Marietta Brem

Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman


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willst, bleiben wir hier.«

      »Es hängen zu viele Erinnerungen daran«, erwiderte die junge Frau. »Wir hatten uns so auf diese Fahrt gefreut. Wir…« Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. »Ich möchte nach Granada, Wolfgang. Wenn ich dort bin, werde ich auch den letzten Rest meiner Vergangenheit hinter mir gelassen haben und all das, was mich bis vor wenigen Tagen noch belastet hat, wird mir nicht mehr wie ein Spuk folgen.«

      Wolfgang winkte einen Kellner herbei und beglich die Rechnung. Untergehakt gingen er und Birgit wenig später über die Straße zum Postamt, um einen Brief an Adina einzuwerfen, den sie im Café geschrieben hatten.

      »Ich werde vor dem Abendessen in Sophienlust anrufen«, sagte Wolfgang, nachdem der Brief im Kasten ruhte.

      »Du solltest auch einmal im Maibacher Krankenhaus anrufen und dich nach deiner Schwiegermutter erkundigen«, schlug Birgit vor. »Immerhin hat sie eine nicht ganz leichte Operation hinter sich.«

      »Du bist viel zu gut«, bemerkte Wolfgang. »Meine liebe Schwiegermutter hätte es eigentlich verdient, daß ich mich überhaupt nicht mehr um sie kümmere.«

      »Ich würde gern mit ihr Frieden schließen.« Birgit lehnte sich an ihn. »Schon um Adinas willen. Sie ist nun einmal deren Großmutter. Ich möchte nicht, daß unsere Tochter hin und her gerissen wird.«

      »Unsere Tochter«, wiederholte der Mann leise. Glücklich legte er den Arm um sie. »Schon wegen dieser beiden Worte würde dir eine Goldmedaille gebühren.« Ungeachtet der Leute, die rechts und links an ihnen vorbeigingen, küßte er sie.

      *

      Birgit Kayser stand am Fenster ihres Hotelzimmers und blickte zur Alhambra hinüber.

      »Was hast du, Liebling?« fragte Wolfgang. Er trat hinter sie.

      »Ich dachte nur daran, wie schön es wäre, noch einige Tage in Granada zu bleiben«, erwiderte Birgit. »Wir haben noch lange nicht alles gesehen.«

      »Ein Wort von dir und ich storniere unsere heutige Rückreise.«

      Sie schüttelte den Kopf und wandte sich um. »Nein, Wolfgang, das geht nicht. Adina erwartet uns, das heißt, sie erwartet auf jeden Fall dich.«

      »An Adina dachte ich jetzt nicht, aber du hast recht. Wir dürfen sie nicht enttäuschen.« Wolfgang strich ihr über die Wange. »Die Nachrichten aus Sophienlust klangen eigentlich ziemlich ermutigend.«

      Birgit wollte ihm nicht die Illusion rauben, daß Adina sich mit ihrer Ehe abgefunden hatte. Sie selbst hatte am Vortag mit Frau von Schoenecker telefoniert. Adina machte zwar keinen Ärger, aber sie war seltsam in sich gekehrt und nahm an den Spielen der übrigen Kinder kaum teil.

      »Es wird Zeit, die Koffer zu packen«, meinte sie und befreite sich resolut aus Wolfgangs Armen. »Wir hätten es schon gestern abend tun sollen. Hoffentlich verpassen wir nicht das Flugzeug.«

      »Ich habe die Koffer bereits gepackt«, sagte Wolfgang.

      »Wann denn?«

      »Ich bin kurz vor Morgengrauen aufgewacht.« Er zwinkerte ihr zu. »Weißt du, daß du noch hübscher aussiehst, wenn du schläfst?«

      »Tatsächlich?«

      »Man soll seine Frau zwar nicht mit Komplimenten verwöhnen, aber ich muß zugeben, du bist immer hübsch, Liebling. Du hast so fest geschlafen, daß du nicht einmal aufgewacht bist, als ich das Licht einschaltete, um unsere Sachen zu packen.« Er nahm die Reisetasche und öffnete sie. »Was noch übrig ist, stecken wir einfach hier hinein.«

      »Du bist ein Juwel, Wolfgang«, erwiderte Birgit. »Jetzt können wir vor unserer Fahrt zum Flughafen noch in aller Ruhe frühstücken.«

      »Das Frühstück wird uns in einer halben Stunde auf der Terrasse serviert«, verriet der Mann. »Es ist bereits bestellt.« Herausfordernd reckte er den Kopf. »Was sagst du nun?«

      »Ich muß mich verbessern«, erklärte Birgit. »Du bist kein Juwel, sondern ein Kronjuwel.« Lachend verschwand sie im Bad.

