waren – dazu noch ohne Abschluss … Tatsache ist, dass wir ihnen Angst machten. Wir wussten nicht, was wir taten, bestanden aber darauf, es zu tun.
Das legendäre, chaotische erste Meeting mit Michael Mills fand am 23. Mai 1969 bei der BBC statt. Wir hatten uns vorher in Johns Wohnung in der Basil Street getroffen, also waren wir nicht völlig unvorbereitet. Aber wir hatten in keinem Bereich eine Übereinstimmung erzielt. Dieser Status quo sollte sich bis zum Ende halten. Wir konnten uns nicht über einen Namen für die Show einigen. Wir wussten nicht, ob Musikelemente dabei sein sollten (äh, vielleicht) oder Gäste (äh, womöglich) oder Filme (Oh ja, Filme, gute Idee). Am Ende meinte Michael Mills schließlich angesichts unserer selbstbewussten Ungewissheit, was denn nun in die Show kommen könnte: „Also dann verzieht euch mal und macht dreizehn Folgen.“ Wir konnten tun und lassen, was wir wollten, aber was sollte das sein? Wir hatten ja selbst keine Ahnung.
Für Do Not Adjust Your Set hatte Terry Gilliam höchst surreale Trickfilme entwickelt – in einer Art freischwebendem Stil, der Terry Jones zu der Aussage inspirierte, unsere neue BBC Show solle sich daran orientieren. Diese fesselnden Animationen gaben der Python-Show ihr Gerüst. Wir fügten damit eine stylische viktorianische Rahmenhandlung hinzu, die scheinbare Verbindungen zwischen völlig unterschiedlichem Material herstellte. Dieses Element – sowie unsere Versuche, Sketche durch Ideen, Themen und Inhalte zu verbinden – machte Monty Python von Anfang an zu etwas ein klein wenig komplett anderem. Obwohl wir nicht wussten, was wir wollten, wussten wir absolut sicher, was wir nicht wollten. Wir waren fest entschlossen, auf keinen Fall die übliche Art von leichter BBC-Unterhaltung zu fabrizieren, in der jemand sagte „Und nun zu etwas völlig anderem“ und irgendein Arsch was sang. Wir waren tatsächlich dermaßen zielbewusst, dass wir genau deren eigenen Slogan kidnappten und ihn zum geflügelten Wort machten. Wir waren der Gegenentwurf zum Satire-Boom der vorherigen Generation. Nichts war themenbezogen (also wirkte es langfristig). Und diese Comedy funktionierte exemplarisch: Sie brachte Typen statt Individuen. Aber unsere Gesinnung schien stets durch. Python sprang einem ins Gesicht – provozierend und äußerst albern. Wir waren nicht sofort beliebt. Es hagelte Beschwerden, und die Direktoren hassten es. Aber es füllte eine Lücke in ihrem Programm, und die BBC war schlau genug, die Ablehnung zu ignorieren. Auf diese Weise startete Owl Stretching Time (Eulen-Dehnen). So legte auch A Horse, a Spoon and a Basin los (Ein Pferd, ein Löffel und ein Bassin). Genau so ging auch Whither Canada? (Wohin des Weges, Kanada?) an den Start. So kam The Toad Elevating Moment (Der Kröten-erhebende Moment) ins Dasein. Derart erschien außerdem You Can’t Call A Show Cornflakes (Man kann eine Show nicht Cornflakes nennen). Einen Titel hatten wir derweil immer noch nicht. Die BBC drehte durch. In ihren Verträgen nannten sie das Ding Barry Took’s Flying Circus, weil der das fatale Meeting angesetzt hatte. Aber jedes Drehbuch, das von uns eingereicht wurde, hatte einen anderen Titel – einer schlimmer als der nächste ihrer Meinung nach. Schließlich stellten sie uns Ende Juli ein Ultimatum – da hatten die Dreharbeiten bereits begonnen. Sie mussten Tickets für das Studio-Publikum drucken. Sie mussten einen Titel haben.
Flying Circus gefiel uns allen. Wir konnten uns aber nicht einigen, wessen Zirkus das sein sollte. Michael wollte eine alte Lady namens Gwen Dibley in Suffolk überraschen und die Show nach ihr benennen. Während das in der Tat ganz witzig war, tauchten juristische Probleme auf. Schließlich schlug John Python vor und ich war für Monty, frei nach einem Typen mit Schnäuzer und Fliege in meiner Stammkneipe The Dog Inn in Mappleborough Green. Monty assoziierte man mit dem großen britischen General, der in El Alamein der Erste gewesen war und die Nazis besiegte, und außerdem mit einem schmierigen Theateragenten. Also wurde es dann Monty Python. Aber woraus sollte die Show bestehen? Wir hatten noch immer keinen Schimmer.
Wir versuchten zu debattieren, wovon die Show handeln sollte, scheiterten jedoch kläglich. Also legten wir einfach los und schrieben das, wonach uns gerade der Sinn stand, und trafen uns dann in Jonesys Haus in Camberwell, um uns unsere Sketche gegenseitig laut vorzulesen. Wenn wir lachten, kam der rein, und wenn nicht, dann verkauften wir ihn eben an The Two Ronnies. Zum Glück hatte ich einen Sketch für Ronnie Barker verfasst, der abgelehnt wurde. Wenn man den leise liest, hat er offensichtlich keine witzigen Stellen. „Geht bei deiner Frau was – weißt du, was ich meine, knuff, knuff, weißt du, was ich meine? Knuff knuff.“ Echt jetzt, wo ist das denn komisch? Aber als ich das dann laut vorlas, sozusagen in der Rolle, wieherten sie alle los, und es war mit das Erste, was von uns akzeptiert wurde.
