bekommen sollte.
Mit dieser Ziege sollte eine neue Aufgabe auf mich zukommen. Vati wollte mir das Melken beibringen.
Ich staunte sehr, dass aus unserer Ziege die Milch kommt, die ich so gerne trank. Vati band heute die Ziege im Stall mit einem Strick an einer Wand fest.
Ich hatte doch keine Angst vor der Ziege, er brauchte sie nicht festzubinden, ging es mir durch den Kopf. Und ich wunderte mich, was das jetzt sollte, denn noch nie war die Ziege angebunden worden.
Schon oft hatte ich sie gestreichelt, das tat ich auch jetzt. Vati hatte sich entfernt, als er die Ziege angebunden hatte. Aber da kam er schon wieder. Er hatte etwas aus dem Stall geholt, einen kleinen Hocker mit nur einem Bein hielt er in der einen Hand, einen kleinen Eimer in der anderen. Einen solchen Hocker hatte ich noch nie gesehen. Wollte sich Vati etwa da draufsetzen? Ich wagte nicht zu fragen, denn sonst hätte ich bestimmt gelacht, weil ich mir das Bild vorstellte, dass er mit dem Hocker umkippte und neben der Ziege liegen würde.
Das wollte ich auf keinen Fall erleben. Es kam anders als gedacht. Vati setzte sich auf diesen einbeinigen Hocker, als wäre es überhaupt kein Problem, auf ihm zu sitzen.
Er stellte den Eimer unter die Ziege, die noch immer ganz still stand. Ich sah, wie Vati unter der Ziege an ihren Zitzen drückte und hörte auch schon wie die Milch in den Eimer spritzte. Komm, gib mir mal deine Hand, sagte Vati, ich zeige dir, wie man das macht.
Er zog mich zwischen seine Beine, nahm meine Hand in seine und führte sie an die Zitzen der Ziege. Da diese schön warm waren, hatte ich keine Angst vor dieser Berührung. Vati drückte plötzlich meine Hand etwas fester zu, tatsächlich, die Milch floss in den Eimer.
Nun stand Vati von dem einbeinigen Hocker mit den Worten auf, versuche es einmal alleine, Angelika. Ich war stolz, dass er so etwas zu mir sagte, setzte mich wie er auf den Hocker, doch so schnell ich mich draufgesetzt hatte, so schnell lag ich wieder unten. Nun war es Vati, der lachte. Ich wurde ärgerlich, versuchte es immer und immer wieder, bis es mir tatsächlich gelang.
Es war zwar alles ein wenig wackelig, aber ich blieb drauf sitzen. Mit dem Melken sollte es aber doch nicht so einfach gehen. Es kam einfach keine Milch aus den Zitzen. Vati erklärte, dass ich an der Zitze oben etwas drücken müsse, um die Milch nach unten rauszuschieben. Na ja, das war alles nicht so einfach, aber es klappte nach einiger Zeit dann doch. Vati ließ mich mit der Ziege allein.
Es machte mir sogar Spaß, als ich sah, wie die viele Milch in den Eimer floss. Für einen Moment passte ich nicht auf, die Ziege muss wohl die Nase von meiner Ungeschicktheit voll gehabt haben, sie wollte nicht mehr stillhalten. Plötzlich hob sie ihr Hinterbein, platsch hatte sie in den Eimer getreten. Das war totale Absicht von ihr, das wusste ich. Der Eimer mit der guten Milch kippte um, ich flog vom Hocker und hatte bei dem ganzen Geschehen nicht bemerkt, dass Vati hinter mir stand.
Nein, er schimpfte nicht, sondern er lachte. Er hob den Eimer hoch, schaute hinein und sagte, da wird Mutti aber traurig sein, dass wir heute keine Milch haben, aber was hatte sie gesagt, sprach Vati weiter, als dein Schürzchen von den Entchen schmutzig war?
Aus all dem kann man nur lernen. Das nächste Mal wird es besser gehen, mein Kind.
Ich versprach es mit Tränen in den Augen.
Eines Tages sagte Vati zu mir, eigentlich sollten wir mal wieder kleine Zicklein bekommen, doch in dieser Zeit werden wir keine Milch von der Ziege haben, die wird sie für die kleinen Zicklein brauchen.
Oder möchtest du keine Zicklein haben?
Vati wartete nicht auf meine Antwort, denn er hatte schon längst beschlossen, dass wir Zicklein haben werden.
Jetzt brauchen wir die Milch noch ein Weilchen für uns, sagte Vati. Denn du musst Mutti noch helfen, Butter, Dickmilch und Quark zu machen.
Ich freute mich über die neuen Aufgaben und wollte alles so gut wie Mutti machen.
Am meisten Arbeit machte das Butter zubereiten. Von der Milch wurde die fette Sahne abgeschöpft, sie kam in eine Rührschüssel. Weil ich so klein war, setzte mich Mutti auf einen Stuhl, die Rührschüssel bekam ich auf meinen Schoß zwischen meine Beine geschoben, so konnte ich sie beim Drehen mit der Kurbel besser festhalten. Nach einiger Zeit wurde es Schlagsahne, die wir zum Kuchen essen brauchten. Wenn ich dann weiter rührte, entstand endlich die Butter. Wenn es aber nur Sahne sein sollte, musste ich sehr aufpassen, dass ich nicht zu lange rührte, sonst wäre es tatsächlich wieder Butter geworden.
Nun hatte ich alles gelernt, was man aus Milch machen konnte. Die dicke Milch mit Zimt und Zucker schmeckte mir besonders gut. Das war das Einfachste an der Sache, ich ließ einfach eine Schüssel Milch in der Küche auf dem Arbeitstisch zugedeckt stehen, am nächsten Tag war die Milch dick geworden.
Nun kam die Zeit, dass Vati sagte, jetzt ist aber Schluss mit dem Butterrühren und Sahnelecken, jetzt muss die Ziege vorbereitet werden, damit sie uns Zicklein schenken kann.
Wir müssen heute mit der Ziege zu einem Bauern am Ende des Dorfes gehen, sagte Vati, so als wäre es selbstverständlich. Doch ich verstand nicht, was er damit sagen wollte. Jetzt eine Frage stellen, fühlte ich, wäre nicht richtig.
Angelika, du kommst gleich zu mir runter zum Ziegenstall, damit du mir hilfst, mit der Ziege zum Bauern zu gehen. Ich fragte wieder nicht, warum? Denn Vati konnte manchmal böse werden, wenn ich zu viele Fragen stellte.
Als ich zum Stall kam, hatte die Ziege schon einen Strick am Hals. Am Ende des Stricks hatte Vati ein Hölzchen zu einem Griff gebastelt, an dem sollte ich die Ziege festhalten, um mit ihr schon einmal vorzugehen. Vati drückte mir den Griff von dem Strick in die Hand, gehe schon mal vor, ich komme sofort nach, ich muss nur noch etwas fertig machen.
Als ich zum Tor ging, rief er noch, du weißt doch, wo der Bauer wohnt am Ende des Dorfes. Ja Vati, rief ich und schon zog mich die Ziege hinter sich her.
Kaum war ich aus unserem Hoftor raus, spielte die Ziege total verrückt. Nicht ich zog die Ziege, sondern sie zog mich am Strick hängend hinter sich her. Sonst war sie so brav und lieb, doch jetzt hatte ich das Gefühl, die Ziege wusste genau, wo wir hingehen müssen. Sie zog und zog.
Da nun gerade Schulferien waren, trafen wir viele Kinder auf der Dorfstraße, die hatten nun was zu lachen, wie mich die Ziege von einer Straßenseite zur anderen zog. Ich hielt sie mit beiden Händen fest und ließ sie nicht los, so wie Vati es gesagt hatte.
Ein paar Mal drehte ich mich noch um, ob Vati kam, doch ich sah ihn nicht. Nun war auch der Hof von dem Bauern schon zu sehen, meine Kräfte ließen nach. Als wir endlich den Hof erreicht hatten, stand da schon der Bauer. Ihr kommt aber sehr spät, ich warte schon lange auf euch, wo hast du denn deinen Vater gelassen, rief er laut über den ganzen Hof.
Alles ging jetzt sehr schnell, der Bauer machte eine Stalltüre auf, ein wilder, stinkender Ziegenbock kam auf uns zugestürzt. Ich erschrak so sehr, dass ich vor Schreck meine Ziege vom Strick losließ und rannte zum Hoftor.
Da hörte ich Vati schreien, was hast du gemacht? Du kannst doch nicht die Ziege laufen lassen. Vor lauter Angst und Schreck lief ich weinend zum Tor hinaus und kam verweint bei Mutti an. Ich erzählte ihr, was passiert war.
Hab keine Angst, mein Kind, geh dich erst mal waschen, du stinkst ja wie ein kleiner Ziegenbock. Dann erklärte mir Mutti, dass unsere Ziege nur kleine Zicklein haben wird, wenn sie bei dem Bock war. Das verstand ich wieder mal nicht, ich war so geschafft, dass mich das jetzt auch nicht weiter interessierte.
Gott sei Dank hatte Vati mich nicht ausgeschimpft, auch nicht verhauen, ach, was hatte ich für ein Glück.
Nach einiger Zeit wunderte ich mich, dass der Bauch unserer Ziege immer dicker wurde. Als Vati meinem Blick folgte, sagte er, bald werden wir kleine Zicklein bekommen. Er nahm meine Hand, hielt sie an den Bauch der Ziege, ich erschrak, als sich darin etwas bewegte.
Das sind schon die kleinen Zicklein, die wollen bald aus dem Bauch heraus. Staunend stand ich neben Vati, doch ich traute mich nicht zu fragen, wie die Zicklein da reingekommen waren und auch nicht wie sie da wieder herauskommen sollen.
Eines