Matthias Kluger

Drug trail - Spur der Drogen


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den Flur, bis er an eines der Großraumbüros kam, in dem der Duft von Hot Dogs und kalter Pizza lag.

      „Luke“, schrie er über die Köpfe der anderen Polizeibeamten hinweg und deutete nickend einem der Beamten im hinteren Flügel des Raums an, zu ihm zu kommen.

      „Chief, was gibt’s?“, fragte Luke, dem der grimmige Ausdruck im Gesicht seines Chefs nicht entgangen war.

      „Du warst doch gestern dabei, als ihr diesen Rodrigo Ramirez aus dem George Washington geholt habt, oder?“

      „Klar. Was ist mit ihm?“

      „Keine Ahnung. Wo ist der Bericht?“

      Luke schien derartig überrumpelt, dass er anfänglich nur stammelnd antworten konnte: „Chief, der Bericht, also, der Bericht …“

      „Kein Bericht? Verdammt, Luke, du weißt doch …“

      „Chief, es war nach 23:00 Uhr, als wir im Krankenhaus ankamen. ’ne Stunde später hatte ich Feierabend. Bin eh erst um 2:00 Uhr nach Hause gekommen. Da war keine Zeit für nen Scheißbericht.“

      „Schon gut, entspann dich“, beruhigte der Sheriff. „Wieso wurdet ihr gerufen?“

      „Einer der Ärzte … also, dieser Ramirez hatte seine Freundin ins George Washington gebracht, da war sie aber bereits verstorben. Der Arzt äußerte den Verdacht des Drogenmissbrauchs. Sicherheitshalber hat er dann uns informiert.“

      „Drogen, so, so“, sinnierte der Sheriff. „Sonst irgendwas, was die Jungs vom Secret Service auf den Plan rufen könnte?“

      „Secret Service?“, wiederholte Luke erstaunt, um gleich darauf verneinend den Kopf zu schütteln.

      „Zwei dieser Halbaffen warten in meinem Büro und wollen Ramirez mitnehmen. Und so wie es scheint, mit Befehl von ganz oben.“

      Lukes Mundwinkel verzogen sich nach unten, während er unwissend mit den Schultern zuckte.

      „Gut, schaff mir diese geleckten Secret-Typen vom Hals und übergib ihnen Ramirez. Lass dir ’ne Quittung geben, nicht, dass die uns noch ans Bein pissen, sollte der Mexikaner verschollen gehen.“

      Ihr wisst, was das bedeutet

      „Was wissen wir über diesen – wie heißt er noch mal?“ William hatte kurz zuvor Julia Hobbs gebeten, in einem der schweren Ledersessel vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.

      „Rodrigo Ramirez“, antwortete Julia. „Nicht sehr viel. Mexican American, braucht also keine Aufenthaltsgenehmigung. Ebenso seine verstorbene Freundin, eine gewisse Catalina Flores.“

      „Und was macht diesen Ramirez so interessant?“, fragte Robert, der ebenfalls anwesend war, dem sich allerdings noch nicht alle Zusammenhänge erschlossen.

      „Rodrigo Ramirez ist Angestellter im Four Seasons, was allein genommen noch nicht problematisch ist“, erklärte Julia. „Doch die Tatsache, dass dessen Freundin am gleichen Tag wie Logan Winston verstarb, darüber hinaus die gleichen Symptome aufwies, macht die Sache so brisant.“

      „Du meinst, sie ist auch an einer Überdosis gestorben?“

      „Nicht ganz, Robert“, erklärte die Direktorin der CIA. „Wir wissen mittlerweile, dass es keine Überdosis war, der Winston und die Freundin dieses Ramirez zum Opfer gefallen sind. Genau genommen schnupften vermutlich beide schlichtweg Kokain. Doch dieses war gestreckt mit einem Mittel, das einen tödlichen Anstieg des im Körper befindlichen Adrenalins bewirkt. Epinephrin wird in sehr kleinen Dosen in der Medizin verwendet – in unserem Fall führt die erhöhte Beimengung zu Blutdruckanstieg, exzessiven zerebralen Blutungen bis hin zu Kammerflimmern und Herzstillstand.“

      Robert und William sahen sich an. Beiden war bewusst, dass nun der Fall eingetreten war, den William im Oval Office als Worst-Case-Szenario an die Wand gemalt hatte.

