Michael E Platt

Die Hormonrevolution


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produziert zu viel Insulin. Weniger Kohlenhydrate aufzunehmen, ist in diesen Fällen unbedingt notwendig. Dieses Konzept ist nicht neu – es ist bereits mehr als 150 Jahre alt und die Basis zahlreicher Diäten. Meine Behandlung unterscheidet sich insofern, dass ich die grundlegenden Ursachen ergründe, warum der Körper zu viel Insulin produziert. Denn in der Regel nimmt man sofort wieder zu, sobald man sich wieder kohlenhydratreicher ernährt. Dieses Buch geht also einen großen Schritt weiter als alle anderen Diätbücher.

      Wer sind meine Leser?

      Es ist unmöglich, meine Ideen in einfache Formeln umzusetzen. Dieses Buch ist weder ein Diät- noch ein reines Selbsthilfebuch (auch bioidentische Hormone sind verschreibungspflichtig). Aber es enthält Elemente, die für beide Lesergruppen von Interesse sind. Was Sie hier finden, sind ausführliche Erklärungen, wie sich bioidentische Hormone in Bezug auf Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des Wohlbefindens auswirken. Ich werde auch nicht umhin können, einige Überlegungen zum heutigen Gesundheitswesen anzustellen.

      Ich hoffe, dass – vielleicht durch Zufall – genau die Leser dieses Buch in die Hand bekommen, die es am meisten brauchen. Sie finden hier einige Leitlinien, wie Sie in Zusammenarbeit mit Ihrem Arzt bioidentische Hormone anwenden können. Ein Rezept für solch ein individuelles Arzneimittel kann in einer „Compounding Pharmacy“ verarbeitet werden. Sie werden in diesem Buch weder Nahrungsmittellisten noch Menüvorschläge oder gar Tabellen (z.B. über den glykämischen Index) usw. finden. Diese Hilfsmittel für die Planung gesunder Ernährung können Sie in anderen Büchern lesen. Mein Bestreben ist, wesentliche Richtlinien für die Therapie mit bioidentischen Hormonen vorzugeben.

      So einfach kann es doch nicht sein!

      Wenn ich mit einem Patienten über seine langjährigen medizinischen Probleme gesprochen habe und anschließend einen Therapieplan vorschlage, kommt es nicht selten vor, dass der Patient, manchmal sogar mit Tränen in den Augen, sagt: „Aber es kann doch nicht so einfach sein!“ Diese Patienten haben bereits unzählige Arztbesuche hinter sich und ein Buch nach dem anderen gelesen. Viele kommen erst in ihrer zweiten Lebenshälfte zu mir. So lange hat ihre Suche gedauert.

      Die Tragik ist jedoch, dass es wirklich so einfach ist. Das heutige Gesundheitswesen hat aus der modernen Medizin ein komplexes, teueres Unternehmen gemacht. Spezialisten behandeln Symptome mit technischer Zauberei und pharmazeutischer Raffinesse, während sie die wahren Ursachen ignorieren. Hinter all diesem Zirkus verbirgt sich eine Wahrheit, die allzu häufig ignoriert wird: Ein Körper, dessen Hormonhaushalt ausgeglichen ist, kann auf natürliche Art und Weise optimale Gesundheit erreichen.

      Bitte denken Sie daran!

      Wann immer Sie in diesem Buch den Begriff „natürlich“ in Bezug auf Hormone lesen, berufe ich mich ausschließlich auf bioidentische Hormone. Auch wenn ein Hormon als „natürlich“ bezeichnet wird, ist es nicht unbedingt bioidentisch. Presomen® zum Beispiel kann man technisch als natürlich bezeichnen, da es aus einer natürlichen Substanz hergestellt wird (nämlich aus dem Urin trächtiger Stuten), aber deswegen ist es noch lange nicht bioidentisch! „Bioidentisch“ bedeutet, dass das Hormon die gleiche, identische biochemische Struktur hat, wie das Hormon, das der menschliche Körper selbst produziert.

      2. Östrogendominanz – und die Geschichte von Brenda J.

      Brenda J., 57 Jahre alt, hatte meine Praxis hauptsächlich wegen ihres Gewichtsproblems aufgesucht. Als ich mich mit ihr unterhielt, wurde mir klar, dass ihr aufgedunsener Körper, wie sie ihn nannte, eigentlich nur ein Symptom von vielen war, deren Ursache hormonell bedingt war. Viel wichtiger als ihr Gewicht waren die Probleme, mit denen sie konfrontiert wurde, als sie Ende 20 war. Diese Symptome nahmen rasch zu: Sie konnte sich nicht mehr konzentrieren, hatte andauernd Kopfschmerzen, litt unter chronischer Erschöpfung, ihre Knochen und Gelenke schmerzten und sie hatte Orientierungsstörungen.

