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Die Geschichte des Untergangs der RMS Titanic


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zu tun sei. Jemand muss den Sicherungsstift finden, der die Seile festhält, und daran ziehen!‹, rief einer der Männer an den Winden über uns. Niemand wusste, wo diese Stifte waren. Wir suchten überall, an den Seiten und auf dem Boden, fanden aber nichts. Und es war schwierig, sich unter so vielen Menschen zu bewegen – es waren ja rund sechzig oder siebzig Personen im Boot! Also ging es weiter in die Tiefe und wir wurden fast überflutet, während wir immer noch an den Seilen hingen. Der Wasserstrahl drückte uns vom Rumpf der Titanic weg und die Meereswellen schubsten uns gleich wieder zurück. Das Ergebnis dieses Hin und Hers war, dass wir parallel zum Schiffsrumpf direkt unter Beiboot Nummer 14 gerieten, das inzwischen voll beladen nach unten gelassen wurde. Es drohte, auf uns zu landen und uns unter Wasser zu drücken.

      ZU LAUT

      ›Hört auf, Nummer 14 runter zulassen!‹, riefen wir und die Besatzung von Nummer 14, höchstens sechs, sieben Meter über uns, rief das gleiche! Aber der Abstand zu den Winden weit oben und das Kreischen der Flaschenzüge muss alles übertönt haben, denn Nummer 14 kam immer weiter runter. Fünf Meter, vier Meter, drei … ein Heizer und ich packten den über uns hängenden Rumpf – gleich würde er unsere Köpfe berühren. Aber kurz zuvor sprang ein anderer Heizer auf und zückte sein Messer.

      ›Eins,‹ hörte ich ihn rufen, ›zwei,‹ und sein Messer zerschnitt die Halteleinen. Der Kühlwasserstrahl schob uns direkt weg, während Nummer 14 genau dort ins Wasser fiel, wo wir gerade noch waren. Die Boote berührten sich sogar noch.

      Jetzt konnten wir schnell vom sinkenden Schiff wegrudern. Die Crew unseres Bootes schien hauptsächlich aus Küchenpersonal mit ihren weißen Jacken zu bestehen; zwei Köche an den Riemen, ein Heizer am Ruder.

      Der kommandierende Heizer sagte uns, er führe seit sechsundzwanzig Jahren zur See und er hätte noch nie eine so ruhige Nacht auf dem Atlantik erlebt. Als wir von der Titanic wegruderten schauten wir von Zeit zu Zeit zu ihr zurück. Niemand von uns wird je wieder eine so ergreifende Szene beobachten können.

      AUCH IM TODESKAMPF NOCH BEEINDRUCKEND

      Aus der Ferne wirkte sie unglaublich gestreckt: Der große Rumpf setzte sich schwarz gegen die Sterne ab, jedes Bullauge, jedes Salonfenster war hell erleuchtet. Unmöglich zu denken, mit diesem Leviathan stimme etwas nicht, hätte er nicht so schräg im Wasser gelegen. Das Wasser erreichte nun schon die unterste Reihe Bullaugen. Etwa gegen 2:00 Uhr – soweit ich mich recht erinnere - bemerkten wir, dass sie nun immer schneller sank, Bug und Brücke lagen bereits komplett unter Wasser. Es schien nur noch ein Frage von Minuten zu sein. Und so war es auch.

      Es hob langsam das Heck, den Bug fast senkrecht nach unten. In diesem Augenblick erloschen alle Lichter, die während der ganzen Zeit, seit wir sie verlassen hatten, nicht einmal geflackert hatten. Dann kamen sie ganz kurz wieder und schließlich war alles weg.

      Zu unserem Entsetzen mussten wir sehen, wie sie in dieser aufrechten Position, den Bug zuunterst, einen Augenblick verharrte – vielleicht fünf Minuten. Zirka 50 Meter ragte sie wie ein Schatten senkrecht aus dem Wasser. Dann tauchte sie ab.

      TODESSCHREIE

      Und dann, um allem die Krone aufzusetzen, erreichte unsere Ohren das schrecklichste Geräusch, das jemals ein Mensch vernommen hat: Die Schreie Hunderter unserer Mit-Passagiere, die im Eiswasser strampelten. Hilferufe, auf die wir – und das war uns klar – nicht reagieren konnten. Wir überlegten zwar, zurückzukehren um wenigstens einige von ihnen zu retten, aber das hätte bedeutet, vielleicht unser Boot zum Kentern zu bringen und das Leben aller zu riskieren.

      DIE CARPATHIA TAUCHT AUF

      Unsere Retter kamen nach ein paar Stunden. Als sie beidrehten, sahen wir die Lichter der Kabinen in der Dunkelheit und wussten, dass es sich um einen großen Dampfer handeln musste. Sie verharrte und wir musste zu ihr hin rudern. Dann erst brach der Tag an – ein ruhiger, klarer, wunderschöner Sonnenaufgang mit rosa Wölkchen über dem Horizont und einem Mond, der fast das Wasser berührte.