Beim Aufbereiten unseres Materials entwickelten wir ziemliche Routine. So in etwa: „Dieser Sketch war bis Seite drei ganz lustig, aber dann zog der sich nur noch hin.“ Ehrlichkeit von Leuten, denen man vertraut, ist sehr hilfreich. Oft haben wir unsere Sketche dann ausgetauscht, und jemand anderer machte sich daran, so einen Text zu vollenden. Wenn es dann an die Auswahl ging, wurde ich immer überstimmt. Mike und Terry bildeten ein Team, ebenso John und Graham. Wenn sie also ihre Sketche vorlasen, hatten sie stets einen Partner, der passend lächeln und lachen konnte. Ich sah mich fünf Leuten gegenüber. Aber andererseits bin ich immer noch bei mir. Terry Gilliam driftete bei diesen Schreib-Sessions rein und raus – als eine Art sehr brauchbarer freier Radikaler. Anfangs hielten wir ihn davon ab, seine Cartoon-Ideen vorzulesen. Die bestanden nämlich aus viel „Knall“ und „Bumm“ und „Wumm“ – und wir sagten ihm, er solle einfach loslegen und sie fertigstellen.
Besetzt haben wir die Shows immer erst, wenn wir mit dem Schreiben durch waren. So konnten wir nicht durch irgendwelche schauspielerischen Vorlieben beeinflusst werden. Normalerweise war klar, wer was spielen würde, und die Autoren des Stücks kriegten den Vorrang. Um den Frost Report zu beginnen, hatten sich John und Graham in einer Art klassischem Sketch eingerichtet. In dem war John immer der aggressive Protagonist, der auf die Unterbrechungen eines sehr albernen Typen reagierte. (Marty spielte diese Rollen in der ’48 Show, aber bei Python entwickelte sich Michael zu einem perfekten Gegenpart für ihn.) Graham stellte autoritäre, dabei aber unfassbar schwache Typen dar, die hilflos auf externe chaotische Kräfte reagierten (etwa einen Oberst, König Arthur, Brian usw.). Terry Jones spezialisierte sich auf aggressiv laute, trutschige Frauen, und Terry Gilliam kriegte all das zugeschustert, was langes und dickes Schminken notwendig machte. So war es auch kein Wunder, dass er Maggie Weston heiratete – unsere Make-up-Lady. Die restlichen Rollen, oft eine ganze Palette von Charakteren, gingen an Mike oder Eric. Die Autorenschaft entschied dann, wer was darstellte: Nudge/Knuff für Eric, Ken Shabby/der schäbige Ken für Mike.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Monty Python nicht vor 1974 in Amerika herauskam – also nachdem wir mit dem englischen Fernsehen abgeschlossen hatten. Dadurch waren wir nicht durch persönliche Berühmtheit korrumpiert. Wir mussten uns nicht mit der heißen Luft eines sofortigen Promi-Status abgeben, dem sich das Ensemble von Saturday Night Live ausgesetzt sah. Mit Ausnahme von John Cleese, der durch den Frost Report berühmt war, hatte keiner einen Schimmer, wer bei uns wer war. Rückblickend ist es erstaunlich, dass John überhaupt noch mal in bandenmäßiger Besetzung auftreten wollte – immerhin war es seine vierte, seit er Cambridge verlassen hatte – I’m Sorry I’ll Read That Again, The Frost Report, The 1948 Show und nun Monty Python.
Tatsache ist, dass er Python bald überdrüssig wurde. Kein Wunder: Immerhin hatte er seit 1965 Sketche für das Fernsehen geschrieben und aufgeführt.
Unterdessen hatte ich geheiratet. Ich hatte mich in eine wunderschöne junge australische Schauspielerin namens Lyn Ashley verliebt, deren bemalte Brüste ich zunächst auf einem Plakat vor meinem örtlichen Kino gesehen hatte. Es machte Werbung für den Michael-Winner-Film I’ll Never forget What’s ’isname! (Was kommt danach …?), in dem sie zusammen mit Oliver Reed spielte. Ein paar Freunde hatten ein „Blind Date“ für uns arrangiert – in einer lausig kalten elisabethanischen Villa in Suffolk. Da pfiff der Wind durch. Die Küche schien mit ihrem Wärmespeicherofen der einzige warme Ort zu sein, und das Haus wimmelte von Kindern. Wir fanden heraus, dass die Gastgeberin mit ihrem Gatten im Streit lag und sich weigerte, in Erscheinung zu treten. Ich konnte sie mit einer Flasche Schampus rauslocken, und eine gewisse Ordnung kehrte ein. Lyn und ich entdeckten ein warmes Plätzchen im Westflügel und näherten uns einander, während ich die sperrigen Avancen des mütterlichen Pudels abwehren musste.
Schon bald zogen wir in mein Apartment am Redcliffe Square und flogen nach Mihas in Spanien, wo ich ihr einen Ring kaufte. Als die Dreharbeiten für Monty Python dann ein