markierte den Beginn eines Weges, den zu gehen ich mir niemals hätte vorstellen können, und eines Lebens, das niemals mehr so sein würde, wie ich es bisher kannte. Die Beziehung zu meinem Mann hatte sich dramatisch verschlechtert, genauso wie das Verhältnis zu meinen vier Kindern. Vorbei war die ungezwungene Hingabe, die ich meinem Mann entgegenbrachte, und vorbei war auch die Freude, die ich empfand, wenn ich meine Kinder nur ansah. Ich war 43 Jahre alt und am Ende. Ich fragte mich, wie mein Mann mir so treu ergeben sein konnte, wenn ich doch gar keine Geduld mehr mit ihm hatte. Ich fragte mich, wie ich so viele Kinder erziehen sollte, wenn ich mich fast ständig überfordert fühlte und mich nicht einmal mehr darüber freuen konnte, im selben Raum mit ihnen zu sein. Ich fühlte mich von meinem Leben abgeschnitten. Ich vermisste meinen Mann und meine Kinder, auch wenn sie direkt vor mir standen. Ich dachte, ich würde verrückt.
An eine Nacht erinnere ich mich ganz besonders. Ich saß auf der Bettkante und mir wurde bewusst, dass ich seit zwei Monaten nicht mehr mit meinem Mann schlafen konnte. Mir war aufgefallen, dass meine sexuelle Reaktionsfähigkeit seit etwa sechs Monaten abnahm; doch in den letzten beiden Monaten hatte ich auf keinerlei sexuelle Reize mehr reagieren können. Ich machte einen Termin bei meiner Gynäkologin, um herauszufinden, was mit mir los war. Verschiedene Bluttests ergaben, dass sich meine Eierstöcke im „Ruhezustand“ befanden und möglicherweise auch nicht mehr aktiv werden würden. „Ruhende“ Eierstöcke sind gekennzeichnet durch Zeiten mit geringer oder fehlender Funktion, in denen die Hormonspiegel sehr niedrig sind, die zwischendurch von Zeiten mit normaler Funktion abgelöst werden. 1 Die Gynäkologin erklärte mir, dass ich innerhalb der nächsten zehn Jahre jederzeit mit der Menopause und den damit einhergehenden Wechseljahren rechnen müsste. Dann bot sie mir ein Östrogenpflaster (mit Östradiol) an. Zur Verbesserung meiner sexuellen Reaktionsfähigkeit schlug sie mir die zusätzliche Einnahme von Testosteron vor. Ich hatte keine Ahnung, was Östradiol war. Ich fragte, warum sie mir nicht die Östrogenpille Premarin™ (in Deutschland bekannt als Presomen®) verschrieb, die die Women’s Health Initiative einsetzte. Sie sah mich erstaunt an und sagte:„Warum etwas wegnehmen, wenn Sie es nur zurückgeben müssen?“ Ich war in Eile, wie sie auch, und so konnte ich nicht nach einer Erklärung für diese geheimnisvolle Antwort fragen.
Ich fuhr nach Hause, klebte mein Pflaster auf und begann, den Übergang in die Menopause zu ergründen. In kürzester Zeit fühlte ich mich wieder „in Stimmung“ und rief meinen Mann von der Arbeit nach Hause, um die gute Nachricht zu feiern. Dieses kleine Pflaster funktionierte! Zwei Tage lang sonnten wir uns in der Wonne, miteinander zu schlafen. Dann verschwand meine Reaktionsfähigkeit auf unerklärliche Weise wieder. Wie konnte das sein? Wie grausam! Wie war es möglich, dass ein Pflaster zwei Tage lang funktionierte und dann nicht mehr? Ich war verzweifelt. Ich wünschte mir so sehnlich mein Leben zurück.
Also zog ich los, kaufte mehrere Bücher über die Menopause und las sie, so schnell ich konnte. Die Bücher behaupteten, dass alles, was ich gerade durchmachte, zu einem natürlichen und normalen Prozess gehörte, auf den mein Körper sich einstellen würde. Ich würde wieder die Alte sein. Also wartete ich darauf, dass genau das geschah. Meine Periode war seit fast drei Monaten ausgeblieben. Ich hatte mich verändert – nicht gerade zu meinem Besten –, und meine ganze Familie hatte darunter zu leiden. Ich suchte nach Antworten und fand keine. Wenn ich nur einen normalen Menstruationszyklus hätte, würde ich mich wieder gut fühlen, dachte ich. Nicht dass ich die Blutungen an sich vermisste, aber ich wusste aus Erfahrung, dass es mir nach meiner Periode immer besser ging. Ich wollte einfach, dass es mir besser ging. Ich wollte mein Leben zurück. Ich wollte wieder fühlen können, wenn mein Mann mich berührte, und ich wollte den Geruch seiner Haut genießen. Ich wollte das Bettgeflüster, das mir jetzt entging. Der Gedanke, dass wir kein Liebespaar mehr waren, machte mich fertig; wir würden schließlich einfach nur noch ein Zimmer miteinander teilen, mehr nicht. Die Vorstellung, dass wir, wenn wir zusammenblieben, ein Leben ohne den Zauber der Intimität führen müssten, trieb mir die Tränen in die Augen. Ich konnte keinen Frieden finden. Nichts konnte mich trösten. Ich brauchte Antworten. Mein Leben brach buchstäblich auseinander. Wie konnte das bloß „normal“ oder „natürlich“ sein? Ich kam mit den Wechseljahren überhaupt nicht zurecht.
