiterer mein Pferd. Doch hielt Gott seine Hand über mich, sodass mir nichts geschah; denn ihre Pfeile hatten nicht die durchschlagende Kraft. Ein weiteres Pferd wurde verwundet, weshalb wir es schlachten mussten. Den Türken unter meinen Leuten kam dies sehr gelegen; denn als Liebhaber von Pferdefleisch aßen sie es gleich auf. Die Köpfe der erschlagenen Ungläubigen nahmen wir mit in das Kastell von Hisn Abi Bakhar, wo wir sie an der Mauer aufhängten.
Arabische Kamelkarawane
Als wir nach zwei Tagen in die Stadt Ajudehen kamen und ich dort dem frommen Scheich Ferid ed-Din Grüße des heiligen Scheichs Burhan ed-Din al-Araj aus Alexandria überbrachte, liefen die Leute meines militärischen Schutzkommandos und einige meiner Gefährten plötzlich davon. Ich erkundigte mich nach ihrem Verhalten und bekam die Antwort, dass ein ungläubiger Inder gestorben sei und man einen Scheiterhaufen angezündet habe, auf dem er und seine noch lebende Frau verbrannt würden. Nach diesem Ereignis kamen meine Leute zurück und berichteten mir, dass die Frau den Toten umarmt habe, bis sie selbst verbrannt sei. Später sah ich in Indien selbst solche Verbrennungen. Frauen der ungläubigen Inder hatten sich zu diesem Zweck festlich geschmückt und saßen hoch zu Ross, gefolgt von einer Volksmenge, darunter auch Muslime. Vor der Witwe spielte man Pauken und Trompeten, während sie von Brahmanen – dies sind die Großen Indiens – begleitet wurde. Soll im Hoheitsgebiet eines muslimischen Sultans eine Witwenverbrennung stattfinden, so wird der Herrscher zuvor um Erlaubnis gefragt. Er erteilt sie auch.
Ich selbst erlebte ein solches Schauspiel in der Stadt Amjhera, deren Bewohner, von einem muslimischen Gouverneur regiert, größtenteils Heiden waren. In der Umgebung der Stadt gab es ungläubige Rebellen, die einen schweren Straßenraub durchgeführt hatten, sodass sich der muslimische Emir entschloss, sie zu bekämpfen. Zwischen seinen Truppen und den Räubern kam es zu einem heftigen Gefecht, in dessen Verlauf sieben Leute des Emirs den Tod fanden, die keine Muslime waren. Drei von ihnen waren verheiratet. Ihre Witwen entschlossen sich zur Verbrennung. Dieser Akt gilt bei den Indern als eine lobenswerte Tat, die jedoch nicht Bedingung für eine Frau ist, die ihren Mann verloren hat. Tut sie es hingegen nicht, so zieht sie grobe Kleider an und wohnt bei ihren Verwandten in der wenig geachteten Lage einer nicht treuen Frau. Gegen ihre persönliche Haltung kann sie jedoch nicht zur Verbrennung gezwungen werden. Lässt sie sich aber verbrennen, so erntet ihre Verwandtschaft dadurch große Ehren, und sie selbst wird noch lange wegen ihrer Treue gerühmt.
Nachdem die drei Witwen der gefallenen Soldaten übereingekommen waren, sich verbrennen zu lassen, verbrachten sie zuvor drei Tage mit Gesang, Musik, Essen und Trinken, als wollten sie zum Abschied noch einmal die Genüsse dieser Welt in ihrer Fülle erleben. Von allen Seiten wurden sie von Frauen besucht. Am Morgen des vierten Tages brachte man jeder von ihnen ein Pferd. In vollem Schmuck und stark parfümiert, bestiegen sie die Rösser, mit der rechten Hand mit einer Kokosnuss spielend, in der linken einen Spiegel haltend, in dem sie sich dauernd betrachteten. Die Brahmanen und ihre Verwandten begleiteten sie. Vor ihnen wurden Trommeln gerührt und Trompeten und Hörner geblasen. Alle Ungläubigen riefen ihnen zu: »Überbringt Grüße meinem Vater oder meinem Bruder oder meiner Mutter oder meinem Herrn!« Die Witwen antworteten: »Ja, ja«, und lächelten den Leuten zu. Meine Gefährten und ich stiegen vom Pferd, um mitzuerleben, wie sich die Frauen bei ihrer Verbrennung verhalten würden. Wir gingen mit ihnen ungefähr drei Meilen weit, bis wir an einen düsteren Ort mit viel Wasser und großen, schattigen Bäumen kamen. Zwischen diesen Bäumen erhoben sich vier Kuppelbauten, die jeweils ein steinernes Götzenbild enthielten. Von den Tempeln umgeben, lag ein Weiher, über dem dichter Schatten ruhte, sodass die Sonne nicht durchdringen konnte. Es war ein Platz wie ein Tal der Hölle – Gott bewahre uns davor!
Als ich diese Tempel erreicht hatte, stiegen gerade die Frauen am Weiher ab und tauchten im Wasser unter. Sie legten Kleidung und Schmuck ab und verteilten alles als Almosen an die Leute. Man brachte jeder ein grobes, ungenähtes Baumwollgewand, das sie teils um ihre Lenden befestigten, teils um Haupt und Schulter legten. In einer Niederung nahe des Weihers waren bereits die Feuer entzündet, in die man Sesamöl goss, damit die Flammen recht hoch schlugen. Dort standen etwa 15 Männer mit Bündeln von Holzspänen und weitere zehn mit langen Holzstangen. Die Trommelschläger und Trompetenbläser erwarteten die Frauen. Mit einem großen Vorhang