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Ein Heimsieg per Post


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      Ein Heimsieg per Post

      Kurioses aus 50 Jahren Bundesliga mit Borussia Mönchengladbach

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      Markus Aretz (Hrsg.)

      Christoph Baumeister

      Andreas Cüppers

      Michael Lessenich

      VERLAG DIE WERKSTATT

      Fotonachweis:

      Horstmüller Pressebilderdienst: 25, 28, 42, 66, 141, 163, 171

      imago sportfoto: 9, 14, 17, 21, 34, 39, 44, 59, 61, 69, 95, 97, 101, 109, 117, 121, 137, 147, 153, 157, 179, 184

      Johannes Kruck: Cover, 189, 193 / Walter Strucken: 51, 53, 89 /

      Dieter Wiechmann: 77, 81, 87, 105, 113, 125, 129, 133, 151, 165, 173, 181

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

      Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

      Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      1. Auflage 2013

      Copyright © 2013 Verlag Die Werkstatt GmbH

      Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

      www.werkstatt-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt

      ISBN 978-3-7307-0072-3

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      1963|64

      Mehr Sportabzeichen als Punkte

      Es gibt einige Kenner der Borussia-Geschichte, die nicht allein Hennes Weisweiler für den wundersamen Aufstieg der Fohlenelf verantwortlich machen, sondern auch dessen Vorgänger Fritz Langner einen gehörigen Anteil an der Talentschmiede vom Bökelberg zusprechen. Langner kam 1962 von Westfalia Herne, das er drei Jahre zuvor zum Meister der Oberliga West gemacht hatte, zur Borussia. Seinen Beinamen „Eiserner Fritz“, zurückzuführen auf seine Trainingsmethoden, brachte er da schon mit. „Langner hat uns getriezt bis zum Gehtnichtmehr“, erinnert sich der spätere VfL-Torjäger Herbert Laumen an seinen ersten Trainer im Profifußball. „Er hat uns gedrillt, aber auch fußballerisch einiges in unsere junge Mannschaft reingebracht. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass es ideal war, erst ihn als Trainer zu haben und danach Hennes Weisweiler.“

      Unter Fritz Langner trainieren zu müssen, war nicht immer eine Freude. „Er war einer der härtesten Trainer, die es gab“, sagte Rudi Assauer, der Spieler bei Langner war, als der im Anschluss an seine Zeit in Mönchengladbach als Bundesligatrainer bei Schalke 04 arbeitete. An seinen Trainingsmethoden rieb man sich auch bei Borussia, als Anfang der Saison 1963/64 der gewünschte Aufschwung ausblieb und die Mannschaft nicht an der Spitze der Regionalliga West mitspielte, sondern ins Mittelfeld abrutschte. Der Vorstand hatte als Saisonziel den Aufstieg in die Bundesliga ausgegeben und war unzufrieden mit der Entwicklung der neu formierten Mannschaft, in der es junge, vielversprechende Talente wie Günter Netzer, Horst-Dieter Höttges und Rudi Pöggeler gab. Die Stimmung im Verein sickerte durch in die Zeitungen. „Man glaubt bei Borussia, dass Langners Trainingsmethodik zwar erfolgreich, aber in der Konsequenz nicht individuell genug ist“, schrieb die Westdeutsche Zeitung im Oktober 1963. Langner indes reagierte auf das Grummeln der Bosse mit eiserner Hand, prangerte das „unkameradschaftliche Verhalten einzelner Spieler“ an und warf der Mannschaft vor, zu viel „das süße Leben“ zu genießen.

       Verschiedentlich war zu sehen, welch geschliffene Spielweise in der Borussen–mannschaft steckt. Sie ist technisch beschlagen und wird in Zukunft sicher ihren Weg machen.“

      Bundestrainer Sepp Herberger, nachdem er am Bökelberg die 1:2-Niederlage der Gladbacher gegen Schwarz-Weiß Essen verfolgt hatte.

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      Schwergewicht beim Kugelstoßen: Borussias Torwart Manfred Orzessek.

      Man stritt sich also ein wenig in jenen Tagen am Bökelberg, kein Streitpunkt war indes die Fitness der Mannschaft. Die Spieler fühlten sich körperlich sogar so prächtig, dass sie selber auf die Idee kamen, den Leichtathleten nachzueifern, die sie beim Training in der Süchtelner Waldkampfbahn beobachtet hatten. „Das können wir auch“, sagten sich die Borussen und schlugen ihrem Trainer vor, die Übungen für das Sportabzeichen zu absolvieren. Gesagt, getan, an einem Nachmittag im Dezember 1963 konnte man Borussias Fußballer dabei beobachten, wie sie sich im Weitsprung, Kugelstoßen, 100-Meter-Lauf und 5.000-Meter-Lauf versuchten. Alles innerhalb einer Stunde. Eine Woche später ging’s dann noch ins Schwimmbad zur 300-Meter-Schwimmprüfung.