      „Jetzt haben wir die undichte Stelle, Julia“, stellte er daher fest.

      „Nicht ganz“, meinte diese prompt. „Nur dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Freundin dieses Ramirez und Logan Winston hergestellt wird.“

      „Und das versuchst du zu verhindern“, resümierte William ohne jegliche Betonung in seiner Stimme.

      „So ist es. Ramirez befindet sich in der Obhut des Secret Service. Noch weiß er nicht, warum und in welchem Zusammenhang. Wir müssen ganz sicher sein, woher er das Koks hat und dass er die Puzzleteile nicht zu einem Ganzen zusammenfügt.“

      „Das bedeutet?“, fragte Robert.

      „Ihr wisst, was das bedeutet!“, flüsterte Julia. „Es geht hier um nationale Interessen.“

      Jetzt hast du mich neugierig gemacht

      Robert lag bereits im Bett, als sein Handy summte. Verschlafen tastete er mit seiner rechten Hand auf dem Nachttisch, bis er das Mobiltelefon zu fassen bekam. Das hell erleuchtete Display blendete seine zusammengekniffenen Augen. „Big Brother“, las er verschwommen – dann drückte er den grünen Hörer und raunzte mit leiser, brüchiger Stimme: „Phil, was hast du vor? Willst du mich mit Schlafentzug quälen?“

      „Klar“, erwiderte Philipp und Robert konnte das Schmunzeln seines Bruders durch die Leitung hören. „Wenn du dich nicht meldest, liegt es an mir, dich anzurufen. Was geht ab?“

      „Was willst du zu nachtschlafender Zeit wissen?“, fragte Robert, der nun endgültig wach geworden war.

      „Nichts Bestimmtes. Wie geht’s euch, dir und Dad, meine ich?“

      „Du weckst mich mitten in der Nacht, um zu erfahren, wie es uns geht? Au Mann, Phil. Gut so weit. Wir haben zu tun, Dad und ich, rund um den Tod des Vizepräsidenten.“

      „Warum das?“, fragte Phil. „Schreibt doch den Posten einfach aus, stellt einen Vize ein und weiter geht der Trott.“

      „Wenn es so einfach wäre“, entgegnete Robert. „Da spielen viele Faktoren mit rein, verstehst du?“

      „Kein bisschen! Was für Faktoren?“

      „Hinter, na ja, hinter den Kulissen. Manches ist nicht so, wie man es aus der Presse erfährt.“

      „Höre ich da brisantes Material knistern? Winston war ein Doppelagent und wurde von 007 aus dem Verkehr gezogen?“

      „So in etwa“, lachte Robert auf.

      „Mal im Ernst, jetzt hast du mich neugierig gemacht“, flüsterte Philipp.

      „Ich kann dir nichts sagen, Phil, topsecret.“

      Philipp pfiff durch die Zähne. „Topsecret also?“

      „So ist es“, antwortete Robert.

      „Jetzt lass dich nicht so feiern. Ich bin’s, dein Bruder. Meine Lippen sind versiegelt.“

      „Im Ernst, ich darf nicht darüber reden. Nur so viel: Manches deutet darauf hin, dass Drogen im Spiel waren, und wir vermuten, dass noch etliches auf uns zukommen wird.“

      „Winston hat sich nen goldenen Schuss gesetzt und Amerika wird von Drogen überflutet?“, fragte Philipp.

      „Lass uns jetzt Schluss machen, Phil, ich muss in ein paar Stunden raus und mir fallen die Augen zu. Ich melde mich, ja?“

      „Schon gut, penn weiter“, gab Philipp nach.

      Dann legten sie auf.

      Dagobert Duck

      Innerhalb der Syndikate hatte sich die Neuigkeit wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Vicente war exekutiert worden, und niemand wagte es, Enrico als rechtmäßigen Nachfolger Vicentes infrage zu stellen.

      Gerade einmal sechs Tage war es her, dass Enrico eigenhändig das Blut vermengt mit Gehirnmasse und Knochensplittern Vicentes vom Betonboden des Lagerhauses geschrubbt hatte. Das, was von Vicente übrig