Clemens von Alexandria

Teppiche


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sahet ihr nicht.“3957

      3. Du siehst, wie die Stimme des Herrn ein Wort ohne Gestalt ist. Denn die Macht des Wortes, die leuchtende Stimme des Herrn, die Wahrheit, die hoch vom Himmel her zu der Versammlung der Gemeinde herabgekommen war, wirkte durch leuchtenden und unmittelbaren Dienst.3958

      IV. Kapitel

      35.

      1. Wir können aber auch noch einen anderen Beweis zur Bekräftigung der Behauptung finden, daß die hervorragendsten Philosophen ihre schönsten Lehren von uns entwendet haben und sich ihrer als eigener Erfindungen rühmen. Dieser Beweis besteht darin, daß sie auch von den anderen Barbaren manches von dem, was für jede einzelne Philosophenschule von entscheidender Bedeutung ist, für sich auserlesen haben, vor allem von den Ägyptern manches andere, besonders aber die Lehre von der Seelenwanderung.

      2. Denn die Ägypter pflegen eine nur ihnen eigene Art von Philosophie; das zeigt am meisten ihr ehrwürdiger Kultus.

      3.3959 An erster Stelle in dem feierlichen Aufzug schreitet der Sänger, der irgendein auf die Tonkunst hinweisendes Kennzeichen mit sich führt; dieser muß, wie man berichtet, zwei von den Büchern des Hermes3960 seinem Gedächtnis eingeprägt haben, von denen das eine Götterhymnen, das zweite einen Rechenschaftsbericht über das Leben des Königs enthält.

      4. Nach dem Sänger kommt der Horoskop (Astrologe),3961 der als Kennzeichen der Sternkunde einen Stundenzeiger und einen Palmzweig in der Hand trägt. Dieser muß diejenigen von den Büchern des Hermes, die die Sternkunde behandeln, vier an der Zahl, auswendig kennen und stets im Munde führen. Von diesen Büchern handelt das erste von der Anordung der Fixsterne, das zweite von der Ordnung der Sonne, des Mondes und von den fünf Planeten, das dritte von den Konjunkionen und Lichtphasen der Sonne und des Mondes, das letzte von den Aufgangszeiten der Sterne.

      36.

      1. Sodann kommt der Hierogrammateus (der heilige Schreiber), der auf dem Kopf Federn und in den Händen ein Buch und ein Kästchen hat, in dem sich die Tinte zum Schreiben und das Schreibrohr befindet. Dieser muß die sogenannten Hieroglyphenbücher kennen, die von der Welt-und Länderkunde, von der Landeskunde Ägyptens, von der Beschreibung des Nillaufes und von der Einrichtung der Tempel und der ihnen geweihten Ländereien und von den Maßen und von dem Tempelgerät handeln.

      2. Dann folgt auf die Zuvorgenannten der Stolistes (der mit der Bekleidung der Götterstatuen beauftragte Priester), der die Elle der Gerechtigkeit und ein Opfergefäß trägt. Dieser kennt alle Bücher, die von der Erziehungskunst und von der sogenannten Moschosphragistik3962 (der Prüfung und Kennzeichnung der Opfertiere) handeln. Es sind aber zehn Bücher, die sich auf die Verehrung ihrer Götter beziehen und die Lehre von den ägyptischen Religionsgebräuchen enthalten, wie z.B. die Lehre von den Opfern, den Erstlingen, den Hymnen, Gebeten, Prozessionen, Festen und von dem ähnlichen.

      37.

      1. Nach allem kommt zuletzt der Prophet, der deutlich sichtbar das Wassergefäß in den Armen trägt, und ihm folgen diejenigen, die die zum Fortsenden3963 bestimmten Brote tragen.

      2. Der Prophet selbst aber lernt als der Vorsteher des Tempels die zehn sogenannten hieratischen Bücher auswendig; diese handeln von den Gesetzen, von den Göttern und von der ganzen priesterlichen Bildung. Denn der Prophet ist bei den Ägyptern auch der Aufseher über die Verteilung der Steuern (der oberste Steuerbeamte).

      3. Hermes hat aber im ganzen zweiundvierzig ganz unentbehrliche Bücher verfaßt. Von ihnen lernen die Vorgenannten die sechsunddreißig Bücher auswendig, welche die ganze Philosophie der Ägypter enthalten; die übrigen sechs aber lernen die Pastophoren;3964 der Inhalt dieser Bücher bezieht sich auf die Heilkunst, und sie handeln vom Bau des menschlichen Körpers (von der Anatomie), von den Krankheiten, von den Instrumenten und Heilmitteln und von den Augenkrankheiten und von den Frauenleiden.