      SAISONVERLAUF

      NETZERS ERSTES JAHR, AUFSTIEG WIRD VERFEHLT Nachdem Borussia Mönchengladbach bei der Gründung der Bundesliga im Sommer 1963 nicht zu den 16 auserwählten Klubs für die neue Eliteliga des deutschen Fußballs gehört hat, nimmt man sich am Bökelberg den schnellen Aufstieg aus der Regionalliga West vor. „Im Mittelpunkt unseres Strebens ist der Aufstieg in die Bundesliga“, sagt Vorstandsvize Helmut Grashoff vor der Saison 1963/64. Doch die junge Mannschaft, in der der 18-jährige Günter Netzer seine ersten Spiele für den VfL bestreitet, legt nicht die nötige Konstanz an den Tag, um tatsächlich ernsthaft um einen der ersten beiden Tabellenplätze mitzuspielen. Es gibt eine Reihe von sehr ansehnlichen Spielen wie zum Beispiel einen 5:1-Auswärtssieg bei Rot-Weiss Essen, doch auch immer wieder Rückschläge. Nach einer Serie von vier Siegen hintereinander tut sich im Frühjahr zwar doch noch mal die Chance auf den Aufstieg auf, doch in den letzten sieben Saisonspielen gelingt der Mannschaft kein einziger doppelter Punktgewinn mehr. Auf die immer lauter werdende Debatte um die Amtsführung von Trainer Fritz Langner reagiert dieser schließlich mit der Bekanntgabe seines bevorstehenden Wechsels zu Schalke 04. Borussias Vereinsführung braucht nicht lange, um einen Nachfolger zu finden: Hennes Weisweiler, vorher sechs Jahre lang bei Viktoria Köln, übernimmt am 30. April 1964 – zwei Spieltage vor dem Saisonende – das Ruder. Borussia beendet die Saison als Achter, das Unternehmen Aufstieg muss auf die nächste Spielzeit verschoben werden.

      „Da wollte sich natürlich keiner eine Blöße geben, und unser Trainer hatte Spaß, weil sich keiner schonen konnte“, so Herbert Laumen. Fritz Langner durfte dann auch zufrieden sein, denn alle seine Schützlinge schafften die nötige Punktzahl, so dass 20 Borussen mit dem bronzenen Sportabzeichen ausgezeichnet wurden. In der Presse wurde der Seitensprung der Fußballer indes mit einem Seitenblick auf die mittelmäßige Tabellensituation süffisant kommentiert. „Mehr Sportabzeichen als Punkte“, lautete die Überschrift in der Rheinischen Post, die auch ein Bild von der Aktion brachte und sich eine Anspielung auf die Körperfülle von Torwart Manfred Orzessek – im Verein „der Dicke“ genannt – nicht verkneifen konnte: „Unser Bild aus Süchteln hat den schwergewichtigen Torhüter Orzessek beim Kugelstoßen festgehalten, in dem er 10,75 Meter hinlegte.“

      PERSONALIE

      KEINE VERTRAGSGESPRÄCHE MIT DEM BESTEN TORJÄGER Eigentlich ist er mit 27 Jahren im besten Fußballeralter und seine Torquote ist auch vom Feinsten. Auch in dieser Saison trifft Uli Kohn wieder wie am Fließband: jeweils vier Tore beim 6:1 gegen den Lüner SV und beim 5:2 gegen die SpVgg Herten, drei Treffer beim 4:0 gegen den STV Horst-Emscher. Insgesamt sind es am Ende der Saison 22 Tore, damit ist Kohn der mit Abstand beste Schütze der Borussen. Doch in der Ungewissheit um die weitere Besetzung des Trainerpostens versäumt die Vereinsführung es, Vertragsgespräche mit Uli Kohn zu führen. Borussias erfolgreichster Torschütze der vergangenen fünf Jahre (90 Tore in 156 Pflichtspielen) schaut sich deshalb anderweitig um, immerhin buhlen Bundesligisten wie der 1. FC Kaiserslautern und Preußen Münster um seine Dienste. Erst als Hennes Weisweiler als neuer Trainer im Amt ist, bemüht man sich