neue Schwiegermutter, Madge Ryan, schmiss eine Mega-Party in Adrienne Corris Haus in St. John’s Wood. (Beide Schauspielerinnen hatten zusammen in Stanley Kubricks Film A Clockwork Orange – Uhrwerk Orange – mitgewirkt). Danach reisten wir alle an die Küste. Die anderen nach Devon, ich nach Nizza. Während die anderen also den Bus nach Torquay nahmen, flog ich mit meiner nagelneuen Braut nach Cap d’Antibes, wohin uns Lauretta und Marty Feldman eingeladen hatten.
Die Ausstrahlung von Monty Python’s Flying Circus begann am Sonntag, dem 5. Oktober 1969, um 22:55 Uhr bei BBC1 – mit der zweiten Show, die wir aufgenommen hatten: der Untertitel lautete Whither Canada? Das ursprüngliche Studio-Publikum bestand hauptsächlich aus kleinen älteren Damen, die mit Bussen ins BBC Television Centre gekarrt worden waren. Die glaubten, sie kriegten eine Art Zirkus zu sehen. Weder die noch wir hatten die geringste Ahnung, worauf man sich eingelassen hatte. Während schon ein paar witzige Sketche dabei waren, gab es auch sehr schräge Momente. So zum Beispiel, als Terry Gilliam mitten in einem Sketch als Wikinger verkleidet auftauchte – ein Frettchen durch seinen Kopf gezogen – und „However“ sagte: „Wie auch immer.“ Ich glaube, das waren unsere Versuche, mal die Muskeln spielen zu lassen und die Freuden jener neuen Freiheit auszukosten, derer wir uns ja jetzt rühmen konnten. Wir taten das, weil wir’s konnten. Aber als ob sie uns auf unsere Plätze verweisen wollte, nahm uns die BBC von Zeit zu Zeit aus dem Programm und ersetzte uns durch eine Episode der Horse of the Year Show – der Gaul des Jahres. Gelegentlich strahlten diverse BBC-Sendegebiete auch ihre eigenen Regional-Shows aus. Dies führte bei unserem Publikum zu einiger Verwirrung – einer Verwirrung, die wir natürlich tunlichst auszunutzen planten. Wir gingen nun daran, falsche Vorspann-Sequenzen zu drehen. In einem Fall waren das zehn Minuten eines völlig fiktiven Piratenfilms, bevor die Freibeuter dann an einem Tisch mit John Cleese vorbeikamen, der trocken ankündigte: „Und nun zu etwas völlig anderem.“ Es war egal. Niemand schaute zu. Wir konnten das durchziehen, um wenigstens uns selbst glücklich zu machen.
Dieses Bewusstsein, auf Abstand zu gehen, sich in einer völlig anderen TV-Welt abseits dieser gemütlichen Domäne der leichten Unterhaltung zu befinden, war sehr befreiend. Und das Schrägste war, dass wir anfingen, eine Fangemeinde anzuziehen. Nach der ersten Staffel ließ uns die BBC eine Platte machen, die sich als Desaster herausstellte. Die nahmen uns an einem Sonntagmorgen vor einem gewissermaßen toten Publikum auf. Keiner von uns mochte das Ding, und danach produzierten wir einfach unsere eigenen Alben. Das attraktivste Beispiel ist eine quasi dreiseitige Platte, Monty Python’s Matching Tie and Handkerchief (Passender Schlips und Einstecktuch), bei der wir raffiniert doppelte Rillen in die B-Seite pressten, wodurch wir zwei kürzere parallele zweite Seiten erhielten. Welche Rille abgespielt wurde, hing davon ab, wo die Nadel aufsetzte. Es gab weder eine Ankündigung noch eine Warnung. Um für noch mehr Verwirrung zu sorgen, begannen wir diese Mini-Seiten beide mit demselben schlechten Gag: „And now a massage from the Swedish Prime Minister“ („Und nun eine Massage des schwedischen Premierministers“). Also konnte man nicht einmal versuchen, die gewünschte Seite zu finden. Verwirrung schien gut.
Wir waren immer noch „Außenseiter“ und verhielten uns rebellisch. So nahmen wir Anstoß daran, dass uns das „BBC Light Entertainment“ zu seiner Christmas Party einlud, weil die Einladung eine schwarze Krawatte verlangte. Im ersten Jahr gingen wir einfach nicht hin. Im zweiten Jahr waren John Cleese und ich fest entschlossen, einen Protest zu veranstalten. Wir planten völlig „overdressed“ aufzulaufen. So tauchten wir in Frack und Zylinder auf, komplett mit Handschuhen und Gehstock. Unsere Ankunft sorgte für mächtigen Aufruhr. Eric Morecambe kam zu mir rüber und meinte: „John Cleese hat mir gerade in den Nacken gebissen und ist dann zum Fenster rausgeflogen.“
Wir waren uns alle einig, dass unsere Show niemals in Amerika laufen würde. Die würden das schlicht nicht verstehen, und abgesehen davon würde das dort mit unserer Dreistigkeit und Nackheit auch nie für’s Fernsehen genehmigt werden. Als dann schließlich einige ernstzunehmende Produzenten an uns herantraten, lachten wir nur. Es schien, als wollten sie unsere Show für Amerika entwickeln. Da lachten wir noch mehr. Also gut, ob sie denn unser Format kaufen könnten? Nun lachten wir wirklich.
