Valentin Krasnogorov

Heute oder nie!


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entsteht ein lange Pause.)

      SIE: Nun, was schweigen Sie denn?

      ER: Und was sollte ich sagen?

      SIE: Da Sie sich schon zu mir gesetzt haben ist die Reihe an Ihnen, mich zu unterhalten

      ER: Ihnen gelingt das besser.

      SIE: Danke. Übrigens, Sie kennen meine Fähigkeiten noch nicht in vollem Umfang. Wie sagte eine prahlerische Primadonna eines Singspiels, „meine volle Stimme gebe ich abends“.

      ER: Das klingt vielversprechend.

      SIE: Ich halte meine Versprechungen immer.

      ER: Gestatten Sie noch einmal zu wiederholen: Sie sind eine interessante Gesprächspartnerin und mit Ihnen zu reden bin ich bereit, so lange Sie wollen. Aber nicht mehr als das. Wenn Sie also mit einem Verdienst rechnen, dann verlieren Sie besser keine Zeit und suchen sich einen anderen Klienten.

      SIE: Sie verhalten sich sehr seltsam. Gewöhnlich wollen Männer ohne Gespräche direkt zur Sache kommen. Sie aber bevorzugen Gespräche und weichen von der Sache ab.

      ER: Das, was Sie Sache nennen, kann jede Dahergelaufene. Aber hier, klug und interessant eine Unterhaltung zu führen, das kann bei weitem nicht jede. Eine Sünde, so eine Gelegenheit auszulassen.

      SIE: Unter kluger und interessanter Unterhaltung verstehen Sie offenbar den Austausch von Grobheiten.

      ER: Ich kann erklären, warum ich so schroff mit Ihnen war. Ich spürte, dass man mich entern will. Das gefiel mir nicht, und ich war gezwungen, mich zu verteidigen. Wenn unsere weitere Unterhaltung ohne erotische Anspielungen verlaufen wird, werde ich mich frei fühlen und mit Vergnügen mit Ihnen über Gott und die Welt plaudern.

      SIE: Sagen Sie mir direkt, was Ihnen an mir nicht passt? Bin ich hässlich? Langweilig? Unangenehm?

      ER: Überhaupt nicht.

      SIE: Und wo ist dann das Problem?

      ER: Nun, überlegen Sie selbst, warum sollte ich mich auf ein Abenteuer mit einer unbekannten Frau einlassen? Äußerlich sind Sie anziehend, zweifelsohne. Wahrscheinlich wird es angenehm, mit Ihnen einzuschlafen, aber, vielleicht wache ich morgen auf und finde weder Geld noch Dokumente. Und vielleicht arbeiten Sie als Paar, mit einem Freund, der mir wegen meines Geldbeutels den Kopf einschlägt.

      SIE: Was sind Sie für ein gescheiter und vorsichtiger Mensch. An alles denken Sie.

      ER: In Ihren Augen ist das ein Nachteil, ich weiß. „Aber bedauernswert ist der, der alles vorhersieht“…

      SIE: Und warum fürchte ICH Sie nicht? Sie können mich doch auch ausrauben.

      ER: Ich – Sie?

      SIE: Warum nicht? Ich habe übrigens nicht wenig Geld bei mir. Hier, schauen Sie! (Öffnet die Handtasche.)

      ER: (In die Tasche schauend.) Oho! Woher so viel?

      SIE: Das habe ich in den letzten vier Tagen verdient. Ihr Freund schlägt mir deshalb den Kopf nicht ein?

      ER: Ich sehe, man bezahlt Ihnen nicht wenig.

      SIE: Ich beklage mich nicht. Die Arbeit ist aber auch nicht leicht. Und erfordert eine hohe Qualifikation.

      ER: Falls das kein Geheimnis ist, wie viel nehmen Sie?

      SIE: Machen Sie sich keine Sorgen, wir einigen uns irgendwie.

      ER: Ich frage nicht wegen mir, sondern im Allgemeinen.

      SIE: Das hängt von der Zeit ab, von den finanziellen Möglichkeiten des Auftraggebers, von meiner Stimmung und noch von vielem mehr.

      ER: Und trotzdem, wie viel?

      SIE: Und wie viel ist es Ihnen wert?

      ER: Gar nichts. Ich brauche das auch umsonst nicht. Ich interessiere mich nur aus Neugier.

