Aristoteles

Gesammelte Werke


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nichts das Gute wäre, was zusammen mit etwas an sich Gutem begehrenswerter wird. Was wäre denn also ein solches Gute, woran auch wir teil haben könnten? Um ein solches fragt es sich doch272.

      Weiterhin sagt man, das Gute sei vollendet, die Bewegung und das Werden aber unvollendet, und sucht zu zeigen, daß die Lust Bewegung und Werden ist. – Aber schon das scheint verfehlt, daß die Lust Bewegung sein soll. Jeder Bewegung ist Schnelligkeit und Langsamkeit eigen, wenn auch nicht im Vergleich mit sich selbst, so doch im Verhältnis zu einem anderen, wie man an der Himmelsbewegung sieht. Bei der Lust aber findet sich keines von beiden, keine Schnelligkeit und keine Langsamkeit. Ja, (1173b) bekommen kann man das Gefühl der Lust schnell, wie auch das des Zorns, aber haben kann man es nicht schnell, auch nicht im Vergleich mit einem anderen, wohl aber kann man schnell gehen, wachsen und dergleichen. Also der Übergang zur Lust kann schnell und langsam zustande kommen, aber schnell aktuell sein in bezug auf die Lust, will sagen, schnell Lust fühlen, das kann man nicht. Und wie sollte sie weiter ein Werden sein? Es wird oder entsteht doch nicht unterschiedslos jedes aus jedem, sondern jedes löst sich in das auf, woraus es wird. So müßte auch, wenn die Lust das Werden einer Sache ist, das Vergehen derselben Sache die Unlust sein. Man sagt nun, die Unlust sei der Mangel einer Sache, die von der Natur gefordert wird, und die Lust der Ausgleich dieses Mangels. Aber solche Dinge wie Mangel und Ausgleich sind körperlicher Art. Wenn also die Lust der von der Natur geforderte Ausgleich ist, so muß das, was den Ausgleich erfährt, der Körper also, Lust fühlen, und das wird man schwerlich annehmen. Mithin ist die Lust kein Ausgleich, sondern sie stellt sich nur gelegentlich eines solchen ein, wie auch die Unlust aus Anlaß des Gegenteils, z. B. wenn man sich schneidet, ausgelöst wird. Diese Meinung ist wohl hauptsächlich durch das Gefühl der Unlust und Lust veranlaßt, das sich auf die Ernährung bezieht. Man beruft sich darauf, daß man zuerst ein Bedürfnis verspürt und Unlust fühlt und hernach über die Stillung des Bedürfnisses Lust fühlt. Allein das trifft nicht bei allen Arten der Lust zu. Der Lust am Studium z. B. geht keine Unlust voraus, der sinnlichen Lust, die auf dem Geruch beruht, auch keine, und das gleiche gilt von so vielem, was man hört und sieht, und so manchen Erinnerungen und Hoffnungen. Wovon also sollten diese Genüsse ein Werden sein? Es ging ja kein Mangel voraus, den sie ausgleichen könnten.

      Auch der Freund im Unterschied von dem Schmeichler scheint einen Beweis dafür zu liefern, daß die Lust nichts gutes ist oder es ihrer verschiedene Arten gibt. Der Verkehr des Freundes mit uns scheint auf das Gute abzuzielen, der des Schmeichlers auf die Lust, und diesen tadelt man, (1174a) jenem spendet man wegen der Verschiedenheit seiner Absicht Lob. – Auch möchte niemand leben, wenn er immer nur den Verstand eines Kindes haben und alles was den Kindern Freude macht im höchsten Maße genießen sollte; und niemand möchte eine Freude haben um den Preis einer sehr schimpflichen Handlung, auch wenn ihm aus derselben niemals eine Unlust erwachsen sollte. – Auch liegt uns manches sehr am Herzen, das für uns keine Lust im Gefolge hat, wie Sehen, Gedenken, Wissen, Tugenden Haben. Führen diese Dinge notwendig einen Genuß und eine Befriedigung mit sich, so trägt das nichts aus. Denn wir würden sie auch dann begehren, wenn keine Lust aus ihnen flösse.

      So könnte es also erwiesen scheinen, daß die Lust weder ein Gut, noch jede Lust begehrenswert ist, und daß einige Lüste an sich begehrenswert sind, die sich von den anderen der Art oder dem Ursprung nach unterschieden.

      Dies möge bezüglich der über Lust und Unlust bestehenden Meinungen genügen.

      Drittes Kapitel.

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