A. F. Morland

Thriller Spannung 2021: 13 Urlaubs-Krimis auf 1527 Seiten


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die abgefeuerte Rakete den Jet treffen ...

      Der Jet gehörte Alfredo Sandrelli, einem Mann der Commissione. Er flog die Maschine nicht selbst, sondern überließ dies einem erfahrenen Piloten, während er mit seinen vier Freunden im Passagierraum saß und sich unterhielt.

      „Gleich werden wir in New York landen“, sagte Sandrelli, ein vierzigjähriger dunkelhaariger Mann mit getönter Brille. Er war ein gefürchteter Spürhund der Cosa Nostra.

      Da die Ehrenwerte Gesellschaft zahlreiche Unternehmungen hatte - saubere und schmutzige -, war es nötig, den Leuten, denen man „vertraute“, ab und zu auf die Finger zu sehen. Denn: Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser.

      Sandrelli fand zumeist sehr schnell heraus, ob ein Vertragspartner zu viel in die eigene Tasche wirtschaftete, wodurch dem Syndikat eine Menge Geld entging. Er brauchte dies nur den entsprechenden Leuten zu melden, und schon reagierte der Mob. Die betreffende Person wurde ihres Amtes enthoben und durch eine loyalere ersetzt, wobei diejenigen, die man abberufen hatte, in neunundneunzig von hundert Fällen im Leichenschauhaus landeten.

      Da Sandrellis Tätigkeit dem Syndikat viel Geld einbrachte, war man ihm gegenüber nicht knausrig. Man beteiligte ihn prozentuell an den Gewinnsteigerungen, und das wiederum war für Alfredo Sandrelli ein Ansporn, noch mehr gute Taten für die Mafia zu setzen.

      Um effektiver arbeiten zu können, hatte er sich einen Mitarbeiterstab von drei Mann zugelegt. Er bezahlte sie aus seiner eigenen Tasche, war gewissermaßen ihr Chef.

      „New York“, sagte Sandrelli und rollte mit den Augen. „Eine faszinierende Stadt.“

      „Eine unsichere Stadt“, sagte einer seiner Freunde. „Voll von Verrückten. Einer von ihnen hat John Lennon grundlos gekillt.“

      „Das hätte in jeder anderen Stadt auch passieren können“, sagte Sandrelli.

      „Es ist aber in New York geschehen.“

      „Ich komme trotzdem immer wieder gern hierher“, bemerkte Alfredo Sandrelli. „Dieser Hexenkessel, der Schmelztiegel der Nationen hat ein eigenes Flair, wie du es bei keiner anderen Stadt findest. Broadway. Empire State Building. Der Sitz der Vereinten Nationen ...“

      Sandrellis Freund grinste. Er sah dabei die anderen an.

      „Jetzt kommt er ins Schwärmen.“

      „Ich mache euch einen Vorschlag“, sagte Alfredo Sandrelli. „Wir sehen zu, dass wir unseren Job so rasch wie möglich hinter uns bringen, und dann machen wir einen drauf, der sich gewaschen hat. Was haltet ihr davon?“

      „Dafür sind wir immer“, bekam er zur Antwort.

      Der Pilot meldete sich über den Bordlautsprecher. Er bat die Passagiere, das Rauchen einzustellen und sich anzuschnallen. Folgsam hakten die Mafiosi die Gurte fest.

      „Also noch mal“, fasste Sandrelli zusammen, was er mit seinen Freunden während des Fluges besprochen hatte. Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. „Brian Cusack, der der König von Brooklyn genannt wird, liefert in letzter Zeit nicht mehr genügend Geld an das Syndikat ab. Er sagt, die Einnahmen sind zurückgegangen, aber die Commissione will ihm nicht so recht glauben. Sie vermutet eher, dass Cusack neuerdings zu viel für sich selbst auf die Seite bringt. Unsere Aufgabe ist es, den Beweis dafür zu erbringen. Wir werden Cusack auf Herz und Nieren überprüfen, wie wir das schon mit vielen anderen Übelfingern getan haben. Wir durchleuchten seine Bankverbindungen, forschen etwaige Strohmänner aus, die für ihn Geschäfte tätigen, sehen uns an, was er besitzt und wohin das Geld, das er einnimmt, verschwindet, und wenn wir auch nur ein Haar in der Suppe finden ...“

      „... kriegt Cusack einen Zementsarg verpasst“, sagte einer von Sandrellis Freunden.