      Die Mannschaft, die Passagiere und Offiziere, sie alle gaben uns ihre Kabinen, Kleider und jeden möglichen Komfort … Ihnen gebührt alle Ehre.«

      ANMERKUNG

      Die Lizenz des English Board of Trade bescheinigte der Titanic ein Passagier-Fassungsvermögen von rund 3.500 Personen. Dasselbe Zertifikat belegt das Fassungsvermögen der Rettungsboote mit maximal 950 Personen in folgenden Booten: Vierzehn große Rettungsboote, zwei kleinere und vier Faltboote.

      Rettungswesten waren ausreichend und leicht zugänglich vorhanden.

      Die wahrscheinliche Anzahl der Menschen an Bord betrug auf der Katastrophenfahrt:

      Erste Klasse: 330; Zweite Klasse: 320; Dritte Klasse: 750. Passagiere insgesamt: 1400. Offiziere und Besatzung: 940 – insgesamt an Bord: 2.340

      Durch die Carpathia konnten gerettet werden:

      Erste Klasse: 210; Zweite Klasse: 125; Dritte Klasse: 200; Offiziere: 4; Seemänner: 39; Stewards: 96; Heizer: 71 – Besatzung insgesamt: 210.

      Die 745 Geretteten stellten nur 80% der möglichen Rettungsboot-Kapazität dar.

       Die Rettung der Überlebenden

      NUR 745 DER 2.340 SEELEN AN BORD DES VERDAMMTEN LUXUSLINERS GERETTET – NUR LEICHTER STOSS BEIM AUFPRALL DER TITANIC AUF DEN EISBERG ZU VERSPÜREN

      Mit Leid, Trauer, Grauen und Tod beladen, brachte die Carpathia nur wenigen ein freudiges Wiedersehen und den meisten das Ende jedweder Hoffnung, als sie vier Tage nach dem Desaster zu der in Entsetzen erstarrten Nation zurückkehrte. Sie wurde von Tausenden empfangen, die nur flüsternd miteinander sprachen.

      Die Geschichten, die sie mitbrachte, können einem das Herz brechen, sie erzählen aber auch von Mut und Besonnenheit im Anblick höchster Gefahr und Tod.

      Während das Schiff sank spielte die Kapelle – sofern man denen glauben schenken darf, die als letzte das Schiff verließen.

      1.595 TOTE

      Als die Carpathia den Hafen erreichte, wurden 1.601 Tote gezählt. An Bord der Titanic waren 2.340 Personen, von denen 745 gerettet werden konnten. Sechs von ihnen verstarben noch an Bord der Carpathia.

      Die Titanic fuhr mit Volldampf, mit allem was die Maschinen an Leistung hergeben konnten, ihrem Untergang entgegen. Dies war aber auch der Befehl des Schiffs-Eigners. Mr. J. H. Moody – Quartiermeister auf der Titanic und in dieser Nacht der Rudergänger auf der Brücke – bestätigte dies und berichtete, das Schiff sei mit rund 21 Knoten (etwa 40 Kilometer die Stunde) unterwegs gewesen und die Offiziere wollten den Geschwindigkeitsrekord brechen*.

      »Es war kurz vor Mitternacht,« sagte Moody, »und ich stand zusammen mit dem Zweiten Offizier auf der Brücke, der das Kommando hatte. Auf einmal brüllte er: ›Ruder hart backbord!‹, was ich dann auch befolgte, aber es war zu spät. Wir rammten den Eisberges.«

      KAUM EIN AUFPRALL zu SPÜREN

      Fast alle überlebenden Passagiere sagen aus, dass die Titanic plötzlich nicht mehr unter Vollgas lief – wie ansonsten die ganze Fahrt über –, sondern durch die Wellen glitt und sich schließlich ein paar Fuß aus dem Wasser hob.* Kaum eine Erschütterung sei zu verspüren gewesen. Sie schwankte leicht und sackte dann wieder zurück. Der leise Aufprall lockte einige Nachtschwärmer aus dem Vergnügungsräumen an Deck. Offiziere und Unteroffiziere rannten herum. Man konnte keinen Schaden erkenn – zumindest die Passagiere konnten dies nicht.

      Es gab keine Panik. Alles schien in Ordnung und selbst diejenigen, die ein wenig Angst verspürt hatten – wohl da sie weniger Erfahrung hatten als andere Reisende, die öfters zu dieser Jahreszeit den Ozean überquerten und sich mit Zwischenfällen auskannten – beruhigten sich schnell wieder.

      Niemand auf der Titanic – das trifft natürlich nicht für die Mannschaft zu, die tief unten im Rumpf arbeitete – wusste um den wahren Schaden. Viele der Passagiere nahmen sich sogar die Zeit, sich anzukleiden, so sicher waren sie sich, dass keine Gefahr bestünde. Sie