redlich verdient. Sie weckten unverhältnismäßige Erwartungen, und als sich herausstellte, dass das brasilianische Team sie nicht erfüllen konnte, war es verloren.
„Es war nicht das zweite Tor, das uns den Sieg kostete“, sagte Costa. „Es war das erste.“
Von solchen Vorwänden wollten viele Menschen aber nichts wissen. Und leider haben uns die Gespenster dieses Spiels im Maracanã noch immer nicht ganz verlassen. Barbosa sagte einmal, dass der schlimmste Tag in seinem Leben nicht der 16. Juli gewesen sei, sondern ein absolut gewöhnlicher Nachmittag zwei Jahrzehnte später, als ihn eine Frau mit ihrem kleinen Sohn in einem Geschäft erkannte.
„Sieh ihn dir an“, sagte die Frau und zeigte auf Barbosa. Sie sprach so laut, damit sie jeder hören konnte. „Das ist der Mann, der Brasilien zum Weinen gebracht hat.“
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Moment mal. Sagte ich nicht, dass der verspielte WM-Titel 1950 eine gute Sache für Brasilien gewesen sei?
Ich bitte vielmals um Verzeihung.
Ja, es gab viele schreckliche Folgen. Für Barbosa und viele andere Menschen gab es nie eine gute Seite an der Sache. Aber für andere bot dieser Tag die Möglichkeit, viel zu lernen – etwas, das uns als Volk prägte und sich in den kommenden Jahrzehnten noch auf vielerlei Arten positiv auswirken sollte.
Sich ums Radio zu versammeln und zusammen zu leiden, verschaffte uns Brasilianern eine gemeinsame Erfahrung. Zum ersten Mal in unserer Geschichte hatten sowohl die Reichen als auch die Armen etwas gemeinsam, etwas, worüber sie mit jedem auf der Straße, beim Bäcker oder im Büro diskutieren konnten, egal, ob sie in Rio, Baurú, São Paulo oder tief im Amazonasbecken lebten. Wir nehmen diese Dinge nun als selbstverständlich an, aber damals war es sehr wichtig, einen gemeinsamen Nenner zu finden, was es hieß Brasilianer zu sein. Wir waren einander nun nicht mehr fremd. Und ich glaube, dass wir das von da an nie mehr wirklich waren.
Nicht weniger wichtig war, dass wir auch ein bisschen dieser strahlenden Unschuld, dieser Unbeschwertheit, man kann es auch Naivität nennen, einbüßten, die während dieses Nachmittags im Juli und den Monaten zuvor so offensichtlich gewesen war. Sie sollte natürlich nicht ganz verlorengehen. Aber danach waren wir alle ein wenig reifer geworden. Wir würden nicht mehr so leicht alles akzeptieren, was uns Politiker und Medien uns weiszumachen versuchten. Dies führte in den folgenden Jahren zu beträchtlichen Konsequenzen, sowohl was die Politik als auch unsere Kultur anging.
Abschließend: Für eine Generation von angehenden Fußballern wie mich war der 16. Juli 1950 ein enormer Ansporn. Während mein Vater weinte und meine Mutter ihn zu trösten versuchte, schlich ich mich ins Schlafzimmer meiner Eltern. Dort hatten sie ein Bild von Jesus an der Wand aufgehängt. Ich brach in Tränen aus und wandte mich an ihn.
„Warum ist das passiert?“, schluchzte ich. „Warum ist uns das passiert? Warum, Jesus, werden wir bestraft?“
Ich bekam natürlich keine Antwort. Doch als meine Verzweiflung nachließ, machte sie Platz für etwas Anderes – etwas Tiefsinnigeres und Milderes. Ich trocknete meine Tränen, ging ins Wohnzimmer und legte meine Hand auf den Arm meines Vaters.
Woher das, was ich nun sagen sollte, kam, dafür habe ich, ehrlich gesagt, keine Erklärung. Vielleicht war es nur eines dieser Dinge, die ein Neunjähriger sagt, damit es einem Elternteil bessergeht. Allerdings war es in Anbetracht von allem, was später passieren sollte, schon sehr interessant.
„Es ist schon gut, Papa“, sagte ich zu ihm. „Ich verspreche dir, eines Tages werde ich die Weltmeisterschaft für dich gewinnen.“
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