Clemens von Alexandria

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keine anderen als die, welche in der richtigen Weise Philosophie getrieben haben. Um einer von ihnen zu werden, ließ ich nach Kräften im Leben nichts unversucht, bemühte mich vielmehr auf alle Weise darum. Ob ich mich recht bemühte und ob wir etwas erreichten, darüber werden wir, wenn wir dorthin kommen, Gewisses erfahren, so Gott will, gar bald.“488

      93.

      1. Meinst du nicht, daß er auf Grund der hebräischen Schriften deutlich auf die Hoffnung des Gerechten nach dem Tode hinweist? Und im Demodokos, wenn die Schrift wirklich von Platon stammt, sagt er: „Das Philosophieren besteht doch wohl nicht darin, daß man sich sein ganzes Leben lang mit den einzelnen Fächern plagt oder sich ein reiches Wissen zu erwerben sucht und sich mit allen möglichen Dingen abmüht,489 sondern in etwas anderem, da ich für meinen Teil jenes sogar für eine Schande halte.“490

      2. Er wußte nämlich, meine ich, daß nach dem Ausspruch des Herakleitos „Vielwissen nicht Verstand haben lehrt“.491

      3.Und in dem 5. Buch des Staates sagt er: „Werden wir nun diese alle und andere, deren Wißbegierde sich auf irgendwelche Dinge dieser Art richtet, und die Freunde wertloser Künste als Philosophen ansehen? Keineswegs, sagte ich, sondern nur als solche, die Philosophen ähnlich sind. Welche aber, sagte er, hältst du für die wahren Philosophen? Diejenigen, sagte ich, die die Wahrheit zu schauen begierig sind.“492

      4. Denn nicht in der Geometrie, die es mit Voraussetzungen und Annahmen zu tun hat, und nicht in der Musik, die doch geschickt darin ist, das Richtige zu treffen,493 und nicht in der Astronomie, die von Lehren strotzt, die die Natur betreffen und schwankend und nur Vermutungen sind, besteht die Philosophie, sie ist vielmehr die Kenntnis des Guten selbst494 und der Wahrheit, während jene Wissenschaften zwar von dem Guten verschieden, jedoch Wege zum Guten sind.

      5. Somit gibt auch Platon selbst nicht zu, daß die allgemeine Bildung zur Erfassung des Guten verhelfe, sondern nur, daß sie dazu beitrage, die Seele zu ermuntern und sie für die geistigen Dinge zu schulen.

      94.

      1. Mag man es nun Zufall nennen, wenn die Griechen einige Lehren der wahren Philosophie ausgesprochen haben, so gehört der Zufall zu Gottes Weltordnung (denn niemand wird den Zufall zu einem Gott machen wollen, nur um gegen uns Recht zu behalten), oder mag man es ein glückliches Zusammentreffen nennen, so kann ein solches Zusammentreffen nicht ohne die Vorsehung erfolgen.

      2. Mag man nun anderseits sagen, die Griechen hätten eine natürliche Begabung gehabt, so wissen wir, daß nur Einer der Schöpfer der Natur ist, und er ist geradeso, wie wir auch von einer natürlichen Gerechtigkeit gesprochen haben;495 wenn man ferner sagt, sie hätten einen gesunden Menschenverstand gehabt, so wollen wir bedenken, wer dessen Vater und der Vater der durch „die Verteilung des Verstandes“496 vermittelten Gerechtigkeit ist.

      3. Wenn aber jemand von Vorhersage spricht oder ein Zusammentreffen in den Aussagen als Grund angibt, so nennt er damit Erscheinungsformen der Weissagung. Andere freilich behaupten, daß manche Lehren der Philosophen ein Abbild der Wahrheit seien.

      4. Der göttliche Apostel schreibt ja von uns: „Wir sehen jetzt wie in einem Spiegel“,497 von dem unser Bild zurückgeworfen wird, so daß wir uns selbst erkennen und infolge des in uns vorhandenen Göttlichen damit zugleich den schöpferischen Urgrund, soweit es möglich ist, erblicken können.

      5. Denn es heißt: „Du sahst deinen Bruder, du sahst deinen Gott.“498 In diesem Falle wird, wie ich glaube, der Heiland für uns als Gott bezeichnet.

      6. Nach dem Ablegen des Fleisches aber (werden wir schauen) „von Angesicht zu Angesicht“,499 dann in der Tat völlig scharf und richtig, wenn unser Herz rein geworden ist.500

      7. Sowohl in der Art von Spiegelbildern als auch in der Art von Bildern, die durch einen Stoff hindurchschimmern, erblicken die sorgfältigen Forscher unter den griechischen Philosophen Gott. Die infolge des Unvermögens (des Sehenden) unvollkommenen Bilder der Wahrheit501 sind nämlich derartig, wie ein Bild im Wasser zu sehen ist und wie wir manches502 durch die durchscheinenden und durchsichtigen Körper hindurch sehen.503

      95.

      1. Trefflich sagt also Salomon; „Wer Gerechtigkeit sät, bewirkt Glauben. Diejenigen aber, die das Eigene säen (ihr Eigentum freigebig austeilen) sind es, die ihren Besitz vermehren.“504 Und an einer anderen Stelle: „Sorge für das zarte Grün auf der Ebene, und du wirst Gras mähen können; und sammle reifes Heu, damit du Schafe halten kannst für deine Bekleidung!“505

      2. Du siehst, wie man auch für die äußere Bedeckung und Sicherung sorgen muß. „Ganz genau wirst du aber das Leben deiner Herde kennen.“506

      3. „Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, von Natur die Gebote des Gesetzes erfüllen, so sind diese, da sie das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz“,507 indem „die Unbeschnittenen“ nach dem Wort des Apostels „die Forderungen des Gesetzes erfüllen“,508 sowohl vor dem Gesetz als auch vor der Erscheinung des Herrn.

      4. Indem der Logos gleichsam einen Vergleich zwischen den Anhängern der Philosophie und den sogenannten Häretikern anstellt, sagt er ganz deutlich: „Besser ein Freund in der Nähe als ein Bruder, der weit entfernt wohnt.“509 „Wer sich auf Lügen stützt, der weidet Winde und jagt beflügelten Vögeln nach.“510

      5. Mit dieser Stelle meint die Schrift, wie ich glaube, nicht die Philosophie, obgleich die Philosophie in vielen Fällen nur zu Wahrscheinlichkeitsschlüssen kommt und sie glaubhaft machen will, sondern sie tadelt die Irrlehren.

      6. Dazu paßt wenigstens das folgende: „Denn er verließ die Wege seines Weinberges, und auf den Pfaden seines eigenen Ackers ist er in die Irre gegangen.“511 Das sind die Irrlehren, die die von Anfang an bestehende Kirche verlassen.

      7. So gilt von dem, der einer Irrlehre verfiel, „er geht durch eine wasserlose Wüste“ da er den wahrhaftig seienden Gott verließ, wirklich gottverlassen ist, Wasser sucht, wo kein Wasser ist, und „über ein unbewohnbares und dürstendes Land hinwandert und mit seinen Händen Mißwachs einernten will.“512

      96.

      1. „Und die, denen es an Verstand mangelt, fordere ich dringend auf“, sagt die Weisheit, offenbar zu den Anhängern der Irrlehren, „nehmt gern von den heimlichen Broten und von dem süßen Wasser des Diebstahls!“,513 wobei die Schrift die Ausdrücke „Brot und Wasser“ ganz deutlich nicht von irgend etwas anderem sagt, sondern nur mit Bezug auf die Irrlehren verwendet, die beim Abendmahl Brot und Wasser nicht nach der Ordnung der Kirche gebrauchen.514 Denn es gibt solche, die das Abendmahl sogar nur mit Wasser feiern.

      2. „Doch laufe davon, halte dich nicht länger an ihrem Orte auf!“ Nur „Ort“ hat er ihre Versammlung, nicht „Kirche“ mit einem verschiedene Bedeutung in sich schließenden Wort genannt.

      3.Dann sagt sie zum Abschluß: „Denn so wirst du fremdes Wasser durchschreiten“, da die Schrift die Ketzertaufe nicht als dazugehöriges und rechtmäßiges Wasser ansieht,

      4.„und wirst über einen fremden Fluß setzen“,515 der mit sich fortreißt und ins Meer hinabschleppt, in das jeder getrieben wird, der von dem festgegründeten Boden der Wahrheit abirrt und sich wieder in die heidnischen und stürmischen Lebenswogen fortführen läßt.

      XX. Kapitel

      97.

      1.516 Wenn viele Leute zusammen ein Schiff ins Meer hinabziehen, so kann man nicht von vielen Ursachen sprechen, sondern nur von einer einzigen, aus vielen Teilen bestehenden Ursache; denn nicht jeder einzelne für sich bringt es fertig, daß das Schiff