      „Ja, aber nicht von uns. Dafür sind wir nicht zuständig. Dafür hat das Syndikat andere Experten an der Hand. Brian Cusack wird sang und klanglos von der Bildfläche verschwinden, wenn er eine unsaubere Gangart gewählt hat. Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Wer den Hals nicht vollkriegt, der muss früher oder später mit so einem Ende rechnen. Die Cosa Nostra lässt sich nicht an der Nase herumführen.“

      Der Jet setzte zur Landung auf dem Privatflughafen an. Schnurgerade visierte er die Landebahn an, doch er sollte sie nicht mehr erreichen.

      2

      Die Rakete stammte aus Army-Beständen. Der Killer hatte sie sich nicht selbst besorgt. Brian Cusack hatte sie ihm verschafft. Cusack hatte da so seine weitreichenden Verbindungen. Er konnte so ziemlich alles auftreiben, wenn er wollte. Haargenau hatte der Killer - sein Name war Gordon Keel - die Düsenmaschine im Visier. Er feuerte die Rakete im richtigen Moment ab. Das Geschoss mit dem hochexplosiven Sprengkopf verließ das Rohr und nahm Direktkurs auf den silbernen Vogel.

      Es vergingen wenige Sekunden. Dann hatte die Rakete ihr Ziel erreicht. Ein greller Blitz flammte auf. Der Knall drang Keel erst später ans Ohr. Eine ungeheure Kraft wirkte auf die Maschine ein. Sie riss das Flugzeug buchstäblich auseinander. Wrackteile, Sitze, Menschen flogen durch die Luft. Eine heiße Druckwelle raste nach allen Seiten davon.

      Gordon Keel warf das ofenrohrähnliche Gerät weg. Es hatte seinen Zweck erfüllt, er brauchte es nicht mehr. Nun war es wichtig, so rasch wie möglich von hier wegzukommen.

      Sämtliche Flugzeugtrümmer hatten noch nicht den Boden erreicht, da wirbelte der Killer bereits herum und setzte sich ab. Am Ende des Flugfeldes überkletterte Keel einen Zaun. Dort stand der Wagen, mit dem er hergekommen war. Ein gestohlenes Fahrzeug. Gordon Keel war ein vorsichtiger Mann. Er startete die Maschine und fuhr los. Im Rückspiegel sah er den schwarzen Rauchpilz, der träge zum Himmel hochstieg, aber das ging ihn nichts mehr an. Er hatte seine Arbeit getan. Brian Cusack konnte mit ihm zufrieden sein. Der König von Brooklyn würde nicht vergessen, einen angemessenen Geldbetrag auf sein Konto transferieren zu lassen.

      Unbehelligt erreichte Gordon Keel South Brooklyn. Er ließ den heißen Wagen am Erie Basin stehen und betrat wenig später einen Billardclub. Der fette Besitzer nickte ihm freundlich zu. „Lange nicht mehr gesehen, Amico.“

      Keel hob die Schultern und grinste. „Man hat viel zu tun.“

      „Das ist gut. Das bringt Moos ein. Wie wär's mit einem Spiel? Ich habe schon lange nicht mehr gegen einen Könner verloren.“

      „Später. Erst muss ich telefonieren.“

      „Okay. Ich mach’ inzwischen schon ein paar Stöße, um in Form zu kommen, sonst stehe ich gegen dich ja als vollkommener Idiot da.“

      „Untertreib' nicht so schamlos! Das letzte Mal habe ich vor einem halben Jahr gegen dich gewonnen.“

      „Seither warst du auch nicht mehr hier“, sagte der dicke Italo-Amerikaner.

      Keel begab sich zur Telefonbox. Er betrat die Zelle und schloss die Falttür hinter sich. Brian Cusacks Nummer kannte er auswendig. Klar, er arbeitete schon seit drei Jahren für den König von Brooklyn. In dieser Zeit hatte er für Brian Cusack schon eine ganze Menge Leute abserviert. Aber noch nie gleich fünf auf einmal. Das war heute zum ersten Mal passiert.

      Dass das Ärger mit der Mafia geben könnte, glaubte er nicht. Cusack würde schon einen Dreh finden, der den Verdacht von ihm ablenkte. Der König von Brooklyn war ein ganz ausgebuffter Schurke. Der war manchmal schlimmer als die Mitglieder