„Wir haben überhaupt kein Format.“
„Dann lasst es uns denen eben nicht verkaufen.“
Da lachten wir noch schallender.
Johns Freund Victor Lownes, der den Londoner Playboy Club managte, lizensierte einen Kinofilm von uns – mit den Highlights der ersten beiden Staffeln. Er hatte nämlich das Gefühl, es gäbe ein Publikum für Python, aber eben in den Unis – und es müsse ein Film sein. Also drehten wir And Now For Something Completely Different (Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft) in einer alten Molkerei in Hendon für 80.000 Pfund (damals ca. 300.000 Euro). Unser TV-Produzent, der stürmische Schotte Ian McNaughton, wurde als Regisseur verpflichtet. Ian hatte als Schauspieler angefangen, war aber dann zur BBC gestoßen und beteiligte sich an der Regie von Shows mit dem Comedian Spike Milligan. Das machte ihn für uns interessant. Für unsere ersten vier Fernsehaufzeichnungen stand er nicht zur Verfügung, und Howard Davies sprang für ihn ein. Als kleiner Junge hatte Davies den Oliver in David Leans Filmklassiker Oliver Twist gespielt.
„Bitte, Sir, kann ich noch etwas mehr bekommen?“
Später führte er Regie bei John Cleeses Falwty Towers, während Ian all unsere folgenden Shows als Regisseur betreute. Es war Davies, der Carol Cleveland in unsere Show brachte, als wir für die Sexszene in meinem Sketch Marriage Guidance Counselor (Eheberater) eine echte Frau benötigten. Der Gag funktionierte mit einem Mann im Fummel einfach nicht, und Carol galt nun als gesetzt, wann immer wir echte Weiblichkeit brauchten. Sie war ein richtig toller Kumpel und zog mit uns los, als es auf die Tourneen ging. And Now For Something Completely Different war der erste Kinofilm, den sie mit uns machte.
McNaughty („Mac-Unartig“), wie wir ihn nannten, war ein ausgewiesener „schottischer Irrer“ mit einer Vorliebe für Whisky. John persiflierte ihn gnadenlos als betrunkener Regisseur in Scott of the Sahara (Scott in der Sahara), und behauptete dann, er habe Joseph McGrath auf dem Kieker gehabt, einen anderen heftig trinkenden schottischen Regisseur. Mit Ian war bis zur Mittagspause immer alles okay. Aber dann konnte er es sich nie verkneifen, in den Pub zu gehen – und musste sich danach immer hinlegen. Für gewöhnlich übernahm dann einer der beiden Terrys. Mit dem endgültigen Schnitt hatten wir nichts zu tun, und keiner von uns mochte ihn. Bemerkenswert war das Ganze nur wegen der Kontroverse um einen Furz. Der amerikanische Produzent meinte:
„Lasst ihr den Furz drin, dann werdet ihr Disneyland verlieren.“
Wir ließen den Furz drin.
Die Columbia Pictures brachte den Film schließlich heraus, und am Ende kaufte Victors Kumpel Hugh Hefner ihn. Also erfüllte er seinen Zweck, da wir dann in den Achtziger Jahren in die Playboy-Villa hineinkamen, als sich das noch nach einer guten Idee anhörte.
1971 tauchten wir in die Welt des Verlagswesens ein, als ich das Redigieren von Monty Python’s Big Red Book übernahm, das selbstverständlich blau war. Darauf folgte The Brand New Monty Python Papperbok (1973). Dessen Einband wies absichtlich schmuddelige Fingerabdrücke auf, so dass die Leute ihre Exemplare immer wieder in die Buchhandlungen zurückschleppten. Terry Gilliam weigerte sich, etwas mit dem ersten Buch zu tun zu haben, indem er mit Entschiedenheit schnaubte: „Humor-Bücher verkaufen sich nicht.“ Ich vermute mal, dass seine Erfahrungen mit Harvey Kurtzmans Help-Magazin in New York seine Urteilskraft etwas getrübt hatten, für das er Cartoons zeichnete und fumetti-Trickfilme drehte. Seine Assistentin Katy Hepburn half mir beim Design des Buches, und ich sah mich gezwungen, Katy in sein Studio zu schicken, um einige seiner Grafikarbeiten zu klauen. Zum Glück lag Terry mit seiner Einschätzung falsch – das erste Python-Buch flog geradezu aus den Regalen. Es wurden massenweise Neuauflagen nötig – und Big Red stellte quasi die Erfindung des weihnachtlichen Humorbuches dar.
Bücher, Schallplatten, Filme, TV-Shows, so langsam schlangen sich die Python-Tentakel um den Hals der arglosen Öffentlichkeit. Ich konnte die Pythons zu drei Mitternachts-Vorstellungen einer Live-Bühnenshow überreden – beim Lanchester Arts Festival in