      SIE: Wissen Sie, was ich Ihnen sage? Wenn, zum Beispiel, in Spanien eine Dame einem Herren ein Treffen anbot – selbst in stockdunkler Nacht und an unbekanntem Ort – dann ging er dorthin, ohne zu zögern, ohne an den Geldbeutel zu denken oder an Gefahren. So handelten richtige Caballeros.

      ER: Aber wir sind nicht in Spanien und geben keine Mantel-und-Degen-Vorstellung. Wir sind in unserer trüben, täglichen Wirklichkeit, wo es viel Hinterlist, Betrug, Verbrechen und Grausamkeit gibt. Zudem geht es nicht nur um meine Vorsichtigkeit.

      SIE: Um was denn?

      ER: Um offen zu sein, den Löffel in den Brei zu stecken ist angenehm auf einem sauberen Teller und nicht in einem öffentlichen Spucknapf. Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht beleidigen.

      SIE: Vielleicht wollten Sie das nicht, aber Sie haben beleidigt. Aber nicht mit groben Worten, nein, die habe ich schon von Ihnen gehört, sondern damit, dass Sie mich einfach nicht wollen. Und für eine Frau gibt es keine größere Beleidigung, als zu wissen, dass sie unerwünscht ist.

      ER: Bitte, verlassen wir dieses Thema. Wir haben uns doch geeinigt.

      SIE: Wir haben uns auf nichts geeinigt.

      ER: Sprechen wir von irgendetwas anderem.

      SIE: Lassen Sie uns lieber über irgendetwas anderes schweigen. (Pause.)

      ER: Da Sie keinen Wodka mögen, bestellen wir vielleicht wirklich Champagner?

      SIE: Nicht jetzt.

      ER: Und wann dann?

      SIE: Morgen früh.

      ER: Den morgigen Morgen wird es nicht geben.

      SIE: Wird es.

      ER: Wird es nicht.

      SIE: Und was wird? Nur die Nacht?

      ER: Nichts wird. Ich hab´ doch gesagt – kein Bett.

      SIE: Das habe ich Ihnen auch nicht versprochen. Aber überhaupt, ein verheirateter Mann ist in zwei Fällen nicht zum Bett geneigt: Entweder hat ihn die Ehefrau so verzaubert, dass es ihn nicht zu anderen Frauen zieht, oder sie hat ihn so sehr abgestumpft, dass er daran den Geschmack verloren hat. Mit welcher dieser Möglichkeiten haben wir es in unserem Fall zu tun?

      ER: (Brüsk.) Ich habe Sie, scheint es, gebeten, mein privates Leben nicht zu berühren. Kein Wort über meine Frau. Und überhaupt, nicht über mich zu reden.

      SIE: Worüber dann?

      ER: Über was Sie wollen, nur nicht über mich.

      SIE: Aber ich möchte gerade nur über Sie reden.

      ER: Wozu brauchen Sie das?

      SIE: Das brauchen SIE. SIE sind unglücklich. Sie haben niemanden, um die Seele auszuschütten.

      ER: Ich bin völlig in Ordnung.

      SIE: Und Sie fürchten mich.

      ER: Ich – Sie?

      SIE: Ja, Sie fürchten sich mir nachzugeben, aber noch mehr fürchten Sie sich, mich zu verlassen, zurückzukehren in Ihr Zimmer und mit sich und Ihrer Schlaflosigkeit alleine zu bleiben. Gerade deshalb sitzen Sie mit mir und bieten mir Champagner an, obwohl Sie mich in Ihrer Seele verachten. Verachten und wollen. So ist es doch?

      ER: Quatsch.

      SIE: Das ist die Wahrheit.

      ER: Nein, Sie irren sich.

      SIE: Sie verachten nicht, sondern wollen nur?

      ER: Nein.

      SIE: Sie wollen nicht, sondern verachten nur?

      ER: Sie können erstaunlich leicht reizen und sich an jedes Wort klammern.

      SIE: Ich klammere, weil ich Sie angeln will. Ist das denn nicht verständlich?

      ER: Und das geben Sie zu?

      SIE: Habe ich das etwa verheimlicht? Ich habe Sie doch von Anfang an darin bestätigt. Aber Sie fürchten mich, warum auch immer.

      ER: Ich fürchte nichts. Mir wird es einfach unangenehm sein, morgens mit einer unbekannten Frau aufzuwachen.

      SIE: Und nicht zu wissen, wie Sie sie loswerden.

      ER: Das habe ich nicht gesagt.

      SIE: