Thomas L. Viernau

Krähwinkeltod


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       Weitere Personen aus dem Umfeld:

      Peggy, Fahrerin des mobilen Bäckershops

      Guido Linhardt, Forellenzuchtmeister in Rägelin

      Willi Schaperow, pensionierter Polizist aus Wittstock

      Familie Baierstedt, Rentner im Klosterstift Lindow

      

      

      Alle im Roman vorkommenden Personen sind rein fiktiv. Sollte es zufällige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen geben, so ist das nicht beabsichtigt.

      Prolog

      

       Krähwinkel

       … ist ein fiktiver Ort, der zum ersten Mal in einer Satire von Jean Paul im Jahr 1801 auftauchte. Heinrich Heine verwendete ihn und auch August von Kotzebue, ein inzwischen fast vergessener Dramatiker, verwendete diesen Ort 1803 und 1809 in zweien seiner Stücke. Krähwinkel gilt als eine zutiefst spießbürgerliche Kleinstadt und wird manchmal als Vergleich herangezogen, um zu verdeutlichen, dass man einen Ort für ein langweiliges, spießiges und rückständiges Provinzstädtchen hält.

      

       Begriffserklärung aus der Wikipedia 2017

       Krähen im Winter

      

       Krah, krah! Unüberhörbar melden sie sich zu Wort.

       Krah, krah! Hallt es über die Felder fort.

       Krah, krah! Voller Freude über ihre Gegenwart,

       kritzel‘ schwungvoll Krähen auf mein Skizzenblatt.

       Krah, krah! Krähen gehören im Winkel dazu,

       bringen Leben in die öde Ruh.

       Krah, krah! Gehören mit ins Bild, ob halb zahm oder wild,

       ob zahlreich oder als einsame Kräh‘ im Schnee,

       begleiten sie mich quer durchs Land.

       Krah, krah! Hüpfen vor mir im Sand, blinzeln wissend herüber.

       Krah, krah! Mit schiefgelegtem Schnabel:

       Na, mein Lieber? Kommste wieder?

       Krah, krah! Na klar … übers Jahr.

      Ruppiner Heide

      Mittwochnacht, 26. September 2007

      Die Person lief nun schon fast zwei Stunden durch die Finsternis. Nur das leise Keuchen ihres Atems war zu vernehmen. Ab und zu knackte ein kleiner Ast, auf den sie trat, aber das war auch alles. Viel war nicht zu erkennen, die Person hatte ein dunkles Kapuzenshirt angezogen und die Kapuze über den Kopf gezogen. Sie vermied es, auf dem kleinen Pfad zu laufen. Die klare Sternennacht beleuchtete halbwegs ausreichend die Lichtungen und Wege. Nur im Schutz der Bäume war man wirklich unsichtbar. Die Person wusste das.

      Vielleicht fünfhundert Meter entfernt lief eine andere Person ebenfalls im Schutz der Bäume, mit schnellen Schritten der Spur der ersten Person folgend. Auch diese Person war dunkel gekleidet. Woher sie kam, war schwer festzustellen. Möglicherweise gehörte sie zu dem verlassenen Auto, das vorn auf der Fernverkehrsstraße stand. Die Straße verlief hier schnurgerade durch ein ehemaliges Militärsperrgebiet.

      Vor zwanzig Jahren rollten die russischen Panzer durchs Gelände, übten für den Ernstfall, um dann jedoch glücklicherweise beim wirklich eingetretenen Ernstfall im November des Jahres 1989 friedlich in ihren Unterständen zu bleiben.

      Noch weiter in dem nur spärlich mit niedrigen Bäumchen bewachsenen Gelände solle es bis heute noch Minen und Blindgänger geben. Der Räumdienst käme so schnell nicht voran und das Gebiet erwies sich für die Spezialisten als zu groß und schlecht zugänglich. Das Betreten des Geländes war daher strikt verboten.

      Die beiden Personen, die sich im Schatten der Bäume bewegten, wussten. Mit einer gewissen Unbekümmertheit folgten sie jedoch den ausgetretenen Pfaden, die von den Soldaten bei ihren Manövern angelegt worden waren.

      Plötzlich lichtete sich der Kiefernwald. Vor den beiden Personen lag eine endlose, offene Hügellandschaft, nur bedeckt von Feldern und ein paar vereinzelt stehenden Büschen. Eine denkbar ungeeignete Gegend um sich zu verstecken.

      Dennoch lief die eine Person geduckt hinaus ins Offene, hoffend, dass der Verfolger dieses Manöver nicht mitbekam. Ein dunkler Schatten bewegte sich auf dem abgeernteten Feld vorwärts.

      Am Waldesrand stand die andere Person und spähte ins Land. Nichts war zu erkennen, was eine flüchtende Person sein könnte. Ein leichter Wind hatte eingesetzt, blies die trockene Erde vom Feld in die Luft, so dass ein Staubnebel entstand, der sich über dem offenen Land ausbreitete. Der Verfolger musste seine Augen zusammenkneifen. Staub machte es unmöglich, die Augen offen zu halten. Irgendwo schräg voraus schien der Staub etwas dunkler zu sein. Als ob sich im Schutz des Staubs etwas bewegte. Da war sie wieder, die dunkle Gestalt, klar und deutlich war sie gegen den hellen Sternenhimmel zu sehen.

      Leichtfüßig folgte die Person dem dunklen Schatten im Staub. Es war kurz vor drei Uhr nachts. Eine Straße querte die Felder. Die fliehende Person rannte jetzt auf der Straße entlang. Sie hatte Panik bekommen. Nichts hatte geholfen, den Verfolger abzuschütteln. Er blieb einfach an ihr haften. Möglicherweise schaffte sie es ja, wenn sie einfach nur schnell genug rannte. Der Atem ging stoßweise. Seitenstechen setzte ein. Die fliehende Person wurde langsamer, pausierte. Der Atem normalisierte sich.

      Ein Blick nach hinten genügte, da war sie wieder, die dunkle Gestalt, die einfach nicht verschwinden wollte.

      Vorn wurden ein paar Häuser sichtbar.

      War hier etwa schon das Dorf?

      Mitten in der größten Einöde gab es wirklich ein Dorf. Nicht groß, eher bescheiden, nur eine Handvoll Häuser, keine Kirche, nichts Bemerkenswertes. Wenn, ja, wenn man es bis dorthin schaffen würde, dann könnte man sich wirklich verstecken.

      Mit der letzten Energie rannte die Person im dunklen Kapuzenshirt los. Doch es war zu spät. Hinter sich spürte sie schon den heftig keuchenden Atem des Verfolgers. Nur noch wenige Meter waren es jetzt. Eine Frage von Sekunden. Durch das Gehirn jagten alle möglichen Optionen. Keine war wirklich gut. Es blieb nur noch die allerletzte Option. Das Messer.

      In der Tasche des Kapuzenshirts war es verborgen, zusammengeklappt. Ein Handgriff genügte um es herauszuholen und aufzuklappen. Oft schon hatte die dunkle Gestalt im Kapuzenshirt damit geübt.

      Beim Herumdrehen bemerkte die Person, dass der Verfolger ebenfalls auf die Idee gekommen war, ein Messer zu zücken.

      Dann ging alles sehr schnell. Ein durchdringender Schrei entrang sich der Kehle des Getroffenen. Das Messer lag auf der Straße, zu weit weg, um Widerstand leisten zu können. Blut spritzte im hohen Bogen aus der aufgeschlitzten Schlagader. Der Mund füllte sich mit Blut, heftig atmend blickte die Person in den klaren Sternenhimmel, spürte das immer schwächer werdende Pochen des Herzens und den nahen Tod.

      Er kündigte sich an durch ein kälter werdendes Gefühl in den Füßen, dann in den Beinen und Armen, schließlich im ganzen Körper. Das Leben floss stoßweise aus dem Körper heraus. Das letzte, was die verblutende Person am Straßenrand sah, war der dunkle Schatten der anderen Person, die sich jetzt über sie beugte und sie stumm anstarrte.

      Nur hundert