Von Afrika aus breiteten sie sich über Eurasien, in den Orient und nach Amerika aus und kamen schließlich nach Ozeanien und Polynesien. Zu Ende der Altsteinzeit vor etwa 40.000 Jahren bewohnten sie bereits den gesamten Planeten. Die Bevölkerung erreichte eine Größe von einer Million Menschen. In der Jungsteinzeit, zwischen 10.000 und 5000 v. Chr., fand die Revolution des Ackerbaus statt, eine der größten Umwälzungen in der Geschichte der Menschheit. Die Menschen zähmten Tiere, züchteten Saatgut, führten Bewässerungen durch und schufen die ersten Siedlungen. Zu dieser Zeit gab es etwa fünf bis zehn Millionen Menschen auf dem Planeten.
Seit etwa 3500 v. Chr. entstanden die großen klassischen Zivilisationen der Sumerer in Mesopotamien und zur gleichen Zeit am Nil in Ägypten und der Hindus in Indien. Es entstanden die Kulturen Chinas, der Olmeken und Tolteken in Mittelamerika, der Griechen und Römer in Europa und viele andere. Um 1500 v. Chr., als diese Periode zu einem Abschluss kam, gab es 500 bis 600 Millionen Menschen auf der Welt.
Ab dem 15. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bildeten sich die modernen Nationalstaaten, die mittels Grenzen voneinander getrennt sind und sich häufig bekriegen. Im 18. Jahrhundert beginnt die industrielle Revolution, die das Verhältnis des Menschen zur Natur veränderte, denn nun unterwirft er sie seinen Interessen ohne Rücksicht auf den Eigenwert der unterschiedlichen Lebewesen und deren Verhältnis zueinander. Die industrielle Revolution findet ihren Höhepunkt in der Informationsgesellschaft mit ihrer technischen Durchdringung der gesellschaftlichen Beziehungen, mit der atomaren und kybernetischen Revolution und in jüngster Zeit mit einer neuen Art von Technik, die alles verändern könnte: der Nanotechnologie. Unsere Zeit ist auch die Zeit der Eroberung des Weltraums zur Erforschung unseres Sonnensystems und der Weiten des Kosmos. In dieser Phase brachte der Mensch das Prinzip der Selbstzerstörung hervor. Er erweist sich nicht nur als homo sapiens sapiens. Er kommt einem ebenso wie ein demens demens vor. Er besitzt bereits 83 % der Erdoberfläche, bedroht alle Gleichgewichte und alle Arten und führt sich in einigen Fällen wie der Satan des Lebens auf. Er verschaffte sich die Mittel, um die Biosphäre schwer zu schädigen und sich selbst zu zerstören. Zur gleichen Zeit aber setzt er dieser Unvernunft das Prinzip der Fürsorge, der Mitverantwortlichkeit und des Mitleids entgegen. Mit Hilfe dieser Qualitäten nimmt er sein eigenes Geschick, das mit dem der Erde untrennbar verbunden ist, in einer Perspektive der Selbstbeschränkung und der Kontrolle der Zerstörungsmechanismen an. Vom möglichen Satan der Erde verwandelt er sich in deren Schutzengel, einem dem Leben gegenüber guten und wohltuenden Engel. Seine Aufgabe ist es, der Hüter der Natur und der Gärtner des irdischen Paradiesgartens Eden zu sein.
7. Die aktuelle Phase der Erdgeschichte: die Mundialisierung
Trotz der Verwurzelung in ihren jeweiligen Kulturen und Nationalstaaten unternahmen die Menschen unablässig Expeditionen über den gesamten Planeten. Und mit ihnen zogen ihre Bazillen, ihre Krankheiten, ihr Saatgut, ihre Tiere, ihre Bräuche und Weltanschauungen. Unter den Menschen fand immer eine große Vermischung statt. Es gibt keine Rassen, schon gar keine reinen Rassen. Die Gene jeglicher Herkunft vermischten sich, ohne zu verschmelzen. Alle Menschen sind Mischlinge. Dies ist das ständige Ferment einer Globalisierung, wie sie immer stattfindet.
Doch von 1492 an begann ausgehend vom Westen ein überaus großer Expansionsprozess. Columbus brachte den Europäern Kenntnis von der Existenz anderer bewohnter Kontinente mit völlig anderen Kulturen – den Kulturen Amerikas, das er bis ans Ende seiner Tage für Indien hielt. Fernão de Magalhães trat den Beweis dafür an, dass die Erde tatsächlich rund ist und dass jeder beliebige Ort von jedem beliebigen anderen Ort aus erreicht werden kann. Die Hegemonialmächte des 16. Jahrhunderts, Spanien und Portugal, entwickelten zum ersten Mal ein Projekt von weltweiter Dimension. Sie dehnten ihren Einfluss nach Afrika, Asien und Amerika aus. Sie verwestlichten die Welt (Ianni 1966; Touraine 2006).
Dieser Prozess fand seine Fortsetzung im 19. Jahrhundert mit dem westlichen Kolonialismus, der mit Feuer und Schwert die gesamte bekannte Welt den kulturellen, religiösen und vor allem kommerziellen Interessen der Kolonialmächte unterwarf. Dies alles wurde unter extremer Gewaltausübung und Verbreitung von Terror unter den unterlegenen Völkern vorangetrieben. Gewehr und Kanone sprachen lauter als Vernunft und Religion. Der europäische Westen erwies sich als die Hyäne der Völker. Wir, die wir im äußersten Westen leben, sind schon in einer globalisierten Welt geboren und wissen aus eigener Erfahrung, was Globalisierung bedeutet, die als Globokolonialisierung empfunden und erlitten wird.
Die einzelnen Länder haben sich nicht als Nationen konstituiert, die in Gemeinschaften von Bürgern mit einem Sinn für Rechte und Pflichten ihre Grundlage haben; sie wurden vielmehr zu Unternehmen mit weltweitem Aktionsradius gemacht, deren einzige Funktion darin bestand, die natürlichen Reichtümer auszubeuten und sie in die europäischen Märkte zu exportieren. Auf diese Weise (so haben es einige Politikwissenschaftler wie Luiz Gonzaga de Souza Lima, Darcy Ribeiro und Evaldo Cabral de Mello aufgezeigt) entstand zusammen mit dem Nationalstaat der internationalisierte Wirtschaftsstaat als seine tatsächliche Wirtschaftskolonie. Brasilien weist bis heute Spuren dieser Struktur auf. Sie werden in einer geschwächten Souveränität, einem blutleeren staatsbürgerlichen Bewusstsein, einer Beherrschung der Politik durch eine international verflochtene Ökonomie und einer Unterwerfung unter die Interessen der wirtschaftlich und politisch dominierenden Industrienationen (der Länder des „Zentrums“) sichtbar.
Dieser Prozess erreichte seinen Höhepunkt in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit der hegemonialen Ausbreitung der USA. Technik und Wissenschaft, die so viele Erleichterungen mit sich brachten, werden nun als Instrument der Beherrschung und Bereicherung eingesetzt. Die transnationalen Konzerne kontrollieren die nationalen Märkte. Eine westliche Einheitskultur löst die regionalen Kulturen auf. Eine einzige Produktionsweise, nämlich die kapitalistische, gewinnt die Oberhand. Ihre Grundlage ist das Konkurrenzprinzip, und so zerstört sie die gesellschaftlichen Bindungen und die Formen der Kooperation. Das einzig gültige, neoliberale Denken breitet sich über alle Teile der Welt aus und entwertet jede Andersheit und jede Alternative. Das Schlimmste daran ist, dass aus der Erde eine Handelsbank gemacht wird, die alles zur Ware macht. Metalle, Pflanzen, Saatgut, Wasser, Gene – alles wird verkauft und zu etwas gemacht, aus dem man Profit schlagen kann. Die Eigenständigkeit und Subjektivität Gaias werden nicht respektiert. Unsere eigenen irdischen Wurzeln und unser Ursprung werden verleugnet, denn als Menschen kommen wir aus der Erde, aus dem Humus, der fruchtbaren Erde. Als Söhne und Töchter Adams (der Name „Adam“ bedeutet Sohn der Erde) entstammen wir dem fruchtbaren Ackerboden (auf hebräisch adamah).
Dies ist das Eisenzeitalter der Globalisierung, das wir auch nach dem Tyrannosaurus benennen können. Wir bezeichnen es als solches, weil es in seiner Vernichtungstendenz eine Analogie zum Tyrannosaurus aufweist, dem gefräßigsten aller Dinosaurier. Tatsächlich prägt die Wettbewerbslogik des Marktes ohne jede Spur von Kooperation dem herrschenden Globalisierungsprozess den Stempel der Gnadenlosigkeit auf. Sie grenzt etwa die Hälfte der Menschheit aus. Sie saugt das Blut der Ökonomien der schwachen und rückständigen Länder aus und gibt Abermillionen von Menschen dem Hunger und der Ohnmacht preis. Sie richtet ökologischen Schaden in solchem Maße an, dass sie die Biosphäre gefährdet, denn sie verschmutzt die Luft, vergiftet die Böden, kontaminiert die Gewässer und durchsetzt die Lebensmittel mit Chemikalien. Sie legt ihrer dinosauriergleichen Gefräßigkeit keine Zügel an und stellt sich nicht der Realität, dass das Projekt Mensch auf dem Planeten nicht mehr möglich sein wird. Sie nimmt lieber das Risiko des Todes in Kauf als den Rückgang ihres materiellen Gewinns. Der französische Genetiker Albert Jaquard hat dies treffend angeprangert: „Das Ziel einer Gesellschaft ist der Austausch. Eine Gesellschaft, deren Hauptantriebskraft der Wettbewerb ist, ist eine Gesellschaft, die mir den Selbstmord nahelegt. Wenn ich gegen den anderen in Wettbewerb trete, kann ich mich mit ihm nicht austauschen, ich muss ihn eliminieren, zerstören.“ (2004)
Dieser skandalöse und perverse Prozess hat dazu geführt, dass nur 20 % der Menschheit 80 % der Ressourcen und natürlichen Reichtümer konsumieren. Fünfhundert große Unternehmen vereinigen 52 % des Reichtums des Planeten auf sich. Das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt der 135 ärmsten Länder. Niemals hat man auf der Erde ein solches Übermaß an Ungleichheit und sozialer Ungerechtigkeit gesehen. Jedes Jahr vermehrt sich die Zahl der Slumbewohner um 25 Millionen. Sie geben dem ganzen Planeten