ohne Wasserkühlung zu arbeiten, um möglichst viele Späne zu gewinnen.
Abb. 3-8 Die Rillen dieses Spiralbohrers (Camlog, Wimsheim) haben sich beim niedrigtourigen Bohren mit Knochenspänen gefüllt, die gesammelt und aufbewahrt werden können.
Knochenkollektoren
Frässpäne aus einem Knochenkollektor, das ist ein in den Absaugschlauch integriertes Sieb, haben das Risiko einer höheren bakteriellen Kontamination als Scraperspäne, enthalten aber vitale teilungsfähige und osteogen differenzierte Zellen1. Um die Kontamination durch Speichelbakterien möglichst gering zu halten, ist die Einschaltung des Kollektors nur kurzzeitig während der Implantatbohrung oder während anderer Knochenarbeiten zu empfehlen. Es gibt verschiedene Ansätze, die Filterknochenpartikel zu desinfizieren. Dies geht aufgrund der toxischen Wirkung der Desinfizientien aber mit einer erhöhten Nekroserate der Knochenzellen und Inaktivierung der Wachstums- und Differenzierungsfaktoren einher8, weshalb sich diese Methode noch nicht durchgesetzt hat bzw. in der Entwicklung befindet. Derzeit ist 1 Minute Einwirkzeit von 0,2 % Chlorhexidinlösung das schonendste Verfahren aufgrund von Studiendaten9, wird aber vom Autor nicht verwendet.
Trepanspäne
Bei Trepanbohrern entstehen durch hohe Rotationsgeschwindigkeit und die große Oberfläche leicht Kühlungsprobleme, sodass wenig Druck und reichlich Kochsalzlösung zur Spülung verwandt werden soll. Es gibt Trepanbohrer mit Innenschneiden, die den Trepan zeitgleich zu Partikeln zermahlen und in einem Reservoir sammeln. 2,5-mm-Knochenstanzen lassen sich mit 3,5-mm-Trepanbohrern gewinnen, die anstelle der Implantatvorbohrung benutzt werden. Die Kerne werden mit Mikroschrauben im Empfängerort befestigt10. Meistens werden Knochentrepanzylinder am Kinn gewonnen (Abb. 3-9).
Abb. 3-9 Entnahme von Trepanspänen aus dem Kinn.
Knochenmühle, partikuläre Transplantate
Knochentransplantate können durch eine Knochenmühle zerkleinert werden. Die Zerspanung von Kompaktastücken bringt die eingeschlossenen Wachstumsfaktoren und osteoinduktiven Proteine an die Oberfläche und vergrößert das Volumen des Knochentransplantats ganz erheblich. Dafür sinkt die Zahl der vitalen Knochenzellen. Derartige Knochenpartikel lassen sich als Füller neben größeren Transplantaten oder zur Sinusbodenaugmentation einsetzen.
Intraorale Blocktransplantate von Linea obliqua, Crista zygomaticoalveolaris, Tuber maxillae und Kinn
Das Linea-obliqua-Transplantat (Abb. 3-10) hat ein besseres Nutzen-Risiko-Profil als der Kinnknochenblock (Abb. 3-11). Einer prospektiven Studie an 45 Patienten zufolge traten mit 40 % der Fälle sechsmal so viele Gefühlsstörungen in der Kinngruppe verglichen mit der Linea obliqua auf, wovon nach einem Jahr bei 2 Patienten der Kinngruppe versus keinen Patienten der Linea-obliqua-Gruppe permanente Restzustände verblieben waren. Die Patientenakzeptanz war zwischen Kinn und Linea obliqua gleich, aber signifikant höher, wenn die Blockentnahme mit der Entfernung eines Weisheitszahnes kombiniert worden war11. Eine retrospektive vergleichende Studie wies auf das Risiko einer verbleibenden dauerhaften Schädigung des Nervus buccalis mit gestörter Sensibilität des Vestibulums und der Innenwange hin12. Diese Komplikation wird vermieden, wenn der distale Entlastungsschnitt auf den aufsteigenden Unterkieferast nicht länger als 1 cm ausfällt.
Abb. 3-10 a. Freilegen der Linea obliqua und Anzeichnung der Transplantatlage mit einem Bleistift. b. Streng monokortikale Osteotomie seitlich des Siebeners mit der Lindemannfräse in Ausrichtung parallel zur Außenwand, vorderer und hinterer Schnitt, Verbindungsschnitt in Längsrichtung. Hier abgebildet, geschützte Mini-Kreissäge nach Khoury (Dentsply Sirona, Mannheim). c. Anpassen des Knochenblocks als vestibuläre Schalentechnik. d. Osteosynthese durch Zugschraube (1,5-mm-System, KLS Martin, Tuttlingen). e. Linea obliqua und Lage der Transplantatentnahme (gestrichelt maximal mögliche Ausdehnung). Die Transplantatentnahme sollte zur Vermeidung von Frakturen nicht im hochbelasteten aufsteigenden Kieferast erfolgen (X).
Abb. 3-11 a. Entnahme eines monokortikalen autologen Knochenblocks vom Kinn. b. Osteosynthese zur lateralen Augmentation in der regio 32-33. c. Aufschließen des Blocks zur rascheren Integration durch perforierende Kortikalisbohrungen. Gewinnung der Chips durch den Knochenfilter.
Der Kinnknochen hat einige bedeutende Nachteile. Zu seiner Gewinnung wird der Musculus mentalis abgeschoben. Dies resultierte in einer prospektiven Studie in einer messbaren postoperativen Kinnptose von 1,65 mm im Durchschnitt erhöhter unterer Zahnschau13, einer Komplikation, die man kennen muss, getreu Goethes italienischer Reise „Man sieht nur, was man weiß“. Der Autor hebt daher Kinnknochentransplantate nur, wenn keine anderen Knochenquellen in Frage kommen, und dann über einen Längsschnitt im Lippenbändchen ohne Ablösung des Musculus mentalis. Das Blocktransplantat vom Kinn sollte auch deshalb nicht im Regelfall eingesetzt werden, weil man ungewollt einen nach lingual perforierenden Defekt erzeugen kann, der nicht mehr vollständig abheilt. Bei großen Kinnknochentransplantaten sind Beeinträchtigungen der äußeren Weichteilkontur möglich. Die Hauptkomplikation der Kinnknochenentnahme sind etwa 30 % devitale untere Frontzähne14, auch weil der Nervus incisivus im Schnitt nur 3 mm unter der bukkalen Kompakta liegt15. Einer systematischen Übersichtsarbeit zufolge bevorzugten die Patienten sogar den Beckenkammblock gegenüber dem Kinnblock16. Das Kinn sollte ein Entnahmeort zweiter Wahl sein, wenn andere Orte bereits ausgenutzt worden sind.
Zusammenhängende Knochenspäne, die sich zum horizontalen oder vertikalen Kieferkammaufbau eignen, können auch vom Tuber maxillae gewonnen werden. Die Späne vom Tuber maxillae sind recht spongiös aufgebaut und haben eine höhere Resorptionsneigung als Späne von der Linea obliqua. Sie haben aber nur eine etwa halb so hohe Knochendichte wie Späne von der Linea obliqua17. Am Tuber lassen sich auch kombinierte Knochen-Weichgewebestanzen zur Ridge Preservation mit gleichzeitiger Wandrekonstruktion gewinnen18 (Abb. 3-12). Dabei sollte man aber nicht die Kieferhöhle eröffnen.