Zaun, der die Weide vom Kräutergarten trennte, mit einer Gießkanne zwischen den Beeten umherlief und die Pflanzen goss.
Sie ging ein wenig gebückt, damit sie auf der anderen Seite des Zauns nicht gleich bemerkt wurde, hatte sie sich doch diese Arbeit extra vorgenommen, um Jonas und Mona zu belauschen. Entrüstet stellte sie nun die Gießkanne ab, hockte sich vor das Beet mit dem Bärlauch und machte sich schimpfend über das Unkraut her, das schon wieder hochgeschossen war, obwohl sie es doch erst vor ein paar Tagen entfernt hatte. Als sie sich wieder erhob, lugte sie vorsichtig über den Zaun. Sie spürte einen Stich in der Magengrube, als sie sah, wie geschickt Mona sich mit der Technik des Melkwagens anstellte.
Erst erobert sie ihn, dann den Stall, danach die Küche und jetzt den ganzen Hof, dachte sie, und der Zorn auf diese fremde Frau kochte erneut in ihr hoch.
»Vor der großen Schönheitsparty nächste Woche brauche ich noch eine Lieferung Kräuter«, hörte sie Mona sagen, nachdem die letzte Kuh der Herde den Melkwagen wieder verlassen hatte und Jonas ihn für diesen Abend zusperrte.
»Wann genau?«, fragte Jonas.
»Ich fahre morgen Abend zu meinen Großeltern und werde das ganze Wochenende bleiben. Sie brauchen ein bisschen Hilfe in ihrem Garten, und ich werde von dort auch noch ein paar spezielle Kräuter mitnehmen, die ich für meine Maske brauche.«
»Das heißt, wir werden uns die nächsten Tage nicht sehen?«
»Nein, leider nicht, aber am Montag bin ich wieder da, und wenn ich dann die Kräuter holen könnte, dann würde ich mit der Zeit hinkommen.«
»Die gleiche Menge wie beim letzten Mal?«
»Ja, bitte.«
»Und was sind die speziellen? Oder ist das ein Geheimnis?«
»Ja, ein großes Geheimnis«, sagte Mona lächelnd. Es waren die Wurzeln des Baldrians, aus denen sie das Gesichtswasser gewann, das sie in kleinen Mengen ihrer Kräutermaske hinzufügte.
»Wenn du möchtest, dann bringe ich dir die Kräuter, die du brauchst, am Montagabend.«
»Sehr gern.«
»Sehr gern, natürlich, dann hast du ihn gleich wieder in deinen Klauen«, murmelte Eleonore. »Klauen«, wiederholte sie leise und schaute auf den Riesenbärenklau, eine Ansammlung hoch gewachsener Pflanzen mit weißen Blütendolden, die ein ganzes Stück hinter dem Zaun, der den Kräutergarten von einem Waldstück trennte, am Wegesrand wuchsen. Die Pflanze war dafür bekannt, heftige Hautreaktionen auszulösen, und auf einmal reifte ein bitterböser Plan in ihr heran.
Als Mona und Jonas wenig später die Weide verließen, dämmerte es bereits, und Mona beschloss, sich auf den Heimweg zu machen, damit sie nicht in der Dunkelheit mit dem Fahrrad durch die Felder fahren musste.
»Also dann, gute Heimfahrt«, sagte Eleonore, die aus dem Kräutergarten kam und vor der Haustür aus ihren Gummistiefeln schlüpfte. »Ich mach uns dann noch einen Ingwerzitronentee, und wir setzen uns ein bisschen auf die Terrasse«, wandte sie sich an ihren Bruder.
»Gute Idee, und ich denke, wir sollten Mona auch eine Tasse anbieten.«
»Gern, aber sie muss los, wenn sie nicht in die Dunkelheit geraten will.«
»Kein Problem, ich fahre sie nach Hause. Das Fahrrad passt locker auf die Ladefläche meines Wagens. Was hältst du davon, Mona?«
»Mir wäre es schon recht, aber vielleicht hat Eleonore auch etwas mit dir zu besprechen, wobei ich nur stören würde.« Mona hatte nicht den Eindruck, dass Eleonore sie zum Tee hatte einladen wollen.
»Wir wohnen zusammen in einem Haus, wir können uns jederzeit unterhalten, und Elos Ingwerzitronentee ist wirklich köstlich. Den solltest du dir nicht entgehen lassen«, zerstreute Jonas ihre Bedenken.
»Du kannst ruhig auf einen Tee bleiben, ich habe überhaupt nichts dagegen«, sagte Eleonore und huschte ins Haus. »Am besten übernachtest du gleich hier, dann können wir auch noch zusammen frühstücken«, flüsterte sie und schaute grimmig in den Spiegel. Als sie gleich darauf den Tee zubereitete, wurde sie ruhiger, und es gelang ihr erneut, sich freundlich zu geben.
»Er ist köstlich, fruchtig und ein bisschen herb zugleich«, lobte Mona den Tee, nachdem sie ihn probiert hatte.
»So soll er sein, danke«, sagte Eleonore und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Ich kenne mich eben mehr mit den Kräutern aus, die für das Wohlbefinden von innen sorgen.«
»Wenn du irgendwann einmal herausfinden möchtest, was sie in meinem Bereich erreichen können, dann bist du jederzeit willkommen.« Mona war davon überzeugt, dass Eleonore einiges aus sich machen könnte. Eine andere Frisur, ein wenig Make-up und vor allen Dingen eine andere Garderobe.
»Ist diese Art der Kosmetik denn auch sicher?«, erkundigte sich Eleonore auf einmal höchst interessiert.
»Was meinst du mit sicher?«
»Sicher in Bezug auf die Hygiene. Ich meine, in einem Labor wird darauf größten Wert gelegt. Die Leute dort tragen Kittel, Handschuhe und Mundschutz.«
»Keine Sorge, das ist bei uns nicht anders, auch wenn wir nur in einer Küche statt in einem Labor arbeiten.«
»Du trägst also auch Mundschutz, Handschuhe und einen langärmeligen Kittel?«, hakte Eleonore noch einmal nach.
»Ja, das tue ich, darauf darfst du vertrauen.«
»Gut, ich vertraue darauf, das heißt aber noch nicht, dass ich mich jetzt für diese Dinge begeistern werde. Und nun entschuldigt mich, ich bin müde, gute Nacht.« Eleonore hatte das Ende ihrer Geduld war erreicht, noch ein paar Sekunden länger in Monas Nähe und sie würde laut aussprechen, was sie wirklich von diesem Püppchen hielt, das sein Geld mit falschen Versprechungen verdiente. Keine Creme und keine Maske der Welt machten aus einem hässlichen Entlein einen schönen Schwan, und sie würde nicht erlauben, dass so eine Person sich an ihrem Bruder und ihrem Eigentum vergriff.
»Ich denke, für mich wird es auch Zeit. Bringst du mich nach Hause?«, wandte sich Mona an Jonas.
»Sicher, wenn du das möchtest.«
Sehr gute Idee, dachte Eleonore und beschloss, die paar Minuten, bis Jonas wieder zurückkam, noch aufzubleiben, um ihn zu fragen, wie ernst es ihm mit dieser Mona wirklich war. Als er aber nach einer Stunde noch nicht wieder da war, schaltete sie das Licht im Haus aus und ging bitter enttäuscht zu Bett. Diese Frau hatte eindeutig schon viel zu viel Macht über Jonas.
Mona und Jonas hatten es nicht fertiggebracht, sich vor Monas Haustür zu trennen. Es war eine so herrliche Nacht, mild und mit einem Himmel voller Sterne. Als Mona vorschlug, auf ihrem Balkon noch ein Glas Wein zu trinken, hatte Jonas sofort eingewilligt und sie in ihre Wohnung begleitet.
»Denkst du, Eleonore und ich könnten irgendwann Freundinnen werden?«, fragte sie ihn, nachdem sie schon eine ganze Weile in der Hollywoodschaukel auf ihrem Balkon saßen und den Rotwein tranken, den sie von dem italienischen Händler gekauft hatte, der das Hotel belieferte.
»Ich hoffe es, der Abend heute war ein guter Anfang, aber ich möchte jetzt nicht über Elo sprechen.«
»Sondern? Was möchtest du tun?«
»Ich möchte, dass diese Nacht uns beiden gehört«, sagte er und zog sie zärtlich an sich.
»Eine Nacht, die wir nie vergessen werden?«
»Ja, so eine Nacht«, erwiderte er mit sanfter Stimme und küsste sie.
Eleonore war sicher, dass sie den Plan, den sie in ihrem Kräutergarten gefasst hatte, in die Tat umsetzen würde, als Jonas erst bei Sonnenaufgang wieder von Mona zurückkam. Diese Frau musste aufgehalten werden, ehe sie den Kastnerhof und seine Bewohner ins Unglück stürzte.
*
Als Jonas am Montagabend die geschnittenen und verpackten Kräuter zu Mona brachte, hatte er keine Ahnung, dass Eleonore sich kurz zuvor daran zu schaffen gemacht hatte. Nach einer innigen Begrüßung