      Ich lasse Brenda hier ihre eigene Geschichte erzählen. Danach werde ich einige Fragen beantworten, als säßen wir gemeinsam in einem Seminar und Sie wollten von mir wissen, wie ich Brenda behandelt habe. Ich werde erklären, wie die Hormonstörungen ihr geschadet haben und wie sie letztendlich geheilt wurde, indem ihr Hormonhaushalt wieder ins Lot kam. Ich bin sicher, dass ihre Situation nicht ungewöhnlich ist. Leser, die ähnliche Probleme haben, können sich möglicherweise mit Brenda identifizieren, die einen 30 Jahre währenden Kampf gegen ihre Östrogendominanz durchmachte.

      Ich hatte viele „Frauenprobleme“, schon seit ich sehr jung war. Ich bekam mein erstes Kind mit 17. Paul war gelähmt, er wurde mit einer Zerebralparese geboren. Als ich 18 Jahre alt war, wurde mein zweites Kind geboren, das nach drei Monaten starb. Mit 22 kam meine Tochter Sandra zur Welt. Sie war gesund, aber ganz klein, sie wog nur 1500 Gramm. Alle meine Kinder waren Frühgeburten.

      Im Alter von 23 Jahren wurde meine Gebärmutter komplett entfernt. Ich litt unter Myomen (gutartige Tumore der Gebärmutter) und irgendwann nachts hatte ich so starke Blutungen, dass ich in die Notaufnahme des Krankenhauses gebracht werden musste, dort wurde mir die Gebärmutter sofort entfernt.

      Anschließend schlug mein Frauenarzt eine Östrogen-Ersatztherapie vor. Mir wurde gesagt, dass ich bis an mein Lebensende Östrogen einnehmen müsste, da mein Körper es nicht mehr selbst produzieren würde. Sobald ich anfing Presomen® einzunehmen, merkte ich, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.* Ich fühlt mich einfach nicht wohl. Ich sprach mit meinem Frauenarzt darüber und fragte ihn, ob das mit dem Östrogen zusammenhängen könnte. Er verneinte und betonte, dass ich das Östrogen brauchen würde. Von da an nahm ich auch an Gewicht zu.

      Die ersten fünf Jahre nach meiner Gebärmutterentfernung habe ich einfach nur zugenommen. Dann kamen weitere Symptome dazu: Ich fühlte mich benebelt, mein Sehvermögen verschlechterte sich, ich konnte nicht mehr schlafen und meine Gelenke fingen an zu schmerzen.

      Als sich mein erster Frauenarzt zur Ruhe setzte, übernahm ein anderer Arzt seine Praxis. Ich versuchte mit diesem Arzt zu sprechen und ihm zu erklären, wie ich mich fühlte und was in mir vorging. Doch er hatte die gleichen Antworten wie sein Vorgänger parat. Im Gegenteil, er meinte sogar, dass meine Probleme damit zusammenhingen, dass ich nicht genügend Östrogen einnehmen würde und erhöhte die Dosis. Zusätzlich verordnete er mir Schilddrüsenhormone (Thyroxin, ein T4-Präparat), die Presomen®-Dosis erhöhte er immer weiter. Als ich 40 Jahre alt war, hatte ich die maximale Dosis von 2,5 mg Presomen® bereits 10 Jahre lang eingenommen. Der Frauenarzt erklärte sich meine Depressionen folgendermaßen: „Natürlich sind Sie depressiv, Sie haben ein behindertes Kind ist und ein Kind ist gestorben, Ihre Depressionen sind vollkommen normal.“

      Mit 30 hatte ich mich scheiden lassen und etwa ein Jahr später nahmen meine körperlichen Probleme stark zu: die Schmerzen, das unklare Denken, die schlimme Müdigkeit, die Kopfschmerzen und natürlich der aufgedunsene Körper. Sämtliche Beschwerden verschlimmerten sich von Jahr zu Jahr. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich in der Zeit nach meiner Scheidung überhaupt irgendetwas zustande bringen konnte. Ich war immer erschöpft und wusste kaum, wo oben und unten war.

      Ein typischer Tag fing damit an, dass mein Körper bereits beim Aufstehen so sehr schmerzte, dass ich so lange unter der heißen Dusche stand, bis ich meine Arme und Beine ein wenig bewegen konnte. Nach dem Anziehen war ich bereits vollkommen erschöpft. Aber irgendwie habe ich meine Arbeit immer geschafft, man tut eben, was man tun muss.

      In dieser Zeit versuchte ich, von verschiedenen Frauenärzten zusätzliche Informationen über Presomen® einzuholen. Als ich nach Kalifornien umzog, bin ich dort zu einem Frauenarzt gegangen. Dieser Arzt empfahl mir weiterhin Presomen® zu nehmen. Er sagte, der einzige Grund meiner Gewichtsprobleme sei, dass ich zu viel essen würde. Ich erklärte ihm, dass ich nicht zu viel essen würde, sondern sogar hungere und Sport treibe bis zur Erschöpfung. Seine Antwort war nur: „Ich habe noch nie eine fette Frau im Konzentrationslager gesehen.“ Ich verließ empört seine Praxis. Kurz danach las ich von einem Programm, das an der Duke-Universität durchgeführt wurde; dort konnte man sich einem umfassenden