      38.

      1. Dies war es, was in Kürze von der Philosophie der Ägypter zu sagen war. Aber auch die Philosophie der Inder ist sehr berühmt.

      2.3965 Als Alexandros von Makedonien zehn Gymnosophisten der Inder, die als die besten und schlagfertigsten galten, als Kriegsgefangene in seine Gewalt gebracht hatte, legte er ihnen Fragen vor und drohte, den zu töten,3966 der nicht treffend antworte; einen aber, den ältesten von ihnen, bestellte er als Richter.

      3. Als nun der erste gefragt wurde, ob nach seiner Ansicht die Lebenden oder die Toten zahlreicher seien, antwortete er: die Lebenden; denn die Toten seien überhaupt nicht.

      4. Der zweite antwortete auf die Frage, ob das Land oder das Meer größere Tiere hervorbringe: das Land; denn nur ein Teil von ihm sei das Meer.

      5. Als der dritte gefragt wurde, welches Lebewesen das verschlagenste sei, antwortete er: dasjenige, das bis jetzt in seinem Wesen noch nicht ergründet wurde, nämlich der Mensch.

      6. Als der vierte gefragt wurde, aus welchem Grunde sie den Sabbas, der ihr Fürst war, dazu veranlaßt hätten, von Alexander abzufallen,3967 antwortete er: Weil sie wollten, daß er rühmlich lebe oder rühmlich sterbe.

      7. Als der fünfte gefragt wurde, ob nach seiner Ansicht der Tag oder die Nacht früher dagewesen sei, antwortete er: Die Nacht um einen Tag;3968 denn auf verzwickte Fragen müßten auch die Antworten verzwickt sein.

      8. Als der sechste gefragt wurde, wie sich jemand am meisten beliebt machen könne, antwortete er: Wenn er der Stärkste sei, ohne gefürchtet zu werden.

      9. Als der siebente gefragt wurde, wie einer aus einem Menschen ein Gott werden könne, antwortete er: Wenn er etwas tue, was zu tun für einen Menschen ummöglich sei.

      10. Als der achte gefragt wurde, was stärker sei, das Leben oder der Tod, sagte er: Das Leben, das so viele Leiden ertragen könne.

      11. Als der neunte gefragt wurde, wie lange es für einen Menschen wünschenswert sei, am Leben zu bleiben, antwortete er: Solange er nicht glaube, daß Totsein besser sei als Leben.

      12. Da aber Alexandros auch dem zehnten etwas zu sagen befahl (er war nämlich der Richter), sagte er, es habe immer einer schlechter geantwortet als der andere. Da nun Alexandros sagte: „Mußt du demnach nicht auch zuerst sterben, da du ein solches Urteil fällst?“, entgegnete er: „Und wie würdest du dann dein Wort, König, halten, da du sagtest, daß du zuerst den töten würdest, der am schlechtesten geantwortet habe?“3969

      V. Kapitel

      39.

      1. Nun ist, wie ich glaube, durch gar viele Zeugnisse hinreichend bewiesen, daß die Griechen als Diebe aller möglichen Schriften überführt sind; daß aber die bedeutendsten Griechen Gott nicht in vollem Maße erkennen, sondern nur in ungefähren Umrissen, das sagt Petrus in seiner Predigt.3970

      2. „Erkennt also, daß es nur einen Gott gibt, der den Anfang von allem gemacht hat und die Gewalt über das Ende hat.“3971

      3. Und: „Der Unsichtbare, der alles sieht, der Unfaßbare, der alles umfaßt, der Bedürfnislose, dessen alles bedarf und um dessentwillen es da ist, der Unbegreifliche, Immerwährende, Unvergängliche, Ungeschaffene, der das All mit dem Worte seiner Macht schuf“,3972 das heißt seines Sohnes.

      4. Dann fährt er fort: „Diesen Gott verehrt nicht nach der Weise der Griechen!“ Damit will er offenbar sagen, daß auch die Hervorragenden unter den Griechen den nämlichen Gott wie wir verehren, aber nicht mit voller Erkenntnis, da sie die Überlieferung durch den Sohn nicht kennengelernt haben.

      5. Daher sagt er: „Verehrt nicht“ und fuhr nicht fort: „den Gott, den die Griechen verehren“, sondern sagte: „Verehrt nicht Gott