      Einige Stunden später nahmen sie hoch in der Luft ein kleines Mittagessen ein.

      »Ich freue mich auf Adina«, sagte Wolfgang aus seinen Gedanken heraus.

      »Das ist verständlich.« Die Frau schenkte ihm ein warmes Lächeln, obwohl ihr alles andere als leicht ums Herz war. Sie legte ihr Besteck auf den Teller und blickte aus dem Fenster. Die Wolken wirkten wie riesengroße Wattebällchen.

      »Es wird alles gutgehen, Liebling.« Wolfgang hob sein Glas. »Trinken wir auf unsere Zukunft.« Verschmitzt fügte er hinzu: »Und darauf, daß Adina bald ein Geschwisterchen bekommt.«

      »Spinner«, sagte Birgit zärtlich.

      Wenig später lag der Stuttgarter Flughafen unter ihnen.

      Auf in den Kampf, sagte sich Birgit. Es war ein ganz seltsames Gefühl, als Wolfgangs Frau und Adinas Stiefmutter heimzukehren.

      In der Tiefgarage des Flughafens stand Wolfgangs Limousine noch genauso, wie er sie vor ihrem Flug nach Spanien geparkt hatte. »Eine Stunde, dann sind wir in Sophienlust«, sagte er und verstaute das Gepäck im Kofferraum.

      Birgit spürte, daß er kaum noch erwarten konnte, Adina in die Arme zu schließen. Sie selbst schien momentan nur noch in zweiter Linie für ihn zu existieren. Sie fühlte eine gewisse Eifersucht auf das Mädchen, schalt sich aber gleichzeitig eine Närrin. Immerhin hatte Wolfgang seine Tochter drei Wochen nicht mehr gesehen.

      Während der ganzen Fahrt nach Sophienlust sprach Wolfgang Kayser von seiner Tochter.

      »Schon als Vierjährige setzte Ellen sie ans Klavier und lehrte sie eine einfache Melodie zu spielen«, sagte er. »Aber Adinas Liebe galt schon bald der Geige. Ihre Lehrerin meint, daß sie ganz erstaunliche Fortschritte macht.«

      »Ich liebe Musik ebenfalls, aber wie du weißt, spiele ich kein Instrument«, erwiderte Birgit. In ihren Ohren klang es, als würde sie deswegen Wolfgang um Entschuldigung bitten.

      »Oh, das macht doch nichts.« Er verzog sein Gesicht. »Ich liebe dich trotzdem.«

      Trotzdem, hallte es in Birgits Ohren nach. Sie spürte, wie Tränen in ihre Augen traten. Du benimmst dich unmöglich, versuchte sie sich zu beschwichtigen. Lege nicht jedes Wort auf die Goldwaage, sagte sie zu sich selbst in Gedanken. Du führst dich ja auf wie ein kleines Mädchen, dem man die Puppe wegnehmen will.

      Ein schwaches Lächeln erhellte ihr Gesicht. Wolfgang war alles andere als eine Puppe. Er hätte sicher über diesen Vergleich gelacht.

      »Woran denkst du, Liebling?« fragte Wolfgang. »Du siehst äußerst zufrieden aus.«

      Wie gut, daß er nichts davon ahnte, wie sie sich wirklich fühlte. Wahrscheinlich war es sowieso nur Lampenfieber. Es war schließlich keine Kleinigkeit, plötzlich Mutter einer Elfjährigen zu sein. »An Adina«, erwiderte sie wahrheitsgemäß.

      »Du scheinst dich auch auf sie zu freuen«, stellte der Geschäftsmann erleichtert fest. Er stieß heftig den Atem aus. »Nur noch zwanzig Kilometer, dann sind wir bei ihr.«

      Die zwanzig Kilometer kamen Birgit wie ein einziger vor, so schnell waren sie in Wildmoos.

      Wolfgang drosselte den Motor, als er dann die Auffahrt zur Freitreppe entlangfuhr.

      Adina hatte schon seit dem Mittagessen ungeduldig auf ihren Vater gewartet. Der Koffer stand bereits gepackt in der Eingangshalle. »Er kommt!« schrie sie Pünktchen zu, die zusammen mit ihr auf dem Bärenfell vor dem Kamin gelegen hatte, sprang auf und stürzte durch das offene Portal.

      Wolfgang stoppte den Wagen vor der Freitreppe. Ohne sich um Birgit zu kümmern, riß er den Wagenschlag auf, stieg aus und fing Adina mit beiden Armen auf. »Mein kleiner Liebling«, sagte er zärtlich, während er sie an sich drückte.

      »Ich bin so froh, daß du wieder da bist, Vati.« Adina schmiegte ihren Kopf an seine Wange. »War es schön auf eurer Reise?«

      »Sehr