(Ungeduldig.) Nimm mich doch in die Arme!
ER. Warte mal. (ruft an.) Mischka? Hier bin ich: Hat man sich für mich interessiert? Ach, hast du mich gerade angerufen? Nein? Na gut, Tschüs. (Legt den Hörer auf und sieht, dass sie schon wieder den Mantel an hat. Wo willst du hin?
SIE. Ich muss gehen, Liebster.
ER. Warte wenigstens noch zwei Minuten.
SIE. Kann ich nicht.
ER. Wir haben sogar unser nächstes Treffen nicht festgelegt.
SIE. Morgen kann ich nicht, übermorgen auch nicht.
ER. Vielleicht am Donnerstag nach der Arbeit?
SIE. (holt ihr Notizbuch hervor.) Am Donnerstag haben wir Versammlung. Man kann schwer sagen, wann sie zu Ende ist. Besser wäre Freitag.
ER. Am Freitag kann ich nicht. Meine Frau und ich sind eingeladen, (Holt sein Notizbuch hervor.). Mir würde Sonntag passen.
SIE. An den Wochenenden gehe ich jetzt nicht mehr aus dem Haus.
ER. Damit dein Mann nichts merkt?
SIE. Darüber muss ich überhaupt nicht lachen.
ER. Ich auch nicht.
SIE. Wie ist es mit nächster Woche?
ER. (schaut ins Notizbuch.) Geht nicht. Ich muss abends arbeiten.
SIE. Wie viel Tage?
ER. Bis zum fünften vielleicht.
SIE. Vom fünften bis zum Zehnten habe ich Weiterbildung.
ER. Am zwölften fahre ich mit meiner Frau in den Urlaub.
SIE. Für lange?
ER. Bis Ende des Monats
SIE. Und dann ist wieder Abendschicht?
ER. Wahrscheinlich/ (guckt angestrengt ins Notizbuch.) Könnten wir nicht versuchen, am elften zusammenzukommen?
SIE. So weit im voraus kann ich nichts festlegen.
ER. Einen anderen Tag haben wir einfach nicht. Wenigstens für eine halbe Stunde.
SIE. Wo?
ER. Mir wäre die Apotheke recht.
SIE. Da sind zu viele Leute
ER. Dann eben in der Bibliothek.
SIE. Da ist es zu leer. Da fallen wir auf. Vielleicht in ein Hotel?
ER. Zu teuer. Besser im Park.
SIE. Zu weit, da haben wir keine Zeit. Und außerdem frieren wir da.
ER. Dann setzen wir uns einfach in irgendeinen Bus und fahren zur Endstation und zurück.
SIE. Damit uns die ganze Stadt sieht?
ER. Und was schlägst du vor?
SIE. (denkt ein bisschen nach.) Gut, dann nehmen den Autobus. Aber du darfst nicht mit mir sprechen, dich nicht neben mich setzen und nicht in meine Richtung gucken.
ER. Einverstanden.
SIE. (trägt es in´s Notizbuch ein.) Also: am elften, um zwölf im Bus Nummer Dreizehn.
ER. (Möchte auch etwas in das Notizbuch eintragen, hält aber inne.) Warte! Am elften kann ich nicht!
SIE. Du hast das doch selbst vorgeschlagen!
ER. Ich habe vergessen, dass meine Frau Geburtstag hat.
SIE. Ihr habt doch vorigen Monat den Geburtstag gefeiert.
ER. Das war nicht der Geburtstag meiner Frau, sondern unseres Kindes.
SIE. Du hast jede Woche eine Familienfeierlichkeit.
ER. Was kann ich dagegen machen?
SIE. Kannst du dir nicht etwas ausdenken, damit du für eine halbe Stunde mal weggehen kannst?
ER. (denkt nach.) Kannst du vielleicht Haare schneiden?
SIE. Nein
ER. Schade. Da hätte ich sagen können, dass ich zum Friseur gehe.
SIE. Und wenn ich es auch könnte, wo hätte ich dir dann die Haare geschnitten? Im Park? Im Bus?
ER. Sei nicht böse.
SIE. Ich bin nicht böse.
ER. Ich rufe dich lieber an.
SIE. Mich kannst du nicht anrufen. Das weißt du doch. Auf dem Handy sieht man, wer angerufen hat. Mein Mann könnte dahinter kommen.
ER. Ich rufe dich auf Arbeit an.
SIE. Bist du verrückt geworden? Das ganze Büro weiß dann, dass mich eine männliche Stimme anruft.
ER. Na und?
SIE. Sie sagen es ihm.
ER. Warum machen sie das?
SIE. Du kennst die Menschen nicht.
ER. Wenn du willst, rufe ich mit Frauenstimme an.
SIE. Versteh doch, Leva…
ER. Borja.
SIE. Ach ja, Borja. Borja, siehst du, wie leicht man sich verwechseln kann.
ER. Was wolltest du sagen?
SIE. Dass du nicht mit Frauenstimme sprechen kannst.
ER. Wenn es sein muss, kann ich schon (mit Frauenstimme.)“Seien Sie so nett, rufen Sie doch bitte Frau.....ans Telefon.“ (Mit normaler Stimme.) Na, wie war´s?
SIE. (Seufzend.) Es ist besser, wenn ich dich auf der Arbeit anrufe. Es ist für mich sehr schwer anzurufen,
ER. Und ich bin schwer anzutreffen.
SIE. Aber im Fall der Fälle richten sie es dir aus?
ER. Ja schon. Besser wäre natürlich etwas Dienstliches.
SIE. Gut, weißt du was, wir verlegen auf alle Fälle die Zeit um einen Tag und 2 Stunden
ER. Wie geht das?
SIE. Nun, wenn ich sage „Sagen Sie ihm das die Besprechung morgen um Drei ist, dann treffen wir uns in Wirklichkeit übermorgen um Fünf.
ER. (endgültig verwirrt.) „Morgen um Fünf… übermorgen um Drei…“Vielleicht wird es einfacher, wenn ich dir eine Mail schicke.
SIE. Geht nicht. Mein Mann kennt mein Passwort.
ER. (schaut auf die Uhr.) Verzeih, aber ich muss schnellstens in mein Büro.
SIE. Wir haben aber noch nichts ausgemacht.
ER. Dann rufe ich wenigstens mal an. (wählt eine Nummer. Mit Frauenstimme.) Rufen Sie bitte Mischa…Mischa? Wie ist es, alles in Ordnung? Du erkennst mich nicht. Hier ist Borja( erinnert sich plötzlich, mit normaler Stimme.) Ach; Sch…Nicht Borja, sondern Leva! Leva! Nein ich hab nicht getrunken und mache mich auch nicht lustig. Ich erkläre das später. Was?! Er hat mich vermisst? (angstvoll.) Schon lange? Schreit und spielt verrückt? (Legt den Hörer auf. Tragisch.) Das hat gerade noch gefehlt.
SIE. Was ist passiert?
ER. Er droht, mich wegen Schwänzen zu entlassen.
SIE. Das wird schon vorbeigehen.
ER. Du hast gut reden.
SIE. Mach keine Panik.
ER. Der Chef hat mich schon lange auf dem Kieker. Er wartet nur auf einen Anlass.
SIE. Na gut, ich renne los.
ER. Wir gehen zusammen raus.
SIE. Zusammen geht nicht. Man könnte es bemerken.
ER. Das ist richtig. Geh als erste.
SIE. (nimmt die Tasche.) Küsse mich zum Abschied.
ER. (küsst sie eilig.) Auf Wiedersehen.
SIE.