fliegt beinahe lautlos um den Busch. Dafür aber hört Jackson, ehe er noch werfen kann, wie Taylor die Zweige streift.
Donner, Blitz und Hagelwetter, denkt der kleine Mann im Bruchteil einer Sekunde, das hört der verdammte Indianer doch.
Und genauso kommt es.
Jackson ist hinter dem Busch heraus, will werfen und sieht beim Rauschen der Zweige, wie sich der Indianer mit einem Zucken umwendet.
Der Chickasaw hat das winzige Geräusch vernommen und handelt sofort. Sich herumwerfen ist das Werk eines Augenblicks.
In diesem Moment wirft Jackson, aber er weiß es, als das Messer losfliegt:
Er trifft nicht voll!
*
Das Messer zischt auf den Chickasaw zu und bohrt sich in die linke Seite des Indianers. Schon fährt die Hand des Roten nach unten, aber sie erreicht so wenig wie Jacksons Hand eine Waffe. Auch Jackson will nach seinem zweiten Messer greifen, kommt aber nicht mehr dazu.
Dafür rammt Jackson, den linken Arm wie eine Klammer vorstreckend, den Indianer. Jacksons wilder Anprall reißt den Scout hintenüber. Gleichzeitig aber erfolgt ein so wilder, blitzschneller Armstoß nach Jacksons Kehle, daß Jackson zurückgedrückt wird.
Wasser schließt sich über Jackson. Er hat Atem genug und reißt die Beine an. Doch auch der Chickasaw, den Jacksons Messer nur leicht getroffen haben kann, stößt aus. Ihre Rammversuche fallen zusammen, und die Hand des Indianers ist immer noch so gefährlich, daß Jackson von plötzlicher Furcht gepackt wird, als sich der Griff um seinen Hals spannt. Der Chickasaw versucht Jackson die Luft abzudrücken und ihn unter Wasser zu halten.
Doch die Zeitspanne hat genügt. Jacksons rechte Hand ist unter die Jacke gefahren. Das zweite Messer zuckt heraus und sofort schräg nach oben.
Der Griff um Jacksons Hals scheint sich nicht lockern zu wollen. Jackson tritt aus. Dann endlich hat er den Indianerscout abgeschüttelt. Er richtet sich auf, holt tief Luft, zerrt den Chickasaw an die Oberfläche und sieht sich dann erst nach Taylor um.
Taylor taucht einen Moment später prustend aus dem Wasser. Er ist bereits acht Schritt vom Ufer entfernt, sieht Jackson mit verzerrtem, im Mondlicht geisterhaft bleichem Gesicht an und keucht: »Jackson, ich stecke fest. Großer Gott, hier ist Sumpfboden.«
»Alle Teufel!«
»Jackson, schnell, mein Gott, es zieht mich hinunter!«
»Nicht bewegen, Second!« schnauft Jackson. Blut, mit Wasser vermischt, rinnt ihm über das Gesicht. Er taucht den Kopf einige Male ein, um klar sehen zu können. Dann ist er dicht vor Taylor, packt den Busch und stemmt ihn nach unten. »Second, drück ihn an deine Beine und hole tief Luft. Dann knie dich auf die Zweige, hörst du?«
»Was – warum soll ich…«
»Knie dich auf die Zweige, dann kannst du den Fuß aus dem Sumpfmorast bekommen!« kreischt Jackson scharf. »Mach es schnell! Ehe jemand kommen kann, könnte es sonst zu spät für dich sein!«
Taylor schnappt nach Luft. Dann handelt er, wie Jackson es ihm gesagt hat. Er kniet sich unter Wasser auf den Busch. Und wirklich gelingt es ihm, sich nach vorn zu legen. Gleichzeitig fühlt er, wie Jackson im Stehen auf den Busch tritt und ihn unter den Achseln packt. Die dichten Zweige des Busches wirken anscheinend wie ein Teppich, den jemand auf den Sumpfboden gebreitet hat. Dazu kommt, daß die Füße durch Taylors nach vorne führende Bewegung eine fast senkrechte Stellung erhalten. Taylor spürt, wie der rechte Fuß zuerst aus dem Schlamm gerät. Danach kann er auf den Strauch treten und nun auch den linken Fuß herausziehen.
»Na?« fragt Jackson, als sei nichts gewesen. »In Ordnung, Second?«
»Ich – ich bin verdammt – verdammt nahe…«
»Unsinn, ich war ja noch da«, unterbricht ihn Jackson kühl. »Wo ist der Sergeant geblieben, Second?«
»Der – der ist weg!« stammelt Taylor verstört. Er sieht, wie Jackson sofort herumfährt und ahnt, was Jackson denkt. »No, no, er muß hier irgendwo unter Wasser sein.«
»Bestimmt?«
»Ja«, schnauft Taylor. »Verdammte Sache. Der arme Kerl.«
Jackson sieht ihn groß und starr an. Dann fragt er heiser: »Würde er das auch von dir sagen, Second? Na, was meinst du? Also, wo ist er geblieben?«
»Er stieß mich weg und versuchte durchzuschwimmen. Ich konnte mich auf ihn werfen und schlug nach ihm. Er tauchte unter, schwamm aber weiter auf die Mitte des Bayou zu unter Wasser. Ein paarmal stieß er nach mir, doch ich kam schließlich über ihn. Ehe ich wußte, was passiert, erlahmte sein Widerstand, ich jedoch geriet in den Morast. Er muß hier irgendwo wie ich im Morast…«
Jackson dreht sich um, schwimmt los und taucht zwei-, dreimal, bis er nur ein Wort sagt und zum Ufer hinschwimmt: »Ja.«
Taylor steckt das Frösteln in allen Gliedern, ehe er selbst das Ufer erreicht und Jackson schon wieder nach drüben blicken sieht. Dort regt sich irgend etwas.
»Rod?« fragt Jackson heiser. »Rod, Steve?«
»Yeah, was war los?« kommt es von drüben.
»Nichts weiter, zwei Yankees, einer davon ein Chickasaw-Indianer. Geht wieder zurück auf Posten.«
Ohne ein weiteres Wort geht Jackson davon. Er kehrt zum Pfad zurück, sieht sich nach Taylor um und deutet auf den Baum.
»Second, du sagst besser den beiden da drüben Bescheid. Jemand soll kommen und dir Gesellschaft leisten.
Ich will mal sehen, wo die beiden Freunde ihre Pferde gelassen haben und ob womöglich noch andere Yankees in der Gegend sind. Schätze, ich bin bald zurück. Komme ich nicht, Second, laß dir keine grauen Haare wachsen. Ich kann schon für mich sorgen.«
»Willst du nicht besser jemanden mitnehmen?«
Jackson schüttelt den Kopf und trabt los.
Sekunden später ist Jackson verschwunden. Taylor hastet zur Furt zurück, ruft seine Posten an und schickt einen zum Lager an der alten Hütte. Dann wartet er, bis Sergeant Briggs drüben auftaucht, durch den Bayou watet und bei ihm ist.
Kaum hat er Briggs die ganze Geschichte erzählt, als sie Hufgetrommel hören.
Wenig später erscheint Jackson hinter der Wegbiegung. Er sitzt auf einem Pferd und macht ein gleichgültiges Gesicht. Hinter dem Braunen, auf dem Jackson sitzt, läuft ein zweiter Gaul. Das Tier bleibt prustend stehen, und Jackson sagt knapp:
»Dachte schon, sie müßten am Sumpfrand zu finden sein. Habe nachgesehen. Sie sind an der Lichtung den Hauptweg entlanggekommen, haben gehalten und die Spur neben dem Weg entdeckt. Der Chickasaw muß sie bemerkt haben, ein Weißer hätte sie nie gesehen. Ich habe sie völlig gelöscht, Second. Was machen wir mit den Pferden?«
Taylor überlegt kurz.
»Mitnehmen?«
»Wird das beste sein«, antwortete Jackson. »Second, es ist besser, wir reiten ein Stück weiter, ich kenne noch ein Versteck, ist nur noch feuchter und voller Mücken.«
»Wir haben noch den morgigen Tag«, murmelt Taylor nachdenklich. »Jackson, kommen wir weit genug weg? Am Tag müssen wir uns versteckt halten und dann noch zehn Meilen bei Einbruch der Dunkelheit reiten. Schaffen wir das?«
Jackson kratzt sich am Kopf.
»Ja«, sagt er danach. »Es ist zu schaffen. Wann soll die Kolonne der Yankees denn kommen?«
»Nach Mitternacht hat sie im Hauptquartier der Nordstaatler zu sein«, antwortet Taylor. »Meine Informationen stimmen in jedem Fall. Die Kolonne besteht aus sechs Nachschubwagen mit Gewehren und Patronen. Es sollen neue Gewehre sein, mehrschüssige Henrykarabiner. Wahrscheinlich ist ein siebenter Wagen dabei, für den gebe ich noch besondere Verhaltensmaßregeln. Sie brechen heute vom Mississippi auf und fahren mit drei Zwischenstationen zum Hauptquartier. Die Sicherung soll aus knapp zwanzig Mann bestehen.«