Ich ging erneut in die Buchhandlung und kaufte noch mehr Bücher von bekannten und renommierten Autoren. Ein kleines Vermögen gab ich für Bücher aus! Dennoch konnte ich die Antworten nicht finden, nach denen ich suchte. Es sollte mir doch eigentlich gut gehen. Diese Autoren, alles hochangesehene Ärzte, schrieben, ich würde mich rechtzeitig anpassen, und meine sexuelle Reaktionsfähigkeit käme wieder zurück. In der Zwischenzeit trug ich pflichtschuldigst mein Östrogenpflaster – doch körperliche Liebe war immer noch nicht möglich. Was ging da vor? Ich konsultierte meinen Internisten, einen einfühlsamen Arzt mit großem Wissen, doch er hatte auch keine Antworten. Vielleicht stand ich unter Stress; vielleicht lag es an den Kindern oder dem anspruchsvollen Arbeitsplan meines Mannes; vielleicht würde es einfach noch dauern. Um meinem Mann nahe bleiben zu können, brauchte ich wenigstens zeitweise die sexuelle Verbindung. Ich war so einsam. Ich war abgestumpft – mein ganzes Leben bestand nur noch aus Alltag.
Die Monate vergingen, und ich fühlte mich elend. Meine ganze Familie fühlte sich elend. Mein Mann war besorgt und tat wirklich alles Erdenkliche, um mich zu unterstützen. Dennoch, direkt vor meinen eigenen Augen, entglitt mir mein Leben, und ich hatte nicht die Kraft, es aufzuhalten. Das kleine Pflaster brachte mir gar nichts, soweit ich das beurteilen konnte. Ich kaufte noch mehr Bücher über die Menopause und begann ein Muster zu entdecken. Diese Ärzte waren nichts weiter als Animateure, Schwätzer, die gebetsmühlenartig ihr Programm herunterspulten. Die Bücher wiederholten dieselben Gemeinplätze immer wieder: Ich würde zur Einsicht gelangen, die Intimität würde wiederkehren und das Leben wieder normal werden. Was also war bei mir anders? Warum veränderte sich nichts zum Besseren? Meine Brüste schmerzten und stachen, meine Haut war trocken und mein Geist war benebelt. Mein ganzes Leben überforderte mich total.
Zu der Zeit verfolgte ich regelmäßig Berichte über Probleme der WHI-Studie in den Nachrichten. Darin wurde behauptet, dass durch die Hormonersatz-Therapie (HET) die Anzahl der Fälle von Brustkrebs und Herzerkrankungen sogar stieg, wenn auch nur leicht. Es wurde auch behauptet, dass weder die Lebensqualität noch die sexuelle Reaktionsfähigkeit durch die übliche HET verbessert würden. Der Gedanke, dass mein Leben durch die Einnahme von Hormonen nicht verbessert, sondern sogar noch verschlechtert werden könnte, ließ mich verzweifeln. Bei jedem neuen Bericht über eine weitere negative Wirkung der gängigen HET fühlte ich mich buchstäblich krank. Ich steckte nicht nur in einem Leben fest, aus dem kein Entkommen in Sicht war; mir wurde auch noch durch wichtige klinische Studien bestätigt, welche finstere Zukunft mir, meinem Mann und meinen Kindern bevorstand. Ich würde mir andere Frauen in den Vierzigern, Fünfzigern, Sechzigern und Siebzigern anschauen, Frauen, die keine Probleme mit den Wechseljahren hatten, und mich fragen, warum ich so ein Jammerlappen war.
Es erübrigt sich zu erwähnen, dass die Bücher über die Menopause nicht weiterhalfen. Ich verstand kaum, wie die Eierstöcke arbeiteten, und warum einige Frauen früher in „den Wechsel“ kamen oder besser damit fertig wurden als andere. Ich erinnere mich an eine TV-Sendung mit dem Titel „Die Libido“. Hier wurde noch einmal bestätigt, dass Sex in der Menopause möglich sei und nichts mit der Funktion der Eierstöcke zu tun habe. Warum bloß nicht bei mir? Mein Mann sah die Sendung mit mir an und hielt mich fest im Arm, als ich über den Verlust eines geheiligten Teils unserer Ehe weinte. Er kam besser damit zurecht als ich, aber ich konnte die Trauer in seinem Gesicht sehen, und das brach mir das Herz.
Nichts von all dem ergab einen Sinn. Wenn die Menopause lediglich das Ende der Fortpflanzungsfähigkeit sein soll, warum führt sie dann zu einem vollständigen Versagen der Eierstöcke? Warum produzieren die Eierstöcke nicht weiter Hormone, aber eben ohne fruchtbar zu sein? Weil die Menopause eine totale Insuffizienz der Eierstöcke bedeutet, ein komplettes Organversagen. Wenn es also so gedacht ist, dass die Eierstöcke in der Mitte des Lebens ihre Funktion einstellen, manchmal so abrupt wie meine, dann wäre es doch nur sinnvoll, wenn mein Körper sich auf diesen Wechsel einstellen und normal weiter funktionieren würde. Doch anstatt sich anzupassen, versinkt der Körper – mein Körper – in einem „ovariellen Hormondefizit“. Jedes Organsystem wird davon negativ beeinflusst, wie das erhöhte Risiko an Